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Menschenrecht bricht Staatsrecht



"legaler" Mittel in ihrem Vorgehen bedient, so ist dennoch der Selbsterhaltungstrieb der Unterdrückten immer die erhabenste Rechtfertigung für ihren Kampf mit allen Waffen.

Nur aus der Anerkennung dieses Satzes allein sind die Freiheitskämpfe gegen innere und auch äußere Versklavung von Völkern auf dieser Erde in so gewaltigen historischen Beispielen geliefert worden.

Menschenrecht bricht Staatsrecht.

Unterliegt aber ein Volk in seinem Kampf um die Rechte des Menschen, dann wurde es eben auf der Schicksalswaage zu leicht befunden für das Glück der Forterhaltung auf der irdischen Welt. Denn wer nicht bereit oder fähig ist, für sein Dasein zu streiten, dem hat die ewig gerechte Vorsehung schon das Ende bestimmt.

Die Welt ist nicht da für feige Völker.

*

Wie leicht es einer Tyrannei aber ist, sich das Mäntelchen einer sogenannten "Legalität" umzuhängen, zeigte wieder am klarsten und eindringlichsten das Beispiel Österreich.

Die legale Staatsgewalt fußte damals auf dem deutschfeindlichen Boden des Parlaments mit seinen nichtdeutschen Majoritäten - und dem ebenso deutschfeindlichen Herrscherhaus. In diesen beiden Faktoren war die gesamte Staatsautorität verkörpert. Von dieser Stelle aus das Los des deutschösterreichischen Volkes ändern zu wollen, war Unsinn. Damit aber wäre nun nach den Meinungen unserer Anbeter des einzig möglichen "legalen" Weges und der Staatsautorität an sich jeder Widerstand, weil mit legalen Mitteln nicht durchführbar, zu unterlassen gewesen. Dieses aber würde das Ende des deutschen Volkes in der Monarchie mit zwingender Notwendigkeit - und zwar in kurzer Zeit - bedeutet haben. Tatsächlich ist das Deutschtum vor diesem Schicksal auch nur durch den Zusammenbruch dieses Staates allein gerettet worden.

Der bebrillte Theoretiker freilich würde immer noch lieber für seine Doktrin sterben als für sein Volk.

Die alldeutsche Bewegung

Da die Menschen sich erst Gesetze schaffen, glaubt er, sie wären später für diese da.

Mit diesem Unsinn zum Entsetzen aller theoretischen Prinzipienreiter sowie sonstiger staatlicher Fetischinsulaner gründlich aufgeräumt zu haben, war das Verdienst der damaligen alldeutschen Bewegung in Österreich.

Indem die Habsburger versuchten, mit allen Mitteln dem Deutschtum auf den Leib zu rücken, griff diese Partei das "erhabene" Herrscherhaus selber, und zwar rücksichtslos an. Sie hat zum ersten Male die Sonde an diesen faulen Staat gelegt und Hunderttausenden die Augen geöffnet. Es ist ihr Verdienst, den herrlichen Begriff der Vaterlandsliebe aus der Umarmung dieser traurigen Dynastie erlöst zu haben.

Ihr Anhang war in der ersten Zeit ihres Auftretens außerordentlich groß, ja drohte zu einer förmlichen Lawine zu werden. Allein, der Erfolg hielt nicht an. Als ich nach Wien kam, war die Bewegung schon längst von der inzwischen zur Macht gelangten christlich- sozialen Partei überflügelt, ja zu einer nahezu vollständigen Bedeutungslosigkeit herabgedrückt worden.

Dieser ganze Vorgang des Werdens und Vergehens der alldeutschen Bewegung einerseits und des unerhörten Aufstiegs der christlich- sozialen Partei andererseits sollte als klassisches Studienobjekt für mich von tiefster Bedeutung werden.

Als ich nach Wien kam, standen meine Sympathien voll und ganz auf der Seite der alldeutschen Richtung.

Daß man den Mut aufbrachte, im Parlament den Ruf "Hoch Hohenzollern" auszustoßen, imponierte mir ebensosehr, wie es mich freute, daß man sich immer noch als bloß vorübergehend getrennten Bestandteil des Deutschen Reiches betrachtete und keinen Augenblick vergehen ließ, um dieses auch öffentlich zu bekunden, erweckte in mir freudige Zuversicht; daß man in allen das Deutschtum betreffenden Fragen rücksichtslos Farbe bekannte und niemals zu Kompromissen sich herbeiließ, schien mir der einzige noch gangbare Weg zur Rettung unseres Volkes zu sein; daß aber die Bewegung nach ihrem erst so herrlichen Aufstieg nun

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so sehr niedersank, konnte ich nicht verstehen. Noch weniger aber, daß die christlich-soziale Partei in dieser gleichen Zeit zu so ungeheurer Macht zu gelangen vermochte. Sie war damals gerade am Gipfel ihres Ruhmes angelangt.

Indem ich daranging, beide Bewegungen zu vergleichen, gab mir auch hier das Schicksal, durch meine sonstige traurige Lage beschleunigt, den besten Unterricht zum Verständnis der Ursachen dieses Rätsels.

Ich beginne mein Abwägen zuerst bei den beiden Männern, die als Führer und Begründer der zwei Parteien anzusehen sind: Georg v. Schönerer und Dr. Karl Lueger.

Rein menschlich genommen ragen sie, einer wie der andere, weit über den Rahmen und das Ausmaß der sogenannten parlamentarischen Erscheinungen hinaus. Im Sumpfe einer allgemeinen politischen Korruption blieb ihr ganzes Leben rein und unantastbar. Dennoch lag meine persönliche Sympathie zuerst auf seiten des Alldeutschen Schönerer, um sich nur nach und nach dem christlich-sozialen Führer ebenfalls zuzuwenden.

In ihren Fähigkeiten verglichen schien mir schon damals Schönerer als der bessere und gründlichere Denker in prinzipiellen Problemen zu sein. Er hat das zwangsläufige Ende des österreichischen Staates richtiger und klarer erkannt als irgendein anderer. Würde man besonders im Reiche seine Warnungen vor der Habsburger-Monarchie besser gehört haben, so wäre das Unglück des Weltkrieges Deutschlands gegen ganz Europa nie gekommen.

Allein wenn Schönerer die Probleme ihrem inneren Wesen nach erkannte, dann irrte er sich um so mehr in den Menschen.

Hier lag wieder die Stärke Dr. Luegers.

Dieser war ein seltener Menschenkenner, der sich besonders hütete, die Menschen besser zu sehen, als sie nun einmal sind. Daher rechnete er auch mehr mit den realen Möglichkeiten des Lebens, während Schönerer hierfür nur wenig Verständnis aufbrachte. Alles, was der Alldeutsche auch dachte, war, theoretisch genommen, richtig, allein indem die Kraft und das Verständnis fehlte, die theoretische Erkenntnis

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der Masse zu vermitteln, sie also in solche Form zu bringen, daß sie damit der Aufnahmefähigkeit des breiten Volkes, die nun einmal eine begrenzte ist und bleibt, entsprach, war eben alles Erkennen nur seherische Weisheit, ohne jemals praktische Wirklichkeit werden zu können.

Dieses Fehlen tatsächlicher Menschenkenntnis führte aber im weiteren Verlaufe zu einem Irrtum in der Krafteinschätzung ganzer Bewegungen sowie uralter Institutionen.

Endlich hat Schönerer allerdings erkannt, daß es sich hier um Weltanschauungsfragen handelt, aber nicht begriffen, daß sich zum Träger solcher nahezu religiöser Überzeugungen in erster Linie immer nur die breiten Massen eines Volkes eignen.

Er sah in leider nur sehr kleinem Umfang die außerordentliche Begrenztheit des Kampfwillens der sogenannten "bürgerlichen" Kreise schon infolge ihrer wirtschaftlichen Stellung, die den einzelnen zuviel zu verlieren befürchten läßt und ihn deshalb auch mehr zurückhält.

Und doch wird im allgemeinen eine Weltanschauung nur dann Aussicht auf den Sieg haben, wenn sich die breite Masse als Trägerin der neuen Lehre bereit erklärt, den notwendigen Kampf auf sich zu nehmen.

Diesem Mangel an Verständnis für die Bedeutung der unteren Volksschichten entsprang dann aber auch die vollständig unzureichende Auffassung über die soziale Frage.

In all dem war Dr. Lueger das Gegenteil Schönerers. Die gründliche Menschenkenntnis ließ ihn die möglichen Kräfte ebenso richtig beurteilen, wie er dadurch aber auch bewahrt blieb vor einer zu niederen Einschätzung vorhandener Institutionen, ja vielleicht gerade aus diesem Grunde sich eher noch solcher als Hilfsmittel zur Erreichung seiner Absichten bedienen lernte.

Er verstand auch nur zu genau, daß die politische Kampfkraft des oberen Bürgertums in der heutigen Zeit nur gering und nicht ausreichend war, einer neuen großen Bewegung den Sieg zu erkämpfen. Daher legte er das Hauptgewicht seiner politischen Tätigkeit auf die Gewinnung von Schichten, deren Dasein bedroht war und mithin eher zu

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einem Ansporn als zu einer Lähmung des Kampfwillens wurde. Ebenso war er geneigt, sich all der einmal schon vorhandenen Machtmittel zu bedienen, bestehende mächtige Einrichtungen sich geneigt zu machen, um aus solchen alten Kraftquellen für die eigene Bewegung möglichst großen Nutzen ziehen zu können.

So stellte er seine neue Partei in erster Linie auf den vom Untergange bedrohten Mittelstand ein und sicherte sich dadurch eine nur sehr schwer zu erschütternde Anhängerschaft von ebenso großer Opferwilligkeit wie zäher Kampfkraft. Sein unendlich klug ausgestaltetes Verhältnis zur katholischen Kirche aber gewann ihm in kurzer Zeit die jüngere Geistlichkeit in einem Umfange, daß die alte klerikale Partei entweder das Kampffeld zu räumen gezwungen war, oder, noch klüger, sich der neuen Partei anschloß, um so langsam Position um Position wieder zu gewinnen.

Würde aber dies allein als das charakteristische Wesen des Mannes angesehen werden, dann geschähe ihm schweres Unrecht. Denn zum klugen Taktiker kamen auch die Eigenschaften eines wahrhaft großen und genialen Reformators. Freilich auch hier begrenzt durch eine genaue Kenntnis der nun einmal vorhandenen Möglichkeiten sowie auch der Fähigkeit der eigenen Person. Es war ein unendlich praktisches Ziel, daß sich dieser wahrhaft bedeutende Mann gestellt hatte. Er wollte Wien erobern. Wien war das Herz der Monarchie, von dieser Stadt ging noch das letzte Leben in den krankhaft und alt gewordenen Körper des morschen Reiches hinaus. Je gesünder das Herz würde, um so frischer mußte auch der übrige Körper aufleben. Ein prinzipiell richtiger Gedanke, der aber doch nur eine bestimmte, begrenzte Zeit zur Anwendung kommen konnte.

Und hierin lag die Schwäche dieses Mannes.

Was er als Bürgermeister der Stadt Wien geleistet hat, ist im besten Sinne des Wortes unsterblich; die Monarchie aber vermochte er dadurch nicht mehr zu retten - es war zu spät.

Dieses hatte sein Widersacher Schönerer klarer gesehen.

110 Ursachen des Mißerfolgs Schönerers

Was Dr. Lueger praktisch angriff, gelang in wundervoller Weise; was er sich davon erhoffte, blieb aus.

Was Schönerer wollte, gelang ihm nicht, was er befürchtete, traf aber leider in furchtbarer Weise ein.

So haben beide Männer ihr weiteres Ziel nicht erreicht. Lueger konnte Österreich nicht mehr retten und Schönerer das deutsche Volk nicht mehr vor dem Untergange bewahren.

Es ist unendlich lehrreich für unsere heutige Zeit, die Ursachen des Versagens beider Parteien zu studieren. Es ist dies besonders für meine Freunde zweckmäßig, da in vielen Punkten die Verhältnisse heute ähnliche sind wie damals und Fehler dadurch vermieden werden können, die schon einst zum Ende der einen Bewegung und zur Fruchtlosigkeit der anderen geführt hatten.

Der Zusammenbruch der alldeutschen Bewegung in Österreich hatte in meinen Augen drei Ursachen:

Erstens die unklare Vorstellung der Bedeutung des sozialen Problems gerade für eine neue, ihrem inneren Wesen nach revolutionäre Partei.

Indem sich Schönerer und sein Anhang in erster Linie an die bürgerlichen Schichten wandten, konnte das Ergebnis nur ein sehr schwächliches, zahmes sein.

Das deutsche Bürgertum ist besonders in seinen höheren Kreisen, wenn auch von einzelnen ungeahnt, pazifistisch bis zur förmlichen Selbstverleugnung, wenn es sich um innere Angelegenheiten der Nation oder des Staates handelt. In guten Zeiten, das heißt in diesem Falle also in Zeiten einer guten Regierung, ist eine solche Gesinnung ein Grund des außerordentlichen Wertes dieser Schichten für den Staat; in Zeiten schlechterer Herrschaft aber wirkt sie geradezu verheerend. Schon um die Durchführung eines wirklich ernsten Kampfes überhaupt zu ermöglichen, mußte die alldeutsche Bewegung sich vor allem der Gewinnung der Massen widmen. Daß sie dies nicht tat, nahm ihr von vornherein den elementaren Schwung, den eine solche Welle nun einmal braucht, wenn sie nicht in kurzer Zeit schon verebben soll.

111 Ursachen des Mißerfolgs Schönerers

Sowie aber dieser Grundsatz nicht von Anfang an ins Auge gefaßt und auch durchgeführt wird, verliert die neue Partei für später jede Möglichkeit eines Nachholens des Versäumten. Denn mit der Aufnahme überaus zahlreicher gemäßigt-bürgerlicher Elemente wird sich die innere Einstellung der Bewegung immer nach diesen richten und so jede weitere Aussicht zum Gewinnen nennenswerter Kräfte aus dem breiten Volke einbüßen. Damit aber wird eine solche Bewegung über bloßes Nörgeln und Kritisieren nicht mehr hinauskommen. Der mehr oder minder fast religiöse Glaube, verbunden mit einer ebensolchen Opferwilligkeit, wird nimmermehr zu finden sein; an dessen Stelle wird aber das Bestreben treten, durch "positive" Mitarbeit, das heißt in diesem Falle aber durch Anerkennung des Gegebenen, die Härten des Kampfes allmählich abzuschleifen, um endlich bei einem faulen Frieden zu landen.

So ging es auch der alldeutschen Bewegung, weil sie nicht von vornherein das Hauptgewicht auf die Gewinnung ihrer Anhänger aus den Kreisen der breiten Masse gelegt hatte. Sie wurde "bürgerlich, vornehm, gedämpft radikal".

Aus diesem Fehler erwuchs ihr aber die zweite Ursache des schnellen Untergangs.

Die Lage in Österreich für das Deutschtum war zur Zeit des Auftretens der alldeutschen Bewegung schon verzweifelt. Von Jahr zu Jahr war das Parlament mehr zu einer Einrichtung der langsamen Vernichtung des deutschen Volkes geworden. Jeder Versuch einer Rettung in zwölfter Stunde konnte nur in der Beseitigung dieser Institution eine wenn auch kleine Aussicht auf Erfolg biegen.

Damit trat an die Bewegung eine Frage von prinzipieller Bedeutung heran:

Sollte man, um das Parlament zu vernichten, in das Parlament gehen, um dasselbe, wie man sich auszudrücken pflegte, "von innen heraus auszuhöhlen", oder sollte man diesen Kampf von außen angriffsweise gegen diese Einrichtung an und für sich führen?

Man ging hinein und kam geschlagen heraus.

Freilich, man mußte hineingehen.


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