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Die Stellung der Hauptglieder



Funktionen der Wortfolge

Die Wortfolge im Deutschen erfüllt mehrere Funktionen:

1) die strukturbildende oder grammatische Funktion
bei der Gestaltung der Satzarten und Wortgruppen. Ausschlaggebend
bei der Gestaltung der Satzarten ist die Stellung der Hauptglieder: sie
gehört zu den Merkmalen der Satzmodelle. Deshalb ist die Stellung der
Hauptglieder streng geregelt und fest.

Bei der Gestaltung der Wortgruppen herrscht eine größere Freiheit in den Modellen der verbalen und adverbialen Wortgruppen; die Wort­folge in den substantivischen Wortgruppen, wo ein Substantiv das andere bestimmt, lässt dagegen wenig Möglichkeiten der Variation zu.

2) die kommunikative Funktion bei der Angabe der Thema-
Rhema-Gliederung. In einer Aussage unterscheidet man einerseits jenen
Teil der Information, der den Gesprächspartnern schon bekannt ist (das
Thema
), anderseits den Teil der Information, der als etwas Neues, Un­
bekanntes erstmalig eingeführt werden soll (das Rhema). Außer dem Arti­
kel dienen zur Unterscheidung von Thema und Rhema die Wort­
folge und die Intonation. Normalerweise folgt das Rhema dem Thema,
das Wichtigste spart man bis zum Schluss auf, weil man dadurch eine
größere Spannung erreicht. Im Rahmen eines Satzes ist es schwer, Thema
und Rhema auseinander zu halten, man braucht dafür einen Textauszug, z.B.:

 

Olewurdesiebenundzwanzig Jahre alt. Erlebte sommersim Schäferkarren und winters in der heizbaren Stallstube eines Kleinbauern. Erbesaßein Bett, einen Schrank und einen Tisch.

In allen drei Sätzen geben die Subjekte Ole, er, er den Thema-Teil der Information an, unter den Rhema-Teilen können das Rhema 1. Grades ( 2-mal unterstrichen) und das Thema 2. Grades (fette Strichlinie) ausgegliedert werden. Das Rhema 1. Grades hat einen höheren Informationswert als das Rhema 2. Grades. Das letztere dient eher als Bindemittel zwischen dem Thema und dem Rhema 1. Grades.

Man kann einen Satz als Spannungsfeld betrachten, das sich in drei Teile gliedert: Vorfeld, Mitte, Nachfeld (nach E. Drach)

     In der Mitte befindet sich das finite Verb. Gewöhnlich löst jeder Satz eine gewisse Spannung beim Hörer aus. Der Hörer wartet gespannt auf die Fortsetzung der Rede, eine relative Entspannung tritt beim Schluss des Satzes ein. Besteht die Rede aus mehreren Sätzen, so bringt erst der letzte Satz die endgültige Entspannung. Im Vorfeld befindet sich gewöhnlich das Thema, die Mitte und das Nachfeld werden vom Rhema besetzt.

In der emotionalen Rede kann eine Aussage mit dem Rhema beginnen: Sofort verschwinden muss ich jetzt, sonst verpasse ich meinen Zug.

     3) Die stilistische Funktion der Wortfolge ist mit der kommu­nikativen Funktion eng verbunden. Bei der stilistischen Leistung dient die Wortfolge 1) zur expressiven Hervorhebung einzelner Satzteile sowie 2) zur Auslösung gewisser Stileffekte. Stilistisch bedingt ist die Variation des vollen und des verkürzten Rahmens, der geraden und inver­tierten Wortfolge, die Wahl der Stellung für frei bewegbare Satzglieder (Objekte, Adverbialien, Prädikatsattribute) u. a. m. In jedem Funktio­nalstil gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Wortfolge. Was in einem Funktionalstil unzulässig erscheint, findet sich als Norm in einem anderen Funktionalstil.

So gilt z. B. die Anfangsstellung des finiten Verbs in einem Aussagesatz als Fehler in allen Stilarten außer dem Stil der Alltagsrede und in der Folklore: Hat mir der Vater gesagt... Sah ein Knab' ein Röslein stehen. (J. W. Goethe) Reklame und Bekanntmachungen zeichnen sich durch besondere Wort­folge aus. Typisch für Reklame sind nachgestellte adjektivische Attri­bute.

In der Poesie sind sogar solche auffallenden Verletzungen der allgemein­gültigen Norm belegt, wie die Endstellung des finiten Verbs in einem ein­fachen Aussagesatz:

Und hinein mit bedächtigem Schritt ein Löwe tritt. (F. Schiller)

 Nur in der Kunstprosa darf das finite Verb in einem Aussagesatz von seiner zweiten Stelle verrückt werden. Ausnahmsweise erlaubt es sich z. B. Lion Feuchtwanger, indem er zwischen das Subjekt und das finite Verb Adverbialien setzt:

Louis, nach einem kleinen Schweigen, sich aufhellend, vertraulich, sagte...

(L. Feuchtwanger. Die Füchse im Weinberg)

Für einen Augenblick, mit schärfster Helle, erkannte er das ganze Risiko

seines amerikanischen Geschäftes. (ebd.)














Die erste Stelle im Satz

Die erste Stelle im Satz ist von besonderer Bedeutung, weil der Satzanfang gewöhnlich die Gestaltung der gesamten Aussage bestimmt. In der Regel enthält das erste Satzglied das Thema der Aussage das, worüber der Sprechende etwas mitteilen, wonach er fragen, was er verordnen oder worum er bitten will. Der Satzanfang ist Ausgangspol einer Äußerung. Deshalb stehen in einem Fragesatz an der ersten Stelle das Fragewort (Wortfrage) oder das Prädikat (Satzfrage), in einem Befehlssatz das Prä­dikat, das die Willensäußerung des Sprechenden zum Ausdruck bringt.

Wer ist da? Komm herein und wärme dich!

Ein Aussagesatz beginnt meist mit dem Subjekt, das den Ausgangspunkt der Aussage angibt:

Die Erde reist durch den Weltenraum. Der Mensch sendet eiserne Tauben aus und harrt ungeduldig ihrer Heimkehr. Er wartet auf ein Ölblatt von Brüdern auf anderen Sternen. (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

Der Aussagesatz kann mit einem Adverbiale der Zeit oder des Ortes be­ginnen; bevor man von einem Geschehen berichtet, setzt man dessen räumliche und zeitliche Koordinaten fest:

An diesem Abend sind Serno und seine dürre Frau ausgegangen. (ebd.) In Hermanns Kammer gibt es keinen Stuhl. (ebd.)

Auch ein Modalwort kann satzeröffnend sein: Wahrscheinlich (vielleicht, sicher) regnet es bald.

Diese Varianten der Wortfolge wirken neutral, ruhig. Gefühlsbetont ist der Aussagesatz, wenn er mit anderen Satzgliedern beginnt: mit einem Adverbiale der Art und Weise, des Grundes, des Vergleichs u. a., mit einem Objekt, mit einem infiniten Verb oder mit einem Prädikativ. Eine starke Betonung begleitet diesen ungewöhnlichen Anfang:

Enttäuscht wirft er sich in das Uferschilf. (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

An seinem Eigensinn ist er zugrunde gegangen. (ebd.)

Anngret, unerbittlich und hart! Angezeiget wird er! (ebd.)

Ausdrucksvoll ist der ungewöhnliche Satzbeginn mit der Verneinungs­partikel nicht, die laut Regel dem finiten Verb folgen soll:

Nicht wünschen wir euch die Stille, die es macht, wenn zwei, die mitein­ander reden müßten, verstummten — aus Gram, aus Scham, aus Träg­heit, aus Feigheit, aus Dummheit. (H. Kant, Kommen und Gehen)

Im Text kommt der ersten Stelle noch eine Aufgabe zu: sie dient zur Satzverflechtung, sie verknüpft einen Satz mit dem voran­gehenden durch eine Konjunktion, ein Adverb, oder ein Pronomen:

Katrin fasste seinen Arm. Er blickte in ihr gutes, breites Bauerngesicht... Auch er drückte ihren Arm. (E. Claudius, Menschen an unserer Seite)

4. Die satzeröffnende Partikel „es“

Die erste Stelle kann durch die satzeröffnende Partikel „es“ besetzt werden. Man nennt sie auch Platzhalter, Füllstück oder „präludierendes es". Die Partikel es füllt die erste Stelle aus, um dem finiten Verb seine gesetzmäßige Zweitstellung im Aussagesatz zu sichern und zugleich invertierte Wortfolge hervorzurufen. Die Partikel es ist kein Satzglied, doch erfüllt sie eine wichtige strukturbildende Funktion. Ohne sie würde sich der Kernsatz in einen Stirnsatz verwandeln. Will man alle Satzglieder ins Nachfeld rücken, so greift man zur Partikel es. Ein solcher Satz zerfällt nicht in zwei kommunikative Teile — Thema und Rhema—, sondern besteht nur aus dem Rhemateil. Besonders her­vorgehoben wird dabei das satzabschließende Subjekt.

Die Partikel es erscheint als Auftakt in den Märchen; der Anfang Es lebte einmal ein alter Bauer ist ebenso formelhaft wie im Russischen. Der Verwendungsbereich der Partikel es beschränkt sich aber durchaus nicht auf den Stil der Märchen. In der Poesie und Prosa findet sie sich recht oft:

Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. (F. Schiller)

Es murmeln die Wogen ihr ewiges Gemurmel,

Es weht der Wind, es fliehen die Wolken,

Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt. (H. Heine)

Es entstand eine Pause, darauf sagte Emmi. (H. Mann. Der Untertan)

Wenn das Subjekt, durch eine Infinitivgruppe oder einen Gliedsatz ausge­drückt, nach dem Prädikat steht, so ist die Partikel es obligatorisch. Sie erfüllt dabei zwei Funktionen: sie besetzt die erste Stelle und weist als Korrelat auf das nachfolgende Subjekt hin:

Es ist verboten, hier zu rauchen. Es freut mich, Sie zu sehen. Es ereignete sich, daß ...

5. Die Stellung des zweiten Teils des Prädikats und die verbale Klammer

Der zweite unkonjugierbare Teil des Prädikats steht in einem selbstän­digen Satz und in einem Hauptsatz von dem finiten Verb entfernt:

1) in der Endstellung;

2)  in der vorletzten Stellung;

3)  selten in der Erststellung;

Bei der E n d s t e 1 1 u n g des unkonjugierbaren Teils des Prädikats entsteht die volle verbale Klammer (der volle verbale Rahmen). Im Stirn­satz umfasst die Klammer alle andern Satzglieder: Sie machte alle Fenster in diesem Zimmer zu.

 Im Kernsatz bleibt außerhalb des Rahmens nur das Satzglied, das die erste Stelle innehat. Alle andern Satzgliedern werden eingeklammert

Behutsam macht er alle fenster im Zimmer zu.

Er macht behutsam alle Fenster im Zimmer zu.

Infolge der „Entzweiung" des Prädikats können folgende Teile in der Endstellung erscheinen:

a) die trennbare Vorsilbe oder die erste Komponente eines zusammengesetzten Verbs:

Anfang Oktober fuhr ein gewisser Franz Marnet von dem Gehöft seiner Verwandten, das zu der Gemeinde Schmiedtheim im vorderen Taunus ge­hörte, ein paar Minuten früher als gewöhnlich auf seinem Fahrrad ab. (A. Seghers, Das siebte Kreuz)

b) der unkonjugierbare Teil einer analytischen
Form:

Im Zusammenhang mit der Verwendung des von K. Marx und F. Engels geprägten Terminus Ausbeutung hat die feste sprachliche Wendung „Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" große Verbreitung gefun­den und ist fester Bestandteil des politischen Sprachgebrauchs geworden. („Sprachpflege", 1976/4)

c)  der zweie Teil des zusammengesetzten ver­balen Prädikats:

Wir wollen jetzt das bisher Gesagte kurz zusammenfassen.

d) das Prädikativ:

Das Wort Kybernetik ist eine von N. Wiener geprägte neogriechische Wortbildung.

Wenn das Prädikat durch eine feste Wortverbindung ausgedrückt ist, so kann der unkonjugierbare Teil am Satzende stehen und eine Klammer bilden, muss es aber nicht, vgl.:

Die Kinder laufen Schlittschuh auf dem vereisten Fluss. Die Kinder laufen auf dem vereisten Fluss Schlittschuh. Er hatte keine Angst vor der Gefahr. Er hatte vor der Gefahr keine Angst. Machen Sie Platz für die Kranke! \ Machen Sie für die Kranke Platz!

6. Die verkürzte Klammer (die Ausklammerung, die Ausrahmung)

Neben der vollen Klammer besteht die verkürzte Klammer, die besonders beliebt im Stil der Alltagsrede, doch auch in allen andern Stilarten an­zutreffen ist. Der zweite Teil des Prädikats wird an die vorletzte Stelle gesetzt, so dass ein Satzglied oder mehrere Satzglieder ausgeklammert werden. Mit der Ausklammerung bezweckt man eine leichtere und über­schaubare Gliederung des Satzes, sowie die Hervorhebung der ausgeklam­merten Satzteile. Zur Ausklammerung neigen mehrwortige Satzglieder, die den Satzrahmen schwerfällig machen könnten. Es gibt obligatorische, übliche und fakultative Fälle der Ausklammerung.

a) obligatorische Ausklammerung

Ausgeklammert wird die Infinitivgruppe, die ein Objekt oder Adverbiale enthält:

Wir waren genötigt (gezwungen, aufgefordert), hier Rast zu machen. Er ist imstande, die deutsche Literatur im Original zu lesen.

b) übliche Ausklammerung

Die Verben aufhören und anfangen bilden niemals einen größeren Rahmen. Wenn die Vorsilben auf und an zu weit vom finiten Verb stehen, wird der Sinn des Satzes nicht zu fassen sein:

Hör auf, hin und her zu gehen! Nicht: *Hör hin und her zu gehen auf! Fang an, dein Gedicht vorzutragen! Nicht: *Fang dein Gedicht vorzu­tragen an.

Üblicherweise werden ausgeklammert:

1) Infinitivgruppen mit um — zu, ohne — zu, statt — zu:

Ist er auf einem Zauberteppich ins „blühende Feld" geflogen, um Meinungsverschiedenheiten auszulösen?   (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

2) Substantive, die durch einen Attributsatz bestimmt werden:

Unrat blieb stehen mit gesenktem Kopf, über den eine rote Wolke zog. (H. Mann, Professor Unrat) Er sah sie unverwandt an mit seinem kalten Auge, das jetzt böse zu leuchten schien. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein)

Diese Fälle sind so üblich geworden, dass sie stilistisch nicht mehr wirk­sam sind.

c) fakultative Ausklammerung verleiht den außerhalb des Rahmens stehenden Gliedern eine größere Ausdruckskraft, ein größeres semantisches Gewicht. Dies sind:

a)  ausgeklammerte Adverbialien und Prädikatsattribute, durch Parti-
zipial- oder Infinitivgruppen, absoluten Akkusativ oder Präpositio-
nalgruppen ausgedrückt:

Er blieb liegen, Arme und Beine über das Pflaster gestreckt. (H. Mann. Der Untertan)

Er nimmt seine Haltung wieder auf, jetzt mit dem Rücken zur Straße, mit dem Gesicht zur Ebene. (A. Seghers, Das siebte Kreuz) Der Emil Borkhausen ist fast aus der Haut geplatzt vor so viel Unverstand. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein) Sauer war in dem städtischen Straßenbaubüro untergekommen nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit. (A. Seghers, Das siebte Kreuz)

b) ausgeklammerte Adverbialien des Vergleichs:

Die Zellentür war so zu wie eine Nuss. (W. Borchert. Die Hundeblume) Sie - die Kugel - sahen aus wie kleine Männer. (W. Borchert, Lesebuch­geschichten)

c)  ausgeklammerte freie Appositionen:

Er wird ihn zerschmettern, diesen Feind im Dunkeln. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein) Das war nachher zu Ernst geworden, sogar zu bitterem Ernst. (A. Se­ghers. Das siebte Kreuz)

 

d) ausgeklammerte Präpositionalobjekte im Passivsatz:

Er ward angestoßen von Herren in englischen Anzügen. (H. Mann, Professor Unrat)

Die Klammer wird ganz aufgehoben, wenn der unkonjugierbare Teil des Prädikats an der Spitze des Satzes erscheint:

Gearbeitet wird nur an einigen Dampfern, die direkt am Kai vertaut sind. (W. Bredel. Die Prüfung)

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (J. W. Goethe)

Die Umstellung des prädikativen Substantivs kann den Sinn der Aussage entstellen, vgl.:

Mein Bruder ist Rechtsanwalt. Rechtsanwalt ist mein Bruder.

 

     7. Absonderung

Die Absonderung ist ein weiterer Begriff als die Ausklammerung; sie er­folgt auch in dem Falle, wenn die Satzklammer fehlt. Es gibt mannig­fache Arten der Absonderung verschiedener Satzteile, doch ist allen Arten eine Besonderheit eigen: die abgesonderten Satzteile werden strukturell und intonatorisch von dem übrigen Satz abgehoben. In der mündlichen Rede wird die Absonderung durch eine Pause, in der schriftlichen Rede durch Kommas, Klammern oder Gedankenstriche markiert.

Man unterscheidet obligatorische Absonderung und fakultative Abson­derung.




Obligatorische Absonderung

Immer abgesondert werden:

1) Anreden an einer beliebigen Stelle im Satz:
Karl, komm her! Komm her, Karl.

2) Interjektionen:

Ach was, werden Sie bloß nicht ungeduldig!

3) Modalwörter und Partikeln ja, nein, doch am Satzanfang:

Na ja, Sie verstehen mich schon. Nein, ich bin nicht einverstanden.

4) Infinitivgruppen mit um — zu, ohne — zu, statt — zu.

5) Partizipialgruppen als Adverbiale oder Prädikatsattribut:

Sie wischte, in der Küche stehend, die Hände an der Schürze ab.

6) freie Apposition: Max, mein Freund.

7) der absolute Akkusativ:

Er ging, die Mappe unter dem Arm.

Die obligatorische Absonderung bezweckt keinen stilistischen Effekt, sie ist durch die deutsche Satzstruktur bedingt. Aus dem Verzeichnis wird ersichtlich, dass sich diese Absonderung auf relativ selbständige Satzteile bezieht, einige davon besitzen satzwertige Kraft (Anrede, Interjektionen, Modalwörter), die andern stellen größere strukturell und semantisch ge­schlossene Wortgruppen dar.


Fakultative Absonderung

Bei der fakultativen Absonderung handelt es sich um Varianten der Aus­drucksweise, um Möglichkeiten der stilistischen Wahl. Will man einem Satzteil expressive Kraft und größeren Ausdruckswert ver­leihen, so wird er abgesondert. Einige Fälle der Absonderung sind mit der Umstellung der Satzglieder verbunden, bei den anderen ist die Verschie­bung nicht nötig, die Pause allein dient als Trennungssignal. Die Absonderung durch Umstellung und Pause beobachten wir vor allem bei der Ausklammerung aus dem verbalen oder nominalen Rahmen:

Vierzehn Stunden hat er gewartet, sehnsüchtig aber vergebens. (W. Bre­del, Die Prüfung) Eine kleine goldene Krone, ganz unscheinbar, aber bedeutungsvoll, saß in ihrem Haar und blinkte. (Th. Mann, Tristan) Andern Tages reiste Franklin ab, nach Paris. (L. Feuchtwanger, Die Füchse im Weinberg) Der Transport ging ab, ohne Paul. (ebd.)

Die Umstellung des Prädikatsnomens ist mit Absonderung verbunden:

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (J. W. Goethe)

 Die Absonderung kann ohne Umstellung allein durch die Pause bewirkt werden:

Louis blinzelte, ratlos. (L. Feuchtwanger, Die Füchse im Weinberg) Er erklärte es ihr, leise und kurz. (Th. Mann, Tristan)

 Besonders leicht werden gleichartige Prädikatsattribute abgesondert: Man muss ihn dabei sehenkorrekt, stramm, ritterlich. (Th. Mann, Novellen) Dann trennten sie ihre Köpfe, der Herzog trat zurück, steif und erhaben, wie zu Anfang. (H. Mann, Die Jugend des Königs Henri IV)

 

In einer Reihe von gleichartigen Prädikaten kann eins davon, gewöhn­lich das letzte, durch eine Pause abgesondert werden:

Er stand an der Sperre, reckte hin und wieder den Hals, um besser sehen zu können, undwartete. (E. Neutsch, Auf der Suche nach Gatt)

 Das letzte Verb ist für den Verlauf der im Buch dargestellten Gescheh­nisse von besonderem Wert.

Die Absonderung ist an einige Sonderarten der Satzgestaltung gebunden und zwar an Prolepse, Nachtrag und Parenthese.

 Die Prolepse (Neuansatz) besteht in der Wiederaufnahme eines in Anfangsstellung stehenden, abgesonderten Substantivs durch ein Pro­nomen oder ein Adverb. Normalerweise ist es das Subjekt des Satzes: Und der heutige Tag, was wird der bringen? (W. Bredel, Die Prüfung) Das offene Meer, nun lag es vor meinem Blick!

Das abgesonderte Substantiv am Satzanfang steht immer im Nominativ, der „N o m i n a t i v der Vorstellung" heißt; er braucht nicht unbedingt das Subjekt der nachfolgenden Aussage zu sein;

Die Großmutter, ich werde sie niemals vergessen.

Die Prolepse stammt aus der Volkssprache, sie ist auch eine häufige Er­scheinung in der Poesie. Sie verleiht der Rede Ungezwungenheit, emotio­nale Färbung und einen gewissen Rhythmus.

Als Gegenstück zur Prolepse gilt der sog. Nachtrag. Darunter versteht man die Absonderung eines Substantivs oder einer Wortgruppe in Endstellung, während ein Pronomen oder ein Adverb dem Substantiv vorangeht:

Oh, dass s i e ewig grünen bliebe, Die schöne Zeit der jungen Liebe. (F. Schiller)

Der Nachtrag im weitern Sinne des Wortes umfasst auch die freie Appo­sition, die von ihrem Bezugswort getrennt und am Satzschluss abgeson­dert wird:

Ja, weshalb um alles in der Welt hatte er von Mengers zu erzählen ange­fangen, von diesem hitzigen Besserwisser und Nörgler. (W. Bredel, Ver­wandte und Bekannte) Die Frau saß vor mir, ein Bild aus Stein. (F. Fühmann, Böhmen am Meer)

Bei dem Nachtrag kann die Kongruenz gestört werden: Wahrhaftig, er schaute den Papst beim Osterfeste, kein Mensch, eine silberne Kerze, strahlende Ewigkeit. (O. Jellinek, Die Mutter der Neun)

 Die Stilwirkung des Nachtrages ist dieselbe wie die der Prolepse.

 Unter Parenthese oder E i n s c h u b versteht man abgeson­derte Schaltsätze, Wortgruppen, Wörter, die mitten in den Satz einge­fügt werden, ohne formelle Verbindungselemente mit dem übrigen Teil des Satzes. Wie alle Absonderungen werden sie intonatorisch bzw. gra­phisch, abgegrenzt. Die Parenthese enthдält eine Wertung der Aus­sage durch den Autor oder eine andere handelnde Person:

Die stolze Amalie, es war unglaublich, glaubte auch das Unglaubhaf­teste. (D. Noll. Die Abenteuer des Werner Holt) Herr Maraus — ein erstaunlicher Anblick — war zum ersten Male... heftig geworden. (Th. Mann, Buddenbrooks) Kommentare des Erzählers werden parenthetisch eingeschoben:

Er saß mit einer gewissen Ungeniertheit (was dem General mißfiel) im Sessel, frei und selbstgefällig. (B. Kellermann, Der 9. November) Die Einschaltung kann eine zusätzliche Mitteilung enthalten oder die Art der Rede präzisieren:

Man werde, meinte er, dem Kongress Ungelegenheiten... bereiten. (L. Feuchtwanger. Die Füchse im Weinberg)

An die Parenthesen schließen sich die Fügungen mit parenthetischem Charakter an. Sie zeichnen sich durch das Fehlen der Kongruenz mit dem Bezugswort aus; ihre übliche Form ist der Nominativ bei Substantiven oder die Grundform bei Adjektiven oder Partizipien. Diese Fügungen ste­hen formell abgesondert im Satz da, obwohl die inhaltlichen Beziehun­gen zu anderen Satzgliedern leicht festzustellen sind.

Ranko , neunzehnjährig, hochgewachsen, blitzende Perlenzähne, braune, schelmische Augen, studiert in Belgrad. (B. Frei, Catarro heute) Ein großes Automobil, lackglänzend, schwarz, geräuschlosen Getriebes, ein funkelnder dunkler Sarg, spiegelblank und durchsichtig die Fen­ster, war vor das Pantheon vorgefahren. (W. Koeppen, Tod in Rom) Fügungen solcher Art sind individuelles Stilmerkmal einiger Dichter, sie finden sich z. B. oft bei Borchert in Beschreibungen der Menschen und Gegenstände. Es sind lose Anreihungen von Wörtern, in ihrer Gesamt­heit ein Bild darstellend. Formelle Merkmale der Unterordnung fehlen meist:

Klein, verbittert, verarbeitet, zerfahren, fahrig, farblos, verängstigt, un­terdrückt: der Kellner... Und mein Onkel? Ach, mein Onkel! Breit, braun, brummig, basskehlig, laut, lachend, lebendig, reich, riesig, ruhig, sicher, satt, saftigmein Onkel! (W. Borchert. Schischyphusch oder der Kellner meines Onkels)

Bleich, gelb, mit wächsernen Ohren, die Schultern nach vorn gebogen, hustend, trüb die Augen, fiebernd — sie alle waren schon gezeichnet. (B. Kellermann, Der 9. November)

Im letzten Beispiel geht eine Reihe von abgesonderten Wörtern und Wort­gruppen dem Kernsatz voran, ohne eine bestimmte Stelle im Satz ein­zunehmen. Sie nähern sich inhaltlich einer selbständigen Aussage.

Um sie herum ein Gefluch und Geklingel. — Einmal wurden sie in zwei Rudel auseinandergerissen, motorisierte SS, Heinrich und Friedrich Messer aus Butzbach, Greiners Vettern, die auch zur Schicht fuhren. (A. Seghers, Das siebte Kreuz)

Die Absonderung in diesem Satz beginnt mit den Worten „motorisierte SS...", sie könnte leicht in einen selbständigen Satz verwandelt werden: „Das war motorisierte SS", doch würde diese Transformation dem ur­sprünglichen Satz seine Knappheit und seinen Informationsreichtum nehmen.

Zusammenfassend kann man folgende Stilwirkungen der fakultativen Absonderung in allen ihren Abarten feststellen:

1) sie verleiht der Rede ungezwungene, freie, umgangssprachliche Fär­bung. Sie ist eine der Ausdrucksformen der Auflockerung des deutschen Satzes (nach E. Riesel);

2) sie dient zur knappen, dichtgedrängten, informationsreichen Gestal­tung der Rede. Ein Satz mit abgesonderten Satzteilen ersetzt mehrere Sätze;

3) sie hilft den Mitteilungswert der abgesonderten Satzteile erhöhen.
Jede Absonderung besitzt ein größeres semantisches Gewicht als die nicht-
abgesonderten Satzteile;

4) bald wirkt sie als syntaktischer Archaismus, der eine gehobene oder volks­tümliche Untermalung mit sich bringt (Röslein rot), bald zerreißt sie die üblichen syntaktischen Beziehungen, wodurch die Rede zerhackt, abgebrochen, uneben und nervös-gespannt klingt (vgl. Beispielsätze aus Koeppen, Borchert, Kellermann).

5)sie zerlegt den Satz in kleinere Syntagmen, macht ihn überschaubar,
дndert den Satzrhythmus.

8. Isolierung oder satzmäßige Absonderung

Die abgesonderten Satzglieder können die Form eines selbständigen Sat­zes annehmen. Der Sinn dieses Satzes wird aber erst aus dem Zusammen­hang mit dem vorangehenden Satz klar, dessen Bestandteil oder dessen Fortsetzung er eigentlich ist. Eine Absonderung, die den Grad eines selb­ständigen Satzes erreicht, nennen wir Isolierung oder satzmäßige Absonderung. Oft gebraucht man dafür auch den Terminus Parzellierung (vom Wort die Parzelle = der klein­ste Teil eines Grundstücks), die entsprechenden Sätze nennt man parzellierte Sätze. Als parzellierte Sätze erscheinen: Adverbialien: Heute nacht hat man eingebrochen. In der Fabrik. (W. Borchert. Preu­ßens Gloria); Ich habe mein Ziel erreicht. Nach einem knappen Jahr. (E. Neutsch. Auf der Suche nach Gatt) Objekte: Aber ich mußte kämpfen. Auch um sie. (ebd.) Prädikate: Er richtete sich hoch, sprang auf, lief hin und her. Lach­te. Spielte mit. (L. Feuchtwanger. Die Füchse im Weinberg)

 

План-конспект

відкритого лекційного заняття

з курсу теоретичної граматики




Funktionen der Wortfolge

Die Wortfolge im Deutschen erfüllt mehrere Funktionen:

1) die strukturbildende oder grammatische Funktion
bei der Gestaltung der Satzarten und Wortgruppen. Ausschlaggebend
bei der Gestaltung der Satzarten ist die Stellung der Hauptglieder: sie
gehört zu den Merkmalen der Satzmodelle. Deshalb ist die Stellung der
Hauptglieder streng geregelt und fest.

Bei der Gestaltung der Wortgruppen herrscht eine größere Freiheit in den Modellen der verbalen und adverbialen Wortgruppen; die Wort­folge in den substantivischen Wortgruppen, wo ein Substantiv das andere bestimmt, lässt dagegen wenig Möglichkeiten der Variation zu.

2) die kommunikative Funktion bei der Angabe der Thema-
Rhema-Gliederung. In einer Aussage unterscheidet man einerseits jenen
Teil der Information, der den Gesprächspartnern schon bekannt ist (das
Thema
), anderseits den Teil der Information, der als etwas Neues, Un­
bekanntes erstmalig eingeführt werden soll (das Rhema). Außer dem Arti­
kel dienen zur Unterscheidung von Thema und Rhema die Wort­
folge und die Intonation. Normalerweise folgt das Rhema dem Thema,
das Wichtigste spart man bis zum Schluss auf, weil man dadurch eine
größere Spannung erreicht. Im Rahmen eines Satzes ist es schwer, Thema
und Rhema auseinander zu halten, man braucht dafür einen Textauszug, z.B.:

 

Olewurdesiebenundzwanzig Jahre alt. Erlebte sommersim Schäferkarren und winters in der heizbaren Stallstube eines Kleinbauern. Erbesaßein Bett, einen Schrank und einen Tisch.

In allen drei Sätzen geben die Subjekte Ole, er, er den Thema-Teil der Information an, unter den Rhema-Teilen können das Rhema 1. Grades ( 2-mal unterstrichen) und das Thema 2. Grades (fette Strichlinie) ausgegliedert werden. Das Rhema 1. Grades hat einen höheren Informationswert als das Rhema 2. Grades. Das letztere dient eher als Bindemittel zwischen dem Thema und dem Rhema 1. Grades.

Man kann einen Satz als Spannungsfeld betrachten, das sich in drei Teile gliedert: Vorfeld, Mitte, Nachfeld (nach E. Drach)

     In der Mitte befindet sich das finite Verb. Gewöhnlich löst jeder Satz eine gewisse Spannung beim Hörer aus. Der Hörer wartet gespannt auf die Fortsetzung der Rede, eine relative Entspannung tritt beim Schluss des Satzes ein. Besteht die Rede aus mehreren Sätzen, so bringt erst der letzte Satz die endgültige Entspannung. Im Vorfeld befindet sich gewöhnlich das Thema, die Mitte und das Nachfeld werden vom Rhema besetzt.

In der emotionalen Rede kann eine Aussage mit dem Rhema beginnen: Sofort verschwinden muss ich jetzt, sonst verpasse ich meinen Zug.

     3) Die stilistische Funktion der Wortfolge ist mit der kommu­nikativen Funktion eng verbunden. Bei der stilistischen Leistung dient die Wortfolge 1) zur expressiven Hervorhebung einzelner Satzteile sowie 2) zur Auslösung gewisser Stileffekte. Stilistisch bedingt ist die Variation des vollen und des verkürzten Rahmens, der geraden und inver­tierten Wortfolge, die Wahl der Stellung für frei bewegbare Satzglieder (Objekte, Adverbialien, Prädikatsattribute) u. a. m. In jedem Funktio­nalstil gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Wortfolge. Was in einem Funktionalstil unzulässig erscheint, findet sich als Norm in einem anderen Funktionalstil.

So gilt z. B. die Anfangsstellung des finiten Verbs in einem Aussagesatz als Fehler in allen Stilarten außer dem Stil der Alltagsrede und in der Folklore: Hat mir der Vater gesagt... Sah ein Knab' ein Röslein stehen. (J. W. Goethe) Reklame und Bekanntmachungen zeichnen sich durch besondere Wort­folge aus. Typisch für Reklame sind nachgestellte adjektivische Attri­bute.

In der Poesie sind sogar solche auffallenden Verletzungen der allgemein­gültigen Norm belegt, wie die Endstellung des finiten Verbs in einem ein­fachen Aussagesatz:

Und hinein mit bedächtigem Schritt ein Löwe tritt. (F. Schiller)

 Nur in der Kunstprosa darf das finite Verb in einem Aussagesatz von seiner zweiten Stelle verrückt werden. Ausnahmsweise erlaubt es sich z. B. Lion Feuchtwanger, indem er zwischen das Subjekt und das finite Verb Adverbialien setzt:

Louis, nach einem kleinen Schweigen, sich aufhellend, vertraulich, sagte...

(L. Feuchtwanger. Die Füchse im Weinberg)

Für einen Augenblick, mit schärfster Helle, erkannte er das ganze Risiko

seines amerikanischen Geschäftes. (ebd.)














Die Stellung der Hauptglieder

Bei der Stellung der Hauptglieder sind folgende Gesetzmäßigkeiten zu beachten:

1) In einem selbständigen Satz kann das Prädikat in zwei Teile gespalten
sein, die voneinander getrennt stehen und einen Satzrahmen (eine Satz-
klammer)
bilden. In einem Gliedsatz stehen beide Prädikatsteile neben­
einander;

2) In einem selbständigen Satz stehen Subjekt und Prädikat nebeneinan­
der; im Gliedsatz dagegen, wo der verbale Rahmen fehlt, wird er durch
die Trennung von Subjekt und Prädikat ersetzt.

    3) Nach der Stellung des finiten Verbs unterscheidet man drei Satzformen: Kernform, Stirnform, Spannform.

Die K e r n f o r m zeichnet sich durch die Zweitstellung des finiten Verbs aus. Das Subjekt steht entweder vor oder nach dem Prädikat. Den ersten Fall nennt man gerade Wortfolge, den zweiten Fall invertierte Wortfolge (= Inversion): Der Zuf kommt heute um 8 an. Heute kommt der Zug um 8 an.

     Die Kernform findet sich in Aussagesätzen, in Wortfragen, in uneingeteiteten Gliedsätzen: Er behauptet, der Zug kommt um 8.

     Die S t i r n f o r m zeichnet sich durch die Spitzenstellung (Erststellung) des finiten Verbs aus. Das Subjekt folgt dem Prädikat. Die Stirnform findet sich in: Satzfragen, Befehlssätzen, Ausrufesätzen (Ist das Wetter aber herrlich!), einigen Arten der Gliedsätze (in uneingeleiteten Bedingungssätzen in der Vorderstellung: Kommt er später, soll er mich bitte anrufen; in uneingeleiteten Konzessivsätzen: Soll er auch später kommen, er soll doch mich anrufen.), in den Sätzen der Redeeinkleidung, die der di­rekten Rede folgen: Entschuldige! sagte er, in den Hauptsätzen, die einem Gliedsatz folgen: Als ich auf die Straße trat, war es schon dunkel.

     Die Spannform zeichnet sich durch die Endstellung des finiten Verbs aus. Sie gestaltet Gliedsätze und die sog. Pseudogliedsätze, die trotz ihrer Form als selbständige Ausrufesätze fungieren. Das Subjekt and das Prädikat sind voneinander getrennt.

Die Verwendung einer Satzform statt einer andern ist nur als funktional-stilistische Erscheinung zulässig. Außer den oben erwähnten Fällen gibt es noch einige.

In der Kunstprosa verwendet man als expressives Stilmittel die Stirn­form anstelle der Kernform bei der Wiederholung des Verbs im zweiten Satz:

Denn es regnete. Regnete ununterbrochen. (W. Borchert. Preußens Gloria).

Bei einigen Schriftstellern (z. B. L. Feuchtwanger, W. Borchert) wird es zum individuellen Stilmerkmal; die Stirnform in einer Folge von Aus­sagesätzen erscheint auch ohne Wiederholung desselben Verbs:

Und Schnee hing im Astwerk. Klebte an blauschwarzen Stämmen. (W. Borchert. Der viele, viele Schnee)

In Ausnahmefällen begegnet man der Anfangsstellung eines Verbs mit einer trennbaren Vorsilbe. Die Vorsilbe kann getrennt geschrieben und als Adverbiale aufgefaßt oder zusammengeschrieben werden:

Dahin fegte die Limousine. (B. Kellermann, Der 9. November)

Auf tut sich der weite Zwinger. (F. Schiller)

Auf steigt der Mond und wieder sinkt die Sonne. (W. Raabe)

Eine Verletzung der Subjektstellung liegt vor, wenn das Subjekt statt seiner gewöhnlichen 1. oder 3. Stelle ans Ende des Satzes nach der ganzen Prädikatsgruppe versetzt wird. Die Schlussstellung des Subjekts bezweckt seine scharfe Hervorhebung infolge der anwachsenden Spannung, die erst durch das Schlusswort abebbt. Diese Abweichung ist nur in der Kunst­prosa zulässig:

Auf dem Pferde dort unter dem Tor der siegreichen Einmärsche und mit Zügen steinern und blitzend ritt die Macht. (H. Mann, Der Untertan) Da fielen auf seine Hände Blumen. (H. Mann, Die kleine Stadt) vgl. mit der einfachen Inversion: Da fielen Blumen auf seine Hände. Selbst zart, selbst blaß, geduldig, immer lächelnd, immer etwas zerstreut mitten in diesem Wirbel von Köpfen und den Wolken von Kohldampf stand sie, seine Tochter, die Tochter des Generals. (B. Kellermann, Der 9. November)

Gegenüber, auf dem Dache gegenüber, wehte im frischen Wind lustig, wie die selbstverständlichste Sache der Welt, hoch oben — eine blutrote, blutrot leuchtende Flagge! (ebd.)






Die erste Stelle im Satz

Die erste Stelle im Satz ist von besonderer Bedeutung, weil der Satzanfang gewöhnlich die Gestaltung der gesamten Aussage bestimmt. In der Regel enthält das erste Satzglied das Thema der Aussage das, worüber der Sprechende etwas mitteilen, wonach er fragen, was er verordnen oder worum er bitten will. Der Satzanfang ist Ausgangspol einer Äußerung. Deshalb stehen in einem Fragesatz an der ersten Stelle das Fragewort (Wortfrage) oder das Prädikat (Satzfrage), in einem Befehlssatz das Prä­dikat, das die Willensäußerung des Sprechenden zum Ausdruck bringt.

Wer ist da? Komm herein und wärme dich!

Ein Aussagesatz beginnt meist mit dem Subjekt, das den Ausgangspunkt der Aussage angibt:

Die Erde reist durch den Weltenraum. Der Mensch sendet eiserne Tauben aus und harrt ungeduldig ihrer Heimkehr. Er wartet auf ein Ölblatt von Brüdern auf anderen Sternen. (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

Der Aussagesatz kann mit einem Adverbiale der Zeit oder des Ortes be­ginnen; bevor man von einem Geschehen berichtet, setzt man dessen räumliche und zeitliche Koordinaten fest:

An diesem Abend sind Serno und seine dürre Frau ausgegangen. (ebd.) In Hermanns Kammer gibt es keinen Stuhl. (ebd.)

Auch ein Modalwort kann satzeröffnend sein: Wahrscheinlich (vielleicht, sicher) regnet es bald.

Diese Varianten der Wortfolge wirken neutral, ruhig. Gefühlsbetont ist der Aussagesatz, wenn er mit anderen Satzgliedern beginnt: mit einem Adverbiale der Art und Weise, des Grundes, des Vergleichs u. a., mit einem Objekt, mit einem infiniten Verb oder mit einem Prädikativ. Eine starke Betonung begleitet diesen ungewöhnlichen Anfang:

Enttäuscht wirft er sich in das Uferschilf. (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

An seinem Eigensinn ist er zugrunde gegangen. (ebd.)

Anngret, unerbittlich und hart! Angezeiget wird er! (ebd.)

Ausdrucksvoll ist der ungewöhnliche Satzbeginn mit der Verneinungs­partikel nicht, die laut Regel dem finiten Verb folgen soll:

Nicht wünschen wir euch die Stille, die es macht, wenn zwei, die mitein­ander reden müßten, verstummten — aus Gram, aus Scham, aus Träg­heit, aus Feigheit, aus Dummheit. (H. Kant, Kommen und Gehen)

Im Text kommt der ersten Stelle noch eine Aufgabe zu: sie dient zur Satzverflechtung, sie verknüpft einen Satz mit dem voran­gehenden durch eine Konjunktion, ein Adverb, oder ein Pronomen:

Katrin fasste seinen Arm. Er blickte in ihr gutes, breites Bauerngesicht... Auch er drückte ihren Arm. (E. Claudius, Menschen an unserer Seite)

4. Die satzeröffnende Partikel „es“

Die erste Stelle kann durch die satzeröffnende Partikel „es“ besetzt werden. Man nennt sie auch Platzhalter, Füllstück oder „präludierendes es". Die Partikel es füllt die erste Stelle aus, um dem finiten Verb seine gesetzmäßige Zweitstellung im Aussagesatz zu sichern und zugleich invertierte Wortfolge hervorzurufen. Die Partikel es ist kein Satzglied, doch erfüllt sie eine wichtige strukturbildende Funktion. Ohne sie würde sich der Kernsatz in einen Stirnsatz verwandeln. Will man alle Satzglieder ins Nachfeld rücken, so greift man zur Partikel es. Ein solcher Satz zerfällt nicht in zwei kommunikative Teile — Thema und Rhema—, sondern besteht nur aus dem Rhemateil. Besonders her­vorgehoben wird dabei das satzabschließende Subjekt.

Die Partikel es erscheint als Auftakt in den Märchen; der Anfang Es lebte einmal ein alter Bauer ist ebenso formelhaft wie im Russischen. Der Verwendungsbereich der Partikel es beschränkt sich aber durchaus nicht auf den Stil der Märchen. In der Poesie und Prosa findet sie sich recht oft:

Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. (F. Schiller)

Es murmeln die Wogen ihr ewiges Gemurmel,

Es weht der Wind, es fliehen die Wolken,

Es blinken die Sterne, gleichgültig und kalt. (H. Heine)

Es entstand eine Pause, darauf sagte Emmi. (H. Mann. Der Untertan)

Wenn das Subjekt, durch eine Infinitivgruppe oder einen Gliedsatz ausge­drückt, nach dem Prädikat steht, so ist die Partikel es obligatorisch. Sie erfüllt dabei zwei Funktionen: sie besetzt die erste Stelle und weist als Korrelat auf das nachfolgende Subjekt hin:

Es ist verboten, hier zu rauchen. Es freut mich, Sie zu sehen. Es ereignete sich, daß ...

5. Die Stellung des zweiten Teils des Prädikats und die verbale Klammer

Der zweite unkonjugierbare Teil des Prädikats steht in einem selbstän­digen Satz und in einem Hauptsatz von dem finiten Verb entfernt:

1) in der Endstellung;

2)  in der vorletzten Stellung;

3)  selten in der Erststellung;

Bei der E n d s t e 1 1 u n g des unkonjugierbaren Teils des Prädikats entsteht die volle verbale Klammer (der volle verbale Rahmen). Im Stirn­satz umfasst die Klammer alle andern Satzglieder: Sie machte alle Fenster in diesem Zimmer zu.

 Im Kernsatz bleibt außerhalb des Rahmens nur das Satzglied, das die erste Stelle innehat. Alle andern Satzgliedern werden eingeklammert

Behutsam macht er alle fenster im Zimmer zu.

Er macht behutsam alle Fenster im Zimmer zu.

Infolge der „Entzweiung" des Prädikats können folgende Teile in der Endstellung erscheinen:

a) die trennbare Vorsilbe oder die erste Komponente eines zusammengesetzten Verbs:

Anfang Oktober fuhr ein gewisser Franz Marnet von dem Gehöft seiner Verwandten, das zu der Gemeinde Schmiedtheim im vorderen Taunus ge­hörte, ein paar Minuten früher als gewöhnlich auf seinem Fahrrad ab. (A. Seghers, Das siebte Kreuz)

b) der unkonjugierbare Teil einer analytischen
Form:

Im Zusammenhang mit der Verwendung des von K. Marx und F. Engels geprägten Terminus Ausbeutung hat die feste sprachliche Wendung „Ausbeutung des Menschen durch den Menschen" große Verbreitung gefun­den und ist fester Bestandteil des politischen Sprachgebrauchs geworden. („Sprachpflege", 1976/4)

c)  der zweie Teil des zusammengesetzten ver­balen Prädikats:

Wir wollen jetzt das bisher Gesagte kurz zusammenfassen.

d) das Prädikativ:

Das Wort Kybernetik ist eine von N. Wiener geprägte neogriechische Wortbildung.

Wenn das Prädikat durch eine feste Wortverbindung ausgedrückt ist, so kann der unkonjugierbare Teil am Satzende stehen und eine Klammer bilden, muss es aber nicht, vgl.:

Die Kinder laufen Schlittschuh auf dem vereisten Fluss. Die Kinder laufen auf dem vereisten Fluss Schlittschuh. Er hatte keine Angst vor der Gefahr. Er hatte vor der Gefahr keine Angst. Machen Sie Platz für die Kranke! \ Machen Sie für die Kranke Platz!

6. Die verkürzte Klammer (die Ausklammerung, die Ausrahmung)

Neben der vollen Klammer besteht die verkürzte Klammer, die besonders beliebt im Stil der Alltagsrede, doch auch in allen andern Stilarten an­zutreffen ist. Der zweite Teil des Prädikats wird an die vorletzte Stelle gesetzt, so dass ein Satzglied oder mehrere Satzglieder ausgeklammert werden. Mit der Ausklammerung bezweckt man eine leichtere und über­schaubare Gliederung des Satzes, sowie die Hervorhebung der ausgeklam­merten Satzteile. Zur Ausklammerung neigen mehrwortige Satzglieder, die den Satzrahmen schwerfällig machen könnten. Es gibt obligatorische, übliche und fakultative Fälle der Ausklammerung.

a) obligatorische Ausklammerung

Ausgeklammert wird die Infinitivgruppe, die ein Objekt oder Adverbiale enthält:

Wir waren genötigt (gezwungen, aufgefordert), hier Rast zu machen. Er ist imstande, die deutsche Literatur im Original zu lesen.

b) übliche Ausklammerung

Die Verben aufhören und anfangen bilden niemals einen größeren Rahmen. Wenn die Vorsilben auf und an zu weit vom finiten Verb stehen, wird der Sinn des Satzes nicht zu fassen sein:

Hör auf, hin und her zu gehen! Nicht: *Hör hin und her zu gehen auf! Fang an, dein Gedicht vorzutragen! Nicht: *Fang dein Gedicht vorzu­tragen an.

Üblicherweise werden ausgeklammert:

1) Infinitivgruppen mit um — zu, ohne — zu, statt — zu:

Ist er auf einem Zauberteppich ins „blühende Feld" geflogen, um Meinungsverschiedenheiten auszulösen?   (E. Strittmatter, Ole Bienkopp)

2) Substantive, die durch einen Attributsatz bestimmt werden:

Unrat blieb stehen mit gesenktem Kopf, über den eine rote Wolke zog. (H. Mann, Professor Unrat) Er sah sie unverwandt an mit seinem kalten Auge, das jetzt böse zu leuchten schien. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein)

Diese Fälle sind so üblich geworden, dass sie stilistisch nicht mehr wirk­sam sind.

c) fakultative Ausklammerung verleiht den außerhalb des Rahmens stehenden Gliedern eine größere Ausdruckskraft, ein größeres semantisches Gewicht. Dies sind:

a)  ausgeklammerte Adverbialien und Prädikatsattribute, durch Parti-
zipial- oder Infinitivgruppen, absoluten Akkusativ oder Präpositio-
nalgruppen ausgedrückt:

Er blieb liegen, Arme und Beine über das Pflaster gestreckt. (H. Mann. Der Untertan)

Er nimmt seine Haltung wieder auf, jetzt mit dem Rücken zur Straße, mit dem Gesicht zur Ebene. (A. Seghers, Das siebte Kreuz) Der Emil Borkhausen ist fast aus der Haut geplatzt vor so viel Unverstand. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein) Sauer war in dem städtischen Straßenbaubüro untergekommen nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit. (A. Seghers, Das siebte Kreuz)

b) ausgeklammerte Adverbialien des Vergleichs:

Die Zellentür war so zu wie eine Nuss. (W. Borchert. Die Hundeblume) Sie - die Kugel - sahen aus wie kleine Männer. (W. Borchert, Lesebuch­geschichten)

c)  ausgeklammerte freie Appositionen:

Er wird ihn zerschmettern, diesen Feind im Dunkeln. (H. Fallada, Jeder stirbt für sich allein) Das war nachher zu Ernst geworden, sogar zu bitterem Ernst. (A. Se­ghers. Das siebte Kreuz)

 

d) ausgeklammerte Präpositionalobjekte im Passivsatz:

Er ward angestoßen von Herren in englischen Anzügen. (H. Mann, Professor Unrat)

Die Klammer wird ganz aufgehoben, wenn der unkonjugierbare Teil des Prädikats an der Spitze des Satzes erscheint:

Gearbeitet wird nur an einigen Dampfern, die direkt am Kai vertaut sind. (W. Bredel. Die Prüfung)

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (J. W. Goethe)

Die Umstellung des prädikativen Substantivs kann den Sinn der Aussage entstellen, vgl.:

Mein Bruder ist Rechtsanwalt. Rechtsanwalt ist mein Bruder.

 

     7. Absonderung

Die Absonderung ist ein weiterer Begriff als die Ausklammerung; sie er­folgt auch in dem Falle, wenn die Satzklammer fehlt. Es gibt mannig­fache Arten der Absonderung verschiedener Satzteile, doch ist allen Arten eine Besonderheit eigen: die abgesonderten Satzteile werden strukturell und intonatorisch von dem übrigen Satz abgehoben. In der mündlichen Rede wird die Absonderung durch eine Pause, in der schriftlichen Rede durch Kommas, Klammern oder Gedankenstriche markiert.

Man unterscheidet obligatorische Absonderung und fakultative Abson­derung.


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