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Wachsende Abneigung gegen den Habsburger-Staat



endlich nationalistisch gewesen, oder würde die alldeutsche Bewegung zu ihrer richtigen Erkenntnis des Zieles der Judenfrage und der Bedeutung des Nationalgedankens noch die praktische Klugheit der christlich-sozialen Partei, besonders aber deren Einstellung zum Sozialismus, angenommen haben, dann würde dies jene Bewegung ergeben haben, die schon damals meiner Überzeugung nach mit Erfolg in das deutsche Schicksal hätte eingreifen können.

Daß dies nicht so war, lag zum weitaus größten Teil aber am Wesen des österreichischen Staates.

Da ich meine Überzeugung in keiner anderen Partei verwirklicht sah, konnte ich mich in der Folgezeit auch nicht mehr entschließen, in eine der bestehenden Organisationen einzutreten oder gar mitzukämpfen. Ich hielt schon damals sämtliche der politischen Bewegungen für verfehlt und für unfähig, eine nationale Wiedergeburt des deutschen Volkes in größerem und nicht äußerlichem Umfange durchzuführen.

Meine innere Abneigung aber dem habsburgischen Staate gegenüber wuchs in dieser Zeit immer mehr an. Je mehr ich mich besonders auch mit außenpolitischen Fragen zu beschäftigen begann, um so mehr gewann meine Überzeugung Boden, daß dieses Staatsgebilde nur zum Unglück des Deutschtums werden müßte. Immer klarer sah ich endlich auch, daß das Schicksal der deutschen Nation nicht mehr von dieser Stelle aus entschieden würde, sondern im Reiche selber. Dies galt aber nicht nur für allgemeine politische Fragen, sondern nicht minder auch für alle Erscheinungen des gesamten Kulturlebens überhaupt.

Der österreichische Staat zeigte auch hier auf dem Gebiete rein kultureller oder künstlerischer Angelegenheiten alle Merkmale der Erschlaffung, mindestens aber der Bedeutungslosigkeit für die deutsche Nation. Am meisten galt dies für das Gebiet der Architektur. Die neuere Baukunst konnte schon deshalb in Österreich nicht zu besonders großen Erfolgen kommen, weil die Aufgaben seit dem Ausbau der Ringstraße wenigstens in Wien nur mehr unbedeutende

135 Österreich - ein altes Mosaikbild

waren gegenüber den in Deutschland aufsteigenden Plänen.

So begann ich immer mehr ein Doppelleben zu führen; Verstand und Wirklichkeit hießen mich in Österreich eine ebenso bittere wie segensreiche Schule durchmachen, allein das Herz weilte wo anders.

Eine beklemmende Unzufriedenheit hatte damals von mir Besitz ergriffen, je mehr ich die innere Hohlheit dieses Staates erkannte, die Unmöglichkeit, ihn noch zu retten, aber dabei mit aller Sicherheit empfand, daß er in allem und jedem nur noch das Unglück des deutschen Volkes darstellen konnte.

Ich war überzeugt, daß dieser Staat jeden wahrhaft großen Deutschen ebenso beengen und behindern mußte, wie er umgekehrt jede undeutsche Erscheinung fördern würde.

Widerwärtig war mir das Rassenkonglomerat, das die Reichshauptstadt zeigte, widerwärtig dieses ganze Völkergemisch von Tschechen, Polen, Ungarn, Ruthenen, Serben und Kroaten usw., zwischen allem aber als ewiger Spaltpilz der Menschheit - Juden und wieder Juden.

Mir erschien die Riesenstadt als die Verkörperung der Blutschande.

Mein Deutsch der Jugendzeit war der Dialekt, den auch Niederbayern spricht; ich vermochte ihn weder zu vergessen, noch den Wiener Jargon zu lernen. Je länger ich in dieser Stadt weilte, um so mehr stieg mein Haß gegen das fremde Völkergemisch, das diese alte deutsche Kulturstätte zu zerfressen begann.

Der Gedanke aber, daß dieser Staat noch längere Zeit zu halten wäre, erschien mir geradezu lächerlich.

Österreich war damals wie ein altes Mosaikbild, dessen Kitt, der die einzelnen Steinchen zusammenbindet, alt und bröcklig geworden; solange das Kunstwerk nicht berührt wird, vermag es noch sein Dasein weiter vorzutäuschen, sowie es jedoch einen Stoß erhält, bricht es in tausend Scherbchen auseinander. Die Frage war also nur die, wann der Stoß kommen würde. -

Da mein Herz niemals für eine österreichische Monarchie,

Die Schule meines Lebens

sondern immer nur für ein Deutsches Reich schlug, konnte mir die Stunde des Zerfalls dieses Staates nur als der Beginn der Erlösung der deutschen Nation erscheinen.

Aus all diesen Gründen entstand immer stärker die Sehnsucht, endlich dorthin zu gehen, wo seit so früher Jugend mich heimliche Wünsche und heimliche Liebe hinzogen.

Ich hoffte, dereinst als Baumeister mir einen Namen zu machen und so, in kleinem oder großem Rahmen, den mir das Schicksal dann eben schon zuweisen würde, der Nation meinen redlichen Dienst zu weihen.

Endlich aber wollte ich das Glücks teilhaftig werden, an der Stelle sein und wirken zu dürfen, von der einst ja auch mein brennendster Herzenswunsch in Erfüllung gehen mußte: der Anschluß meiner geliebten Heimat an das gemeinsame Vaterland, das Deutsche Reich.

Viele werden die Größe einer solchen Sehnsucht auch heute noch nicht begreifen vermögen, allein ich wende mich an die, denen das Schicksal entweder bisher dieses Glück verweigert oder in grausamer Härte wieder genommen hat; ich wende mich an alle die, die losgelöst vom Mutterlande, selbst um das heilige Gut der Sprache zu kämpfen haben, die wegen ihrer Gesinnung der Treue dem Vaterlande gegenüber verfolgt und gepeinigt werden, und die nun im schmerzlicher Ergriffenheit die Stunde ersehnen, die sie wieder an das Herz der teuren Mutter zurückkehren läßt; ich wende mich an alle diese und weiß: Sie werden mich verstehen!

Nur wer selber am eigenen Leibe fühlt, was es heißt, Deutscher zu sein, ohne dem lieben Vaterlande angehören zu dürfen, vermag die tiefe Sehnsucht zu ermessen, die zu allen Zeiten im Herzen der vom Mutterlande getrennten Kinder brennt. Sie quält die von ihr Erfaßten und verweigert ihnen Zufriedenheit und Glück so lange, bis die Tore des Vaterhauses sich öffnen und im gemeinsamen Reiche das gemeinsame Blut Frieden und Ruhe wieder findet.

Die Schule meines Lebens

Wien aber war und blieb für mich die schwerste, wenn auch gründlichste Schule meines Lebens. Ich hatte diese Stadt einst betreten als ein halber Junge noch und verließ sie als still und ernst gewordener Mensch. Ich erhielt in ihr die Grundlagen für eine Weltanschauung im großen und eine politische Betrachtungsweise im kleinen, die ich später nur noch im einzelnen zu ergänzen brauchte, die mich aber nie mehr verließen. Den rechten Wert der damaligen Lehrjahre vermag ich freilich selber erst heute voll zu schätzen.

Deshalb habe ich diese Zeit etwas ausführlicher behandelt, da sie mir gerade in jenen Fragen den ersten Anschauungsunterricht erteilte, die mit zu den Grundlagen der Partei gehören, die, aus kleinsten Anfängen entstehend, sich im Laufe von kaum fünf Jahren zu einer großen Massenbewegung zu entwickeln anschickt. Ich weiß nicht, wie meine Stellung zum Judentum, zur Sozialdemokratie, besser zum gesamten Marxismus, zur sozialen Frage usw. heute wäre, wenn nicht schon ein Grundstock persönlicher Anschauungen in so früher Zeit durch den Druck des Schicksals - und durch eigenes Lernen sich gebildet hätte.

Denn, wenn auch das Unglück des Vaterlandes Tausende und aber Tausende zum Denken anzuregen vermag über die inneren Gründe des Zusammenbruches, so kann dies doch niemals zu jener Gründlichkeit erst nach jahrelangem Ringen Herr des Schicksals wurde.

Kapitel

München

Im Frühjahr 1912 kam ich endgültig nach München.

Die Stadt selber war mir so gut bekannt, als ob ich schon seit Jahren in ihrem Mauern geweilt hätte. Es lag dies begründet in meinem Studium, das mich auf Schritt und Tritt ja auf diese Metropole der deutschen Kunst hinwies. Man hat nicht nur Deutschland nicht gesehen, wenn man München nicht kennt, nein, man kennt vor allem die deutsche Kunst nicht, wenn man München nicht sah.

Jedenfalls war diese Zeit vor dem Kriege die glücklichste und weitaus zufriedenste meines Lebens. Wenn auch mein Verdienst immer noch sehr kärglich war, so lebte ich ja nicht, um malen zu können, sondern malte, um mir dadurch nur die Möglichkeit meines Lebens zu sichern, besser, um mir damit mein weiteres Studium zu gestatten. Ich besaß die Überzeugung, mein Ziel, das ich mir gesteckt hatte, einest eben dennoch zu erreichen. Und dies ließ mich allein schon alle sonstigen kleinen Sorgen des täglichen Daseins leicht und unbekümmert ertragen.

Dazu aber kam noch die innere Liebe, die mich zu dieser Stadt mehr als zu einem anderen mir bekannten Orte fast schon von der ersten Stunde meines Aufenthaltes erfaßte. Eine deutsche Stadt! Welch ein Unterschied gegen Wien. Mir wurde schlecht, wenn ich an dieses Rassenbabylon auch nur zurückdachte. Dazu der mir viel näher liegende Dialekt, der mich besonders im Umgang mit Niederbayern an meine einstige Jugendzeit erinnern konnte. Es gab wohl tausend und mehr Dinge, die mir innerlich lieb und teuer waren oder wurden. Am meisten aber zog

139 Deutschlands falsche Bündnispolitik

mich die wunderbare Vermählung von urwüchsiger Kraft und seiner künstlerischer Stimmung, diese einzige Linie vom Hofbräuhaus zum Odeon, Oktoberfest zur Pinakothek usw. an. Daß ich heute an dieser Stadt hänge, mehr als an irgendeinem anderen Fleck der Erde auf dieser Welt, liegt wohl mitbegründet in der Tatsache, daß sie mit der Entwicklung meines eigenen Lebens unzertrennlich verbunden ist und bleibt; daß ich aber damals schon das Glück einer wahrhaft inneren Zufriedenheit erhielt, war nur dem Zauber zuzuschreiben, den die wunderbare Wittelsbacherresidenz wohl auf jeden nicht nur mit einem rechnerischen Verstande, sondern auch mit gefühlvollem Gemüt gesegneten Menschen ausübt.

Was mich außer meiner beruflichen Arbeit am meisten anzog, war auch hier wieder das Studium der politischen Tagesereignisse, darunter besonders außenpolitischer Vorgänge. Ich kam zu den letzteren über den Umweg der deutschen Bündnispolitik, die ich von meinen österreichischen Zeiten her schon für unbedingt falsch hielt. Immerhin war mir in Wien der volle Umfang dieser Selbsttäuschung des Reiches noch nicht ganz klar geworden. Ich war damals geneigt, anzunehmen - oder redete mir es vielleicht auch selber bloß als Entschuldigung vor - , daß man möglicherweise in Berlin schon wisse, wie schwach und wenig verläßlich der Bundesgenosse in Wirklichkeit sein würde, jedoch aus mehr oder minder geheimnisvollen Gründen mit dieser Einsicht zurückhalte, um eine Bündnispolitik zu stützen, die ja Bismarck selber einst begründet hatte und deren plötzlicher Abbruch nicht wünschenswert sein konnte, schon um das lauernde Ausland nicht irgendwie aufzuschrecken oder den inneren Spießer zu beunruhigen.

Freilich der Umgang, vor allem im Volke selber, ließ mich zu meinem Entsetzen schon in kurzer Zeit sehen, daß dieser Glaube falsch war. Zu meinem Erstaunen mußte ich überall feststellen, daß über das Wesen der Habsburgermonarchie selbst in den sonst gut unterrichteten Kreisen aber auch kein blasser Schimmer vorhanden war. Gerade

140 Deutschlands falsche Bündnispolitik

im Volke war man in dem Wahne verfangen, den Bundesgenossen als eine ernste Macht ansehen zu dürfen, die in der Stunde der Not sicher sofort ihren Mann stellen würde. Man hielt in der Masse die Monarchie immer für einen "deutschen" Staat und glaubte darauf auch bauen zu können. Man war der Meinung, daß die Kraft auch hier nach den Millionen gemessen werden könnte, so wie etwa in Deutschland selber und vergaß vollständig, daß ersten: Österreich schon längst aufgehört hatte, ein deutsches Staatswesen zu sein; daß aber zweitens: die inneren Verhältnisse dieses Reiches von Stunde zu Stunde mehr der Auflösung entgegendrängten.

Ich hatte damals dieses Staatsgebilde besser gekannt als diese sogenannte offizielle "Diplomatie", die blind, wie fast immer, dem Verhängnis entgegentaumelte; denn die Stimmung des Volkes war immer nur der Ausfluß dessen, was man von oben in die öffentliche Meinung hineintrichterte. Von oben aber trieb man mit dem "Bundesgenossen" einen Kult wie um das goldene Kalb. Man hoffte wohl durch Liebenswürdigkeit zu ersetzen, was an Aufrichtigkeit fehlte. Dabei nahm man immer Worte für bare Werte.

Mich packte schon in Wien der Zorn, wenn ich den Unterschied betrachtete, der zwischen den Reden der offiziellen Staatsmänner und dem Inhalt der Wiener Presse von Zeit zu Zeit in Erscheinung trat. Dabei war Wien aber doch noch, wenigstens dem Scheine nach, eine deutsche Stadt. Wie anders aber lagen die Dinge, wenn man von Wien oder besser von Deutschösterreich weg, in die slawischen Provinzen des Reiches kam. Man brauchte nur Prager Zeitungen in die Hand zu nehmen, um zu wissen, wie das ganze Gaukelspiel des Dreibundes dort beurteilt wurde. Da war für dieses "staatsmännische Meisterwerk" schon nichts mehr vorhanden als blutiger Spott und Hohn. Man machte im tiefsten Frieden, als die beiden Kaiser gerade die Freundschaftsküsse einander auf die Stirne drückten, gar kein Hehl daraus, daß dieses Bündnis erledigt sei an dem Tage, an dem man versuchen würde,

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es aus dem Schimmer des Nibelungen Ideals in die praktische Wirklichkeit zu überführen.

Wie hatte man sich doch einige Jahre später aufgeregt, als in der endlich gekommenen Stunde, da die Bündnisse sich bewähren sollten, Italien aus dem Dreibunde aussprang und die beiden Genossen ziehen ließ, ja zum Schlusse noch selber zum Feinde wurde. Daß man überhaupt auch nur eine Minute an die Möglichkeit eines solchen Wunders früher zu glauben wagte, nämlich an das Wunder, daß Italien mit Österreich gemeinsam kämpfen würde, konnte jedem eben nicht mit diplomatischer Blindheit Geschlagenen nur einfach unverständlich sein. Allein die Dinge lagen ja in Österreich selber um kein Haar anders.

Träger des Bündnisgedankens waren in Österreich nur die Habsburger und die Deutschen. Die Habsburger aus Berechnung und Zwang, die Deutschen aus gutem Glauben und politischer - Dummheit. Aus gutem Glauben, denn sie vermeinten, durch den Dreibund dem Deutschen Reiche selber einen großen Dienst zu erweisen, es stärken und sichern zu helfen; aus politischer Dummheit aber, weil weder das erst Gemeinte zutraf, sondern im Gegenteil sie dadurch mithalfen, das Reich an einen Staatskadaver zu ketten, der beide in den Abgrund reißen mußte, vor allem aber, weil sie ja selber nur durch dieses Bündnis immer mehr der Entdeutschung anheimfielen. Denn indem die Habsburger durch das Bündnis mit dem Reiche vor einer Einmengung von dieser Seite aus sicher sein zu können glaubten und leider auch mit Recht sein konnten, vermochten sie ihre innere Politik der langsamen Verdrängung des Deutschtums schon wesentlich leichter und risikoloser durchzuführen. Nicht nur, daß man bei der bekannten "Objektivität" einen Einspruch von seiten der Reichsregierung gar nicht zu befürchten brauchte, konnte man auch dem österreichischen Deutschtum selber jederzeit mit dem Hinweis auf das Bündnis den vorlauten Mund, der gegen eine etwa zu niederträchtige Art der Slawisierung sich auftun wollte, sofort zum Schweigen zu bringen.

Was sollte denn auch der Deutsche in Österreich noch

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tun, wenn doch das Deutschtum des Reiches selber der Habsburger- Regierung Anerkennung und Vertrauen aussprach? Sollte er Widerstand leisten, um dann in der ganzen deutschen Öffentlichkeit als Verräter am eigenen Volkstum gebrandmarkt zu werden? Er, der seit Jahrzehnten die unerhörtesten Opfer gerade für sein Volkstum gebracht hatte!

Was aber besaß dieses Bündnis für einen Wert, wenn erst das Deutschtum der Habsburger Monarchie ausgerottet worden wäre? War nicht der Wert des Dreibundes für Deutschland geradezu abhängig von der Erhaltung der deutschen Vormachtstellung in Österreich? Oder glaubte man wirklich, auch mit einem slawischen Habsburgerreich noch in einem Bündnis leben zu können?

Die Einstellung der offiziellen deutschen Diplomatie sowie auch die der ganzen öffentlichen Meinung zum innerösterreichischen Nationalitätenproblem war schon nicht mehr dumm, sondern einfach irrsinnig! Man baute auf ein Bündnis, stellte die Zukunft und Sicherheit eines 70-Millionen-Volkes darauf ein - und sah zu, wie die einzige Grundlage für diesen Bund beim Partner von Jahr zu Jahr planmäßig und unbeirrt sicher zerstört wurde. Eines Tages mußte dann ein "Vertrag" mit der Wiener Diplomatie übrigbleiben, die Bundeshilfe eines Reiches aber verloren sein.

Bei Italien war dies ohnehin von Anfang an der Fall.

Hätte man in Deutschland nur etwas klarer Geschichte studiert und Völkerpsychologie getrieben, dann hätte man wohl keine Stunde glauben können, daß jemals Quirinal und Wiener Hofburg in einer gemeinsamen Kampffront stehen würden. Italien wäre ja eher zu einem Vulkan geworden, ehe eine Regierung es hätte wagen dürfen, dem so fanatisch verhaßten Habsburgerstaat aber auch nur einen einzigen Italiener auf das Schlachtfeld zu stellen, außer als Feind. Ich habe die leidenschaftliche Verachtung sowie den bodenlosen Haß, mit dem der Italiener dem österreichischen Staate "zugetan" war, öfter als einmal in Wien aufbrennen sehen. Was das Haus Habsburg an der italienischen

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Freiheit und Unabhängigkeit im Laufe der Jahrhunderte gesündigt hatte, war zu groß, als daß man dies hätte vergessen können, auch wenn der Wille dazu vorhanden gewesen wäre. Er war aber gar nicht vorhanden; weder im Volke noch bei der italienischen Regierung. Für Italien gab es deshalb auch nur zwei Möglichkeiten im Zusammenleben mit Österreich: entweder Bündnis oder Krieg.

Indem man das erstere wählte, vermochte man sich in Ruhe zum zweiten vorzubereiten.

Besonders seitdem das Verhältnis Österreichs zu Rußland immer mehr einer kriegerischen Auseinandersetzung entgegentrieb, war die deutsche Bündnispolitik ebenso sinnlos wie gefährlich.

Es war dies ein klassischer Fall, an dem sich das Fehlen jeder großen und richtigen Linie des Denkens aufzeigen ließ.

Warum schloß man denn überhaupt ein Bündnis? Doch nur, um so die Zukunft des Reiches besser wahren zu können, als es, auf sich allein gestellt, in der Lage gewesen wäre. Diese Zukunft des Reiches aber war doch nichts anderes als die Frage der Erhaltung der Existenzmöglichkeit des deutschen Volkes.

Mithin aber konnte die Frage dann nur lauten: wie muß das Leben der deutschen Nation in einer greifbaren Zukunft sich gestalten, und wie kann man dieser Entwicklung dann die nötigen Grundlagen und die erforderliche Sicherheit gewährleisten im Rahmen der allgemeinen europäischen Machtverhältnisse?

Bei klarer Betrachtung der Voraussetzungen für die außenpolitische Betätigung der deutschen Staatskunst mute man zu folgender Überzeugung gelangen:

Deutschland hat eine jährliche Bevölkerungszunahme von nahezu 900000 Seelen. Die Schwierigkeit der Ernährung dieser Armee von neuen Staatsbürgern muß von Jahr zu Jahr größer werden und einmal bei einer Katastrophe enden, falls eben nicht Mittel und Wege gefunden werden,


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