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Am Ende der Reihe (в конце очереди) ⇐ ПредыдущаяСтр 5 из 5
180 Vom nä chsten Tag an hatten die Burschen Ruhe. Nur der Striemen an Michals Hals erinnerte noch daran, dass der Meister sie wochenlang Nacht fü r Nacht kujoniert hatte. (донимал) Neuerdings (теперь) durften sie wieder bei Tageslicht ihrer Arbeit nachgehen, (заниматься) was ihnen wenig Mü he verursachte, (причиняло меньше усилий) und am Feierabend war Schluss. (а вечером был конец /работы/: der Feierabend – конец рабочего дня) Da konnten sie tun und lassen, (делать или не делать: «оставить») was ihnen gefiel: Maultrommel spielen, Geschichten erzä hlen und Lö ffel schnitzen. (вырезать) Alles war, wie es frü her gewesen war. Die Blasen (мозоли: die Blase) an ihren Hä nden trockneten ein, (высохли) die wunden Stellen (раны, пораненные места) auf Brust und Rü cken (на груди и спине) waren bald abgeheilt. (зажили) Nun lernten sie wieder eifrig (усердно) und mit Gewinn, (с пользой) wenn der Mü ller ihnen am Freitagabend aus dem Koraktor vorlas; und wenn er sie abfragte, war es zumeist (в основном) nur Juro, der stecken blieb («застревал» = затруднялся) und nicht weiterwusste (не знал, что делать/ответить) – aber das war ja die alte Leier (старая песня: die Leier – лира, шарманка) mit ihm. Ein paar Tage nach Michaeli ergab es sich dann, (выяснилось) dass Petar und Krabat vom Meister nach Hoyerswerda geschickt wurden, um ein Fass Salz (бочку соли) zu holen und allerlei Kü chenkram. (барахло, хлам: der Kram) Der Mü ller ließ niemals einen der Burschen einzeln (одного) weg. Galt es auswä rts was zu erledigen, (если нужно было что-либо решить, уладить вне мельницы) schickte er mindestens (самое малое) zwei gemeinsam aus, und er mochte wohl seine Grü nde haben dafü r (видимо у него были на то свои причины) – oder seine Vorschriften. (предписания: die Vorschrift, vorschreiben)
Am Ende der Reihe
180 Vom nä chsten Tag an hatten die Burschen Ruhe. Nur der Striemen an Michals Hals erinnerte noch daran, dass der Meister sie wochenlang Nacht fü r Nacht kujoniert hatte. Neuerdings durften sie wieder bei Tageslicht ihrer Arbeit nachgehen, was ihnen wenig Mü he verursachte, und am Feierabend war Schluss. Da konnten sie tun und lassen, was ihnen gefiel: Maultrommel spielen, Geschichten erzä hlen und Lö ffel schnitzen. Alles war, wie es frü her gewesen war. Die Blasen an ihren Hä nden trockneten ein, die wunden Stellen auf Brust und Rü cken waren bald abgeheilt. Nun lernten sie wieder eifrig und mit Gewinn, wenn der Mü ller ihnen am Freitagabend aus dem Koraktor vorlas; und wenn er sie abfragte, war es zumeist nur Juro, der stecken blieb und nicht weiterwusste – aber das war ja die alte Leier mit ihm. Ein paar Tage nach Michaeli ergab es sich dann, dass Petar und Krabat vom Meister nach Hoyerswerda geschickt wurden, um ein Fass Salz zu holen und allerlei Kü chenkram. Der Mü ller ließ niemals einen der Burschen einzeln weg. Galt es auswä rts was zu erledigen, schickte er mindestens zwei gemeinsam aus, und er mochte wohl seine Grü nde haben dafü r – oder seine Vorschriften.
181 Im Morgengrauen fuhren die beiden los, auf dem Leiterwagen, (телега /с решётчатыми боковыми стенками/, арба) die Braunen vorgespannt. (запряженные) Es war neblig im Koselbruch. Als sie den Wald hinter sich hatten, ging die Sonne auf, der Nebel zerfloss (разошелся: «расплылся») am Boden. Schwarzkollm lag vor ihnen. Krabat hoffte darauf, die Kantorka sehen zu kö nnen. Wä hrend sie durch das Dorf fuhren, hielt er Ausschau nach ihr (выискивал) – vergebens. (напрасно, тщетно) Bei den Mä dchen, die schwatzend (болтая) mit ihren Wassereimern (с ведрами воды: der Eimer) am unteren Brunnen standen, befand sie sich nicht, und am oberen Brunnen auch nicht. Auch sonst war sie nirgends zu sehen (нигде нельзя было увидеть) an diesem Morgen. Krabat war traurig, er hä tte sie gern einmal wiedergesehen, es war ja schon lange her (прошло много времени, было уже давно: es ist schon lange her) seit der Osternacht. «Ob ich am Nachmittag Glü ck habe, wenn wir heimfahren? » dachte er. Vielleicht war es besser, wenn er sich keine Hoffnung machte: dann brauchte er hinterher nicht enttä uscht zu sein. (разочарованным) Am Nachmittag, als sie mit ihrem Fass Salz und dem anderen Krimskrams von Hoyerswerda zurü ckfuhren, fü gte sich's (вышло так) aber doch, dass sein Wunsch in Erfü llung ging. (что его желание исполнилось) Da stand sie, umgeben von einer gackernden Hü hnerschar, (кудахтающими курицами) unweit des unteren Dorfbrunnens, eine Strohschü ssel in der Hand, (с миской = корзинкой из соломы) und streute (рассыпала) den Hü hnern Futter (корм: das Futter) hin. «Putt-putt-putt! Putt-putt-putt! » (цып-цып-цып)
181 Im Morgengrauen fuhren die beiden los, auf dem Leiterwagen, die Braunen vorgespannt. Es war neblig im Koselbruch. Als sie den Wald hinter sich hatten, ging die Sonne auf, der Nebel zerfloss am Boden. Schwarzkollm lag vor ihnen. Krabat hoffte darauf, die Kantorka sehen zu kö nnen. Wä hrend sie durch das Dorf fuhren, hielt er Ausschau nach ihr – vergebens. Bei den Mä dchen, die schwatzend mit ihren Wassereimern am unteren Brunnen standen, befand sie sich nicht, und am oberen Brunnen auch nicht. Auch sonst war sie nirgends zu sehen an diesem Morgen. Krabat war traurig, er hä tte sie gern einmal wiedergesehen, es war ja schon lange her seit der Osternacht. «Ob ich am Nachmittag Glü ck habe, wenn wir heimfahren? » dachte er. Vielleicht war es besser, wenn er sich keine Hoffnung machte: dann brauchte er hinterher nicht enttä uscht zu sein. Am Nachmittag, als sie mit ihrem Fass Salz und dem anderen Krimskrams von Hoyerswerda zurü ckfuhren, fü gte sich's aber doch, dass sein Wunsch in Erfü llung ging. Da stand sie, umgeben von einer gackernden Hü hnerschar, unweit des unteren Dorfbrunnens, eine Strohschü ssel in der Hand, und streute den Hü hnern Futter hin. «Putt-putt-putt! Putt-putt-putt! »
182 Krabat erkannte sie auf den ersten Blick. (с первого взгляда) Er nickte ihr im Vorbeifahren zu, ganz beilä ufig, (мимолетно, вскользь) da ja Petar nichts merken durfte. Die Kantorka nickte ebenso beilä ufig wieder zurü ck, freundlich zwar, wie man Fremden zunickt: aber die Hü hner, die sie zu fü ttern hatte, waren ihr zehnmal wichtiger. Unter dem Hü hnervolk tat sich ein schö ner, rotbunter Gockel hervor, (выделялся: sich hervortun) der eifrig zu ihren Fü ß en die Kö rner aufpickte: (клевал) den beneidete Krabat in diesem Augenblick sehr, und wä re es mö glich gewesen, so hä tte er auf der Stelle mit ihm getauscht. (поменялся бы) Der Herbst zog sich diesmal lang hin, (тянулась, продолжалась) unwirtlich, (суровая, холодная: der Wirt – хозяин; wirtlich – хозяйственный, домовитый; гостеприимный) kü hl und grau, mit viel Nebel und Regen. Sie nutzten die wenigen Tage, an denen es halbwegs trocken war, um den Wintertorf einzufahren. Die ü brige Zeit verbrachten sie in der Mü hle, in Scheune und Stall, auf dem Schü ttboden oder im Schuppen. Jeder war froh, wenn er eine Arbeit hatte, bei der er nicht in den Regen hinaus musste. Witko war seit dem Frü hjahr beträ chtlich (существенно) gewachsen, doch weiterhin dü rr geblieben. (по-прежнему остался тощим) «Wir sollten ihm einen Ziegelstein (кирпич) auf den Kopf legen», meinte Andrusch, «sonst wä chst er uns noch davon! » (иначе Бог знает куда он от нас урастет) Und Staschko schlug vor, ihn zu mä sten (откормить его) wie eine Martinsgans, (рождественского гуся) «weil er Speck auf die Rippen braucht (поскольку ему нужно сало на ребра) und mehr Fleisch an den Hintern, (и больше мяса на зад) damit er nicht aussieht wie eine Krautscheuche! » (пугало огородное)
182 Krabat erkannte sie auf den ersten Blick. Er nickte ihr im Vorbeifahren zu, ganz beilä ufig, da ja Petar nichts merken durfte. Die Kantorka nickte ebenso beilä ufig wieder zurü ck, freundlich zwar, wie man Fremden zunickt: aber die Hü hner, die sie zu fü ttern hatte, waren ihr zehnmal wichtiger. Unter dem Hü hnervolk tat sich ein schö ner, rotbunter Gockel hervor, der eifrig zu ihren Fü ß en die Kö rner aufpickte: den beneidete Krabat in diesem Augenblick sehr, und wä re es mö glich gewesen, so hä tte er auf der Stelle mit ihm getauscht. Der Herbst zog sich diesmal lang hin, unwirtlich, kü hl und grau, mit viel Nebel und Regen. Sie nutzten die wenigen Tage, an denen es halbwegs trocken war, um den Wintertorf einzufahren. Die ü brige Zeit verbrachten sie in der Mü hle, in Scheune und Stall, auf dem Schü ttboden oder im Schuppen. Jeder war froh, wenn er eine Arbeit hatte, bei der er nicht in den Regen hinaus musste. Witko war seit dem Frü hjahr beträ chtlich gewachsen, doch weiterhin dü rr geblieben. «Wir sollten ihm einen Ziegelstein auf den Kopf legen», meinte Andrusch, «sonst wä chst er uns noch davon! » Und Staschko schlug vor, ihn zu mä sten wie eine Martinsgans, «weil er Speck auf die Rippen braucht und mehr Fleisch an den Hintern, damit er nicht aussieht wie eine Krautscheuche! »
183 Neuerdings (недавно, только что) zeigte sich, auch bei Witko an Kinn und Oberlippe der erste Flaum: (на подбородке и верхней губе) fuchsrot, (ярко рыжий: рыжий как лиса) versteht sich. (разумеется) Witko schenkte dem allen keine Beachtung, (не придавал этому никакого значения) Krabat dafü r um so mehr. (однако тем более /значения придавал этому/ Крабат) Er konnte an Witko beobachten, wie es war, wenn ein Junge in einem Jahr um das Dreifache ä lter wurde. Der erste Schnee fiel in diesem Jahre in der Andreasnacht, reichlich spä t also. Wieder kam nun die groß e Unruhe ü ber die Mü hlknappen auf der Mü hle im Koselbruch, wieder wurden sie wortkarg (скупыми на слова) und unverträ glich. (невыносимые, раздражительные: vertragen – сносить) Beim nichtigsten Anlass (по малейшему: «ничтожнейшему» поводу) brachen sie Streit vom Zaun. («отламывали ссору от забора /как колья для драки/» = ссорились без повода и основания) Die Tage, an denen nicht mindestens einer im Zorn mit den Fä usten auf einen anderen losging, (бросался) wurden von Woche zu Woche seltener. Krabat erinnerte sich des Gesprä ches mit Tonda, das sie im Vorjahr um diese Zeit gefü hrt hatten: War den Burschen auch diesmal die Angst in die Knochen gefahren, (боялись: «страх проник в кости»: in den Knochen haben, etwas fä hrt in die Knochen) weil einem von ihnen der Tod bevorstand? (предстояла) Dass der Gedanke ihm nicht schon frü her gekommen war! Immerhin kannte er ja den Wü sten Plan und die Zeile der flachen Hü gel: (полосу, ряд плоских = низких холмов) sieben waren es oder acht – oder mehr noch, er hatte sie nicht gezä hlt. (не считал) Nun verstand er die Angst der Burschen, nun teilte er sie. (разделял) Jeder von ihnen, mit Ausnahme Witkos vielleicht, konnte in diesem Jahr an der Reihe sein. (быть следующим, на очереди) Aber wer? Und warum nur? Krabat getraute sich (не решался) keinen der Mitgesellen danach zu fragen, auch Michal nicht.
183 Neuerdings zeigte sich, auch bei Witko an Kinn und Oberlippe der erste Flaum: fuchsrot, versteht sich. Witko schenkte dem allen keine Beachtung, Krabat dafü r um so mehr. Er konnte an Witko beobachten, wie es war, wenn ein Junge in einem Jahr um das Dreifache ä lter wurde. Der erste Schnee fiel in diesem Jahre in der Andreasnacht, reichlich spä t also. Wieder kam nun die groß e Unruhe ü ber die Mü hlknappen auf der Mü hle im Koselbruch, wieder wurden sie wortkarg und unverträ glich. Beim nichtigsten Anlass brachen sie Streit vom Zaun. Die Tage, an denen nicht mindestens einer im Zorn mit den Fä usten auf einen anderen losging, wurden von Woche zu Woche seltener. Krabat erinnerte sich des Gesprä ches mit Tonda, das sie im Vorjahr um diese Zeit gefü hrt hatten: War den Burschen auch diesmal die Angst in die Knochen gefahren, weil einem von ihnen der Tod bevorstand? Dass der Gedanke ihm nicht schon frü her gekommen war! Immerhin kannte er ja den Wü sten Plan und die Zeile der flachen Hü gel: sieben waren es oder acht – oder mehr noch, er hatte sie nicht gezä hlt. Nun verstand er die Angst der Burschen, nun teilte er sie. Jeder von ihnen, mit Ausnahme Witkos vielleicht, konnte in diesem Jahr an der Reihe sein. Aber wer? Und warum nur? Krabat getraute sich keinen der Mitgesellen danach zu fragen, auch Michal nicht.
184 Ö fter als sonst (чаще, чем обычно, чем раньше) zog er Tondas Messer hervor, ließ es aufschnappen, (вынимал) prü fte die Klinge. (проверял клинок) Die Klinge war blank, und sie blieb es auch. Er also, Krabat, schien auß er Gefahr zu sein (вне опасности) – aber schon morgen konnte sich das geä ndert haben. (это могло измениться) Im Holzschuppen stand ein Sarg bereit. (гроб наготове) Krabat entdeckte ihn zufä llig, (обнаружил его случайно) als er am Tag vor dem Heiligen Abend um Holz ging. Der Sarg war mit einem Stü ck Wagenplane zugedeckt. (прикрыт) Krabat hä tte ihn kaum beachtet, wä re er nicht im Vorbeigehen mit dem Schienbein (голенью) dagegengestoß en. (задел) Wer hatte den Sarg gezimmert? (сколотил) Seit wann stand er hier bereit – und fü r wen wohl? Die Frage ließ Krabat nicht los. (не давал покоя, не отпускал) Sie beschä ftigte ihn fü r den Rest des Tages, (занимал его всю оставшуюся часть дня) bis in den Traum hinein. Krabat hat einen Sarg gefunden, im Holzschuppen: einen Fichtensarg, (сосновый гроб) der mit einem Stü ck Wagenplane bedeckt ist. Vorsichtig ö ffnet Krabat den Sarg (осторожно открывает) und wirft einen Blick hinein – er ist leer. (пуст) Da beschließ t er, den Sarg zu zerschlagen. (решает разломать) Er findet es unerträ glich, (находит нестерпимым) dass er da steht und auf jemand wartet, der Sarg. Mit dem Handbeil macht Krabat sich an die Arbeit. Er trennt die Bretter, er spaltet sie auf, (расщепляет) von oben bis unten, (сверху донизу) so oft es geht. (столько раз, сколько получается) Dann zerhackt er sie noch zu handlichen (удобные) kleinen Scheitern, (поленья) die will er in einen Korb packen, (уложить в корзину) um sie Juro zu bringen, der soll sie ins Feuer schü ren. Wie er sich aber umschaut nach einem Korb, macht es klapp! – und der Sarg hat sich wieder zusammengesetzt, (снова цел и невредим: «собрался») er ist heil und ganz. (цел и невридим)
184 Ö fter als sonst zog er Tondas Messer hervor, ließ es aufschnappen, prü fte die Klinge. Die Klinge war blank, und sie blieb es auch. Er also, Krabat, schien auß er Gefahr zu sein – aber schon morgen konnte sich das geä ndert haben. Im Holzschuppen stand ein Sarg bereit. Krabat entdeckte ihn zufä llig, als er am Tag vor dem Heiligen Abend um Holz ging. Der Sarg war mit einem Stü ck Wagenplane zugedeckt. Krabat hä tte ihn kaum beachtet, wä re er nicht im Vorbeigehen mit dem Schienbein dagegengestoß en. Wer hatte den Sarg gezimmert? Seit wann stand er hier bereit – und fü r wen wohl? Die Frage ließ Krabat nicht los. Sie beschä ftigte ihn fü r den Rest des Tages, bis in den Traum hinein. Krabat hat einen Sarg gefunden, im Holzschuppen: einen Fichtensarg, der mit einem Stü ck Wagenplane bedeckt ist. Vorsichtig ö ffnet Krabat den Sarg und wirft einen Blick hinein – er ist leer. Da beschließ t er, den Sarg zu zerschlagen. Er findet es unerträ glich, dass er da steht und auf jemand wartet, der Sarg. Mit dem Handbeil macht Krabat sich an die Arbeit. Er trennt die Bretter, er spaltet sie auf, von oben bis unten, so oft es geht. Dann zerhackt er sie noch zu handlichen kleinen Scheitern, die will er in einen Korb packen, um sie Juro zu bringen, der soll sie ins Feuer schü ren. Wie er sich aber umschaut nach einem Korb, macht es klapp! – und der Sarg hat sich wieder zusammengesetzt, er ist heil und ganz.
185 Da geht Krabat zum zweitenmal mit dem Beil auf ihn los und macht Kleinholz daraus. Doch kaum ist er damit fertig, da macht es klapp! – und der Sarg ist ganz. Krabat versucht es (пытается) ein drittesmal, voller Wut nun. (полный ярости) Er hackt und hackt, dass die Spä ne fliegen, (рубит, так что щепки летят) bis alles zu einem Haufen winziger Splitter (мелкие стружки) zerdroschen ist (размолото: dreschen – молотить) – aber was nü tzt es ihm? Klapp! steht der Sarg wieder da, ohne Riss und Schramme: (без трещин и следов: «шрамов») er wartet auf den, der ihm sicher ist. (который ему предназначен) Vom Grauen gepackt, (охваченный ужасом) rennt Krabat hinaus in den Koselbruch. Schnee fä llt in dichtem Gestö ber (плотной стеной: das Gestö ber – метель, вьюга) und nimmt ihm die Sicht. (ничего не видно: «забирает у него видимость») Krabat weiß nicht, wohin er rennt. Er hat Angst, dass der Sarg ihn verfolgen kö nnte. (преследовать) Nach einiger Zeit bleibt er stehen (останавливается) und horcht zurü ck. (прислушивается) Kein Klappern (стука) auf hö lzernen Fü ß en – kein hohles Gepolter, (полого громыхания) wie er's befü rchtet hat... (как он того опасался) Dafü r wenige Schritte vor ihm: (зато за несколько шагов перед ним) ein Knirschen (скрежет) und Scharren, (шарканье) als grabe da jemand im Sand, (песок) und der Sand scheint gefroren zu sein. (кажется замерзшим) Krabat folgt dem Gerä usch, (следует шуму) er gelangt auf den Wü sten Plan. Im Schneetreiben (во вьюге: das Schneetreiben) nimmt er eine Gestalt wahr, (видит) die eine Grube aushebt, (роет, выкапывает) mit Hacke und Schaufel, (киркой и лопатой) am oberen Ende der Hü gelreihe, nahe dem Waldrand – dort, wo im Sommer die ü berzä hlige Kuckucksblume zu Boden gefallen ist. Krabat glaubt die Gestalt zu kennen. (ему кажется, что он знает, узнает этот образ, эту фигуру) Er weiß, dass er einen der Mü llerburschen vor sich hat – welchen, vermag er im Schneegestö ber nicht auszumachen. (не смог разобрать)
185 Da geht Krabat zum zweitenmal mit dem Beil auf ihn los und macht Kleinholz daraus. Doch kaum ist er damit fertig, da macht es klapp! – und der Sarg ist ganz. Krabat versucht es ein drittesmal, voller Wut nun. Er hackt und hackt, dass die Spä ne fliegen, bis alles zu einem Haufen winziger Splitter zerdroschen ist – aber was nü tzt es ihm? Klapp! steht der Sarg wieder da, ohne Riss und Schramme: er wartet auf den, der ihm sicher ist. Vom Grauen gepackt, rennt Krabat hinaus in den Koselbruch. Schnee fä llt in dichtem Gestö ber und nimmt ihm die Sicht. Krabat weiß nicht, wohin er rennt. Er hat Angst, dass der Sarg ihn verfolgen kö nnte. Nach einiger Zeit bleibt er stehen und horcht zurü ck. Kein Klappern auf hö lzernen Fü ß en – kein hohles Gepolter, wie er's befü rchtet hat... Dafü r wenige Schritte vor ihm: ein Knirschen und Scharren, als grabe da jemand im Sand, und der Sand scheint gefroren zu sein. Krabat folgt dem Gerä usch, er gelangt auf den Wü sten Plan. Im Schneetreiben nimmt er eine Gestalt wahr, die eine Grube aushebt, mit Hacke und Schaufel, am oberen Ende der Hü gelreihe, nahe dem Waldrand – dort, wo im Sommer die ü berzä hlige Kuckucksblume zu Boden gefallen ist. Krabat glaubt die Gestalt zu kennen. Er weiß, dass er einen der Mü llerburschen vor sich hat – welchen, vermag er im Schneegestö ber nicht auszumachen.
186 «He! » will er rufen. «Wer bist du? » Die Stimme versagt ihm, (голос отказывает ему) er bringt keinen Ton hervor. (не может издать ни звука) Und es ist ihm nicht mö glich, einen Schritt weiterzugehen. Er steht an dem Platz, wo er steht. Die Fü ß e sind festgefroren am Boden, (примерзли к земле) er kriegt sie nicht frei. (не может оторвать) «Verflucht! » (проклятье) denkt er. «Bin ich lahm geworden? (парализованным) – Ich muss die paar Schritte gehen... ich muss... ich muss...» Der Schweiß bricht ihm aus, (пот выступает) er nimmt seine letzte Kraft zusammen. (собирает свои последние силы) Die Fü ß e gehorchen ihm nicht. (не слушаются) Er kann tun, was er will: er kommt nicht vom Boden weg. Und es schneit, und es schneit – und es schneit ihn allmä hlich ein (и его постепенно покрывает снег)... Krabat erwachte in Schweiß gebadet. Er warf die Decke weg, riss sich (сорвал) das dampfende Hemd vom Leibe. Dann trat er ans Bodenfenster und blickte hinaus. Der Weihnachtsmorgen war angebrochen, (наступило) es hatte geschneit in der heiligen Nacht – und er sah eine frische Fuß spur, (след ноги) die fü hrte zum Koselbruch. Als er zum Brunnen ging, um sich zu waschen, kam Michal des Weges: mit Hacke und Schaufel. Gebü ckt (наклонившись) ging er, schleppenden Schrittes, (волоча ноги) fahl im Gesicht. (блёклый, бледный лицом) Als Krabat ihn ansprechen wollte, (когда хотел заговорить с ним) winkte er ab. (отмахнулся) Sie verstanden sich, ohne dass zwischen ihnen ein Wort fiel. Seither war Michal wie umgewandelt. (как подменили) Er schloss sich von Krabat und allen anderen ab, (закрылся, замкнулся) selbst (даже) von Merten. Wie eine Wand stand es zwischen ihnen und ihm, als sei er schon weit entrü ckt. (далеко отсюда: entrü cken – отталкивать, удалять; исчезать /из поля видения, из памяти/; rü cken – двигать)
186 «He! » will er rufen. «Wer bist du? » Die Stimme versagt ihm, er bringt keinen Ton hervor. Und es ist ihm nicht mö glich, einen Schritt weiterzugehen. Er steht an dem Platz, wo er steht. Die Fü ß e sind festgefroren am Boden, er kriegt sie nicht frei. «Verflucht! » denkt er. «Bin ich lahm geworden? – Ich muss die paar Schritte gehen... ich muss... ich muss...» Der Schweiß bricht ihm aus, er nimmt seine letzte Kraft zusammen. Die Fü ß e gehorchen ihm nicht. Er kann tun, was er will: er kommt nicht vom Boden weg. Und es schneit, und es schneit – und es schneit ihn allmä hlich ein... Krabat erwachte in Schweiß gebadet. Er warf die Decke weg, riss sich das dampfende Hemd vom Leibe. Dann trat er ans Bodenfenster und blickte hinaus. Der Weihnachtsmorgen war angebrochen, es hatte geschneit in der heiligen Nacht – und er sah eine frische Fuß spur, die fü hrte zum Koselbruch. Als er zum Brunnen ging, um sich zu waschen, kam Michal des Weges: mit Hacke und Schaufel. Gebü ckt ging er, schleppenden Schrittes, fahl im Gesicht. Als Krabat ihn ansprechen wollte, winkte er ab. Sie verstanden sich, ohne dass zwischen ihnen ein Wort fiel. Seither war Michal wie umgewandelt. Er schloss sich von Krabat und allen anderen ab, selbst von Merten. Wie eine Wand stand es zwischen ihnen und ihm, als sei er schon weit entrü ckt.
187 So kam der Silvesterabend (новогодний вечер) heran. Der Meister war seit dem Morgen verschwunden, (исчез: verschwinden) er zeigte sich nicht. Die Nacht brach herein, (наступила) die Mü hlknappen gingen zu Bett. Krabat, obgleich er beschlossen hatte, (хотя он решил) sich wach zu halten, (оставаться бодрствующим) schlief ein wie die anderen auch. Um Mitternacht wurde er wach und begann zu lauschen. (прислушиваться) Ein dumpfes Gepolter im Haus – und ein Schrei – und dann Stille. Merten, der Bä r (медведь) mit den breiten Schultern, begann wie ein Kind zu schluchzen. (рыдать) Krabat zog sich die Decke ü ber die Ohren, (натянул одеяло на уши) verkrallte (вцепился) die Finger im Strohsack und wü nschte sich, tot zu sein. Am Neujahrsmorgen fanden sie Michal. Er lag in der Mehlkammer auf dem Boden, der Wiegebalken war von der Decke gefallen, er hatte ihm das Genick (затылок: das Genick) zerschlagen. Sie legten ihn auf ein Brett und trugen ihn in die Gesindestube, dort nahmen sie Abschied von ihm. (простились с ним) Juro versorgte ihn, (позаботился о нем) zog ihm die Kleider aus, wusch ihn und bettete (уложил) ihn in den Fichtensarg, ein Strohbü ndel unterm Nacken. (с пучком соломы под затылком) Am Nachmittag trugen sie ihn hinaus auf den Wü sten Plan. Sie senkten ihn in die Grube am oberen Ende der Hü gelreihe, nahe dem Waldrand. Hastig (поспешно) begruben sie ihn, (похоронили) keinen Augenblick lä nger als nö tig (ни мгновения дольше, чем необходимо) verweilten (пробыли) die Burschen an seinem Grab. Merten allein blieb zurü ck. (остался, отстал)
187 So kam der Silvesterabend heran. Der Meister war seit dem Morgen verschwunden, er zeigte sich nicht. Die Nacht brach herein, die Mü hlknappen gingen zu Bett. Krabat, obgleich er beschlossen hatte, sich wach zu halten, schlief ein wie die anderen auch. Um Mitternacht wurde er wach und begann zu lauschen. Ein dumpfes Gepolter im Haus – und ein Schrei – und dann Stille. Merten, der Bä r mit den breiten Schultern, begann wie ein Kind zu schluchzen. Krabat zog sich die Decke ü ber die Ohren, verkrallte die Finger im Strohsack und wü nschte sich, tot zu sein. Am Neujahrsmorgen fanden sie Michal. Er lag in der Mehlkammer auf dem Boden, der Wiegebalken war von der Decke gefallen, er hatte ihm das Genick zerschlagen. Sie legten ihn auf ein Brett und trugen ihn in die Gesindestube, dort nahmen sie Abschied von ihm. Juro versorgte ihn, zog ihm die Kleider aus, wusch ihn und bettete ihn in den Fichtensarg, ein Strohbü ndel unterm Nacken. Am Nachmittag trugen sie ihn hinaus auf den Wü sten Plan. Sie senkten ihn in die Grube am oberen Ende der Hü gelreihe, nahe dem Waldrand. Hastig begruben sie ihn, keinen Augenblick lä nger als nö tig verweilten die Burschen an seinem Grab. Merten allein blieb zurü ck.
herumlungern – бездельничать verwaist; der Waise – осиротевший, одинокий; сирота dieStarre; erstarrt – оцепенение; оцепеневший sich verkriechen – прятаться, забраться kreisen – кружить quä lende Frage – мучительный вопрос auf der Hand liegen – быть понятным, очевидным das Licht ausblasen – потушить/задуть свет einen Blick werfen – глянуть, посмотреть stampfend und drö hnend – c гулом и грохотом es wurde leicht ums Herz – стало легко на сердце derKnirps – крошка, карапуз dasGespenst – приведение es mit der Angst (zu tun) – испугаться kriegen – получать recht klein fü r sein Alter – довольно маленький для своего возраста Das dritte Jahr Der Mohrenkö nig
188 Der Meister blieb wä hrend der nä chsten Tage verschwunden, in dieser Zeit stand die Mü hle still. Die Mü hlknappen lungerten auf den Pritschen herum, sie hockten am warmen Ofen. Hatte es einen Gesellen, der Michal hieß, auf der Mü hle im Koselbruch je gegeben? Selbst Merten sprach nicht von ihm, von frü h bis spä t saß er da und schwieg. Ein einziges Mal nur, am Abend des Neujahrstages, als Juro die Kleider des Toten gebracht und am Fuß ende der verwaisten Pritsche niedergelegt hatte, war er aus der Starre erwacht. Er war in die Scheune gelaufen und hatte sich bis zum anderen Morgen im Heu verkrochen. Seither verhielt er sich vö llig teilnahmslos, sah nichts und hö rte nichts, sagte und tat nichts – er saß bloß da. Krabats Gedanken kreisten in diesen Tagen stets um die gleiche quä lende Frage. Tonda und Michal, das schien auf der Hand zu liegen, hatten nicht zufä llig sterben mü ssen, beide in der Silvesternacht. Welches Spiel wurde da gespielt – und von wem und nach welchen Regeln? Der Mü ller blieb auß er Haus bis zum Vorabend des Dreikö nigstages. Witko wollte gerade das Licht ausblasen, da ö ffnete sich die Bodentü r. Der Meister erschien auf der Schwelle, bleich im Gesicht, wie mit Kalk bestrichen. Er warf einen Blick in die Runde. Dass Michal fehlte, schien er zu ü bersehen. «Geht an die Arbeit! » befahl er, dann machte er kehrt und verschwand fü r den Rest der Nacht. Hastig zogen die Burschen sich an, sie drä ngten zur Treppe. Petar und Staschko rannten zum Mü hlenweiher die Schleuse ö ffnen. Die anderen stolperten in die Mahlstube, schü tteten Korn auf und ließ en die Mü hle anlaufen. Stampfend und drö hnend kam sie in Fahrt, den Gesellen wurde es leicht ums Herz. «Sie mahlt wieder! » dachte Krabat. «Die Zeit geht weiter...» Um Mitternacht waren sie mit der Arbeit fertig. Als sie den Schlafraum betraten, sahen sie, dass auf der Pritsche, die Michal gehö rt hatte, jemand lag: ein Junge von vierzehn Jahren etwa, recht klein fü r sein Alter, das fiel ihnen auf – und er hatte ein schwarzes Gesicht, der Knirps, aber rote Ohren. Die Burschen umringten ihn voller Neugier, und Krabat, der die Laterne trug, richtete ihren Strahl auf ihn. Da erwachte der Kleine, und als er die elf Gespenster an seinem Lager stehen sah, kriegte er's mit der Angst. Krabat glaubte den Jungen zu kennen – woher nur?
zittern – дрожать unterbrechen – перебивать jetzt ging Krabat Licht auf– сейчас Крабат понял, до него дошло heuer – в нынешнем году, нынче dachten sich ihr's dabei – подумали при этом свое sich den Ofenruß werschrubben – стереть с себя печную сажу glü cken – удаваться machte sich ü ber die Grü tze – набросился на кашу wie ein Scheunendrescher – как молотильщик vertragen – сносить, зд. вместить в себя sich auf die faule Haut legen – бездельничать schief – косо, криво, не так, как должно быть mustern – рассматривать verblü ffen – озадачивать anderthalb Jahre – полтора года
189 «Vor uns brauchst du nicht zu zittern», sprach er ihn an. «Wir sind hier die Mü llerburschen. – Wie heiß t du denn? » «Lobosch. – Und du? » «Ich bin Krabat. Und dies hier...» Der Knirps mit dem schwarzen Gesicht unterbrach ihn. «Krabat? – Ich kannte mal einen, der Krabat hieß »Aber? » «Der mü sste jü nger sein.» Jetzt ging Krabat ein Licht auf. «Dann bist du der kleine Lobosch aus Maukendorf! » rief er. «Und schwarz bist du, weil du den Mohrenkö nig gemacht hast.» «Ja», sagte Lobosch, «heuer zum letztenmal. Denn nun bin ich hier Lehrjunge auf der Mü hle.» Das sagte er voller Stolz, und die Mü hlknappen dachten sich ihr's dabei. Am anderen Morgen, als Lobosch zum Frü hstü ck kam, trug er Michals Kleider. Er hatte versucht, sich den Ofenruß wegzuschrubben – es war ihm nicht ganz geglü ckt: in den Augenwinkeln und um die Nase war ihm ein Rest von Mohrenfarbe geblieben. «Was tut's! » meinte Andrusch. «Nach einem halben Tag in der Mehlkammer gibt sich das.» Der Kleine war hungrig, er machte sich ü ber die Grü tze her wie ein Scheunendrescher. Krabat, Andrusch und Staschko aß en mit ihm aus der gleichen Schü ssel. Es wunderte sie, wie viel er vertrug. «Wenn du so arbeitest, wie du iß t», meinte Staschko, «dann kö nnen wir andern uns auf die faule Haut legen! » Lobosch blickte ihn fragend an. «Soll ich weniger essen? » «Iß du nur! » sagte Krabat. «Du wirst deine Krä fte noch brauchen kö nnen! Wer bei uns Hunger leidet, ist selber schuld daran.» Lobosch, statt weiterzulö ffeln, legte den Kopf schief und musterte Krabat aus schmalen Augen. «Du kö nntest sein groß er Bruder sein.» «Wessen Bruder? » «Na, von dem anderen Krabat! Du weiß t ja, ich kannte einen.» «Der damals im Stimmbruch gewesen ist, wie? Und der euch dann in Groß -Partwitz sitzengelassen hat.» «Woher weiß t du das? » fragte Lobosch verblü fft – dann griff er sich an die Stirn. «Da siehst du mal», rief er, «wie man sich tä uschen kann! Damals dachte ich: anderthalb Jahre vielleicht, hö chstens zwei bist du ä lter als ich...» «Es sind fü nf», sagte Krabat.
Ä rger bekommen – заработать неприятности abwinken – махнуть рукой, покачать головой (в знак отказа) sich anders besinnen – передумать, подумать по другому Tauwetter setzte ein – началась оттепель es friert Stein und Bein – трескучий мороз: «мерзнет камень и кость» der Westwind blies – подул западный ветер hie und da – иной раз, от случая к случаю in einer Mulde – в низине, в овраге schä bige graue Reste – жалкие серые остатки der Westwind setzte stä rker zu – западный ветер усилился fahrig – беспокойный, суетливый besoffen – пьяный sich wä lzen – перекатываться reglos – неподвижно gute Weile – какое-то время
190 «Ich mö chte dich etwas fragen», begann der Kleine. «Wirst du mir antworten? » «Wenn ich kann...», meinte Krabat. «Du hilfst mir nun, seit ich hier auf der Mü hle bin», sagte Lobosch, «und hilfst mir, obgleich es der Meister nicht wissen darf, weil du sonst Ä rger bekommen wü rdest – das stimmt doch, das kann man sich an zwei Fingern ausrechnen...» «Ist es das», unterbrach ihn Krabat, «wonach du mich fragen wolltest? » «Nein», sagte Lobosch, «die Frage kommt erst noch.» «Und sie lautet? » «Sage mir, wie ich dir deine Hilfe danken kann.» «Danken? » erwiderte Krabat und wollte abwinken – da besann er sich anders. «Ich werde dir», sagte er, «eines Tages von meinen Freunden erzä hlen, von Tonda und Michal, die beide tot sind. Wenn du mir zuhö rst dabei, ist es Dank genug.» Gegen Ende des Monats Januar setzte Tauwetter ein, so heftig wie unerwartet. Gestern noch hatte es Stein und Bein gefroren im Koselbruch; heute blies seit den frü hen Morgenstunden der Westwind ums Haus, viel zu warm fü r die Jahreszeit. Und die Sonne schien, und der Schnee schmolz in wenigen Tagen zusammen, dass es zum Staunen war. Hie und da nur, in einem Graben, in einer Mulde, in einer Wagenspur hielten sich ein paar schä bige graue Reste – aber was zä hlten sie gegenü ber dem Braun der Wiesen, dem Schwarz der Maulwurfshü gel, dem ersten Schimmer von Grü n unterm welken Gras. «Ein Wetter», meinten die Mü hlknappen – «wie zu Ostern! » Der warme Westwind setzte den Burschen mit jedem Tag stä rker zu. Er machte sie mü de und fahrig, oder wie Andrusch sich ausdrü ckte: «wie besoffen». Sie schliefen unruhig wä hrend dieser Zeit, trä umten wirres Zeug durcheinander und redeten laut im Schlaf. Zwischendurch lagen sie lange wach und wä lzten sich auf den Strohsä cken hin und her. Nur Merten bewegte sich nie, der lag reglos auf seiner Pritsche und sprach selbst im Schlaf nicht. Krabat dachte in diesen Tagen viel an die Kantorka. Er hatte sich vorgenommen, zu Ostern mit ihr zu sprechen. Bis dahin, das wusste er, hatte es gute Weile. Dennoch beschä ftigte der Gedanke ihn, wo er ging und stand.
dazwischenkommen – помешать aufhalten – задержать gegenwä rtig – помнить, быть свежим в памяти den Weg einschlagen – выбрать дорогу nachgrü beln ü ber etw. – раздумывать о чем-л. Nebel ist aufgekommen – поднялся туман der Nebel nimmt ihm die Sicht из-за тумана ничего не видно sich weitertasten – идти на ощупь дальше sich festsaugen – присасываться, приклеиваться die Sohle – подошва, пятка der Rist – подъем (ноги) der Knö chel – щиколотка die Wade – икра (ноги) je mehr... desto... – чем... тем... was die Lunge hergibt – что есть мочи (кричать): «на сколько лёгкое позволяет»
191 Er war in den letzten Nä chten zwei-, dreimal im Traum unterwegs gewesen zur Kantorka, hatte sie aber nie erreicht, weil ihm jedesmal etwas dazwischengekommen war – etwas, woran er sich hinterher nicht erinnern konnte. Was war es gewesen? Was hatte ihn aufgehalten? Der Anfang des Traumes war ihm in aller Deutlichkeit gegenwä rtig. Da war er in einem gü nstigen Augenblick aus der Mü hle weggelaufen, von keinem gesehen, von niemand bemerkt. Er schlug nicht den ü blichen Weg nach Schwarzkollm ein: er wä hlte den Pfad durch das Moor, den Tonda ihn einst gefü hrt hatte, als sie vom Torfstich nach Hause gegangen waren. Bis hierher war alles klar, und dann wusste er nicht mehr weiter. Das quä lte ihn. Wä hrend er eines Nachts auf der Pritsche lag, wachgeworden vom Heulen des Windes, grü belte er aufs neue darü ber nach. Hartnä ckig wiederholte er in Gedanken den Anfang des Traumes ein drittes, ein viertes, ein sechstes Mal: bis er darü ber einschlief – und diesmal gelang es ihm endlich, den Traum zu Ende zu trä umen. Krabat ist aus der Mü hle weggelaufen. In einem gü nstigen Augenblick hat er sich aus dem Haus gestohlen, von keinem gesehen, von niemand bemerkt. Er will nach Schwarzkollm, zur Kantorka, doch er schlä gt nicht den ü blichen Weg ein: er wä hlt jenen Pfad durch das Moor, den Tonda ihn einst gefü hrt hat, wie sie vom Torfstich nach Hause gegangen sind. Drauß en im Moor wird er plö tzlich unsicher. Nebel ist aufgekommen, der nimmt ihm die Sicht. Zö gernd tastet sich Krabat weiter, auf schwankendem Boden. Hat er den Pfad verloren? Er merkt, wie das Moor sich festsaugt an seinen Sohlen, wie er mit jedem Schritt tiefer einsinkt darin: bis zum Rist... zu den Knö cheln dann... bald bis zur halben Wade. Er muss in ein Moorloch geraten sein. Je mehr er sich anstrengt, zurü ckzufinden auf festes Land, desto rascher versinkt er. Kalt wie der Tod ist das Moor, eine zä he, klebrige schwarze Masse. Er spü rt, wie es ihm die Knie umschließ t, dann die Oberschenkel, die Hü ften: bald wird es um ihn geschehen sein. Da beginnt er, solange die Brust noch frei ist, um Hilfe zu schreien. Er weiß, dass es wenig Sinn hat. Wer soll ihn hier drauß en hö ren? Trotzdem schreit er und schreit, was die Lunge hergibt.
retten – спасать ein Seil zuwerfen – бросить канат ein Querholz ist befestigt – закреплена поперечина sich festklammern – вцепиться verschlucken – проглотить, поглотить die Fittiche breiten – раскинуть крылья sich emporschwingen – взмыть в небо der Schrei eines Habichts gellt ihm ins Ohr – крик ястреба оглушает его: «резко звучит в ухо» ein Sausen, ein Pfeifen um Haaresbreite verfehlen – шум, свист чуть-чуть: «на ширину волоса» ins Leere stoß en – промахнуться, инуться в пустоту es geht ums Leben – речь идет о жизни и смерти auseinanderstiebendes Hü hnervolk – разбегающиеся курицы anherrschen – прикрикнуть es gibt kein Wenn und Aber – нет никаких возражений, сомнений
192 «Hilfe! » schreit er. «Rettet mich, ich versinke, rettet mich! » Der Nebel ist dichter geworden. So kommt es, dass Krabat die beiden Gestalten erst wahrnimmt, wie sie schon bis auf wenige Schritte heran sind. Er glaubt zu erkennen, dass Tonda und Michal da auf ihn zukommen. «Halt! » ruft er. «Stehen bleiben – da ist ein Moorloch! » Die beiden Gestalten im Nebel verschmelzen zu einer einzigen, das ist seltsam. Die eine Gestalt nun, zu der sich die beiden vereinigt haben, wirft ihm ein Seil zu, an dessen vorderem Ende ein Querholz befestigt ist. Krabat greift danach, klammert sich an dem Querholz fest – dann spü rt er, wie die Gestalt ihn am Seil aus dem Moor herauszieht auf festen Grund. Das geht schneller, als Krabat gedacht hat. Nun steht er vor seinem Retter und will ihm danken. «Lass gut sein», sagt Juro – und jetzt erst merkt Krabat, dass er es ist, der ihm herausgeholfen hat. «Wenn du wieder mal nach Schwarzkollm willst, solltest du lieber fliegen. «Fliegen? » fragt Krabat. «Wie meinst du das? » «Nun – wie man eben auf Flü geln fliegt. Das ist alles, was Juro antwortet, dann verschluckt ihn der Nebel. «Fliegen...» denkt Krabat. «Auf Flü geln fliegen...» Es wundert ihn, dass er nicht selber auf den Gedanken gekommen ist. Er verwandelt sich augenblicklich in einen Raben, wie er das jeden Freitag tut, breitet die Fittiche und erhebt sich vom Boden. Mit ein paar Flü gelschlä gen schwingt er sich ü ber den Nebel empor und hä lt auf Schwarzkollm zu. Im Dorf scheint die Sonne. Zu seinen Fü ß en sieht er die Kantorka, wie sie am unteren Brunnen steht, eine Strohschü ssel in der Hand, und die Hü hner fü ttert – da streift ihn ein Schatten, der Schrei eines Habichts gellt ihm ins Ohr. Dann hö rt er ein Sausen, ein Pfeifen, im letzten Augenblick dreht er im scharfen Winkel nach rechts ab. Um Haaresbreite verfehlt ihn der Habicht, er stö ß t ins Leere. Krabat weiß, dass es um sein Leben geht. Pfeilschnell, die Flü gel angelegt, stü rzt er sich in die Tiefe. Neben der Kantorka landet er, mitten im auseinanderstiebenden Hü hnervolk. Auf dem Erdboden nimmt er Menschengestalt an, nun ist er in Sicherheit. Blinzelnd schaut er zum Himmel empor. Der Habicht ist weg, ist verschwunden, vielleicht hat er abgedreht. Da steht plö tzlich der Meister am Brunnen, zornig streckt er die Linke nach Krabat aus. «Mitkommen! » herrscht er ihn an. «Warum? » fragt die Kantorka. «Weil er mir gehö rt! » «Nein», sagt sie, nur dieses eine Wort – und das sagt sie auf eine Weise, bei der es kein Wenn und Aber gibt. Sie legt Krabat den Arm um die Schulter, dann hü llt sie ihn in ihr wollenes Umtuch ein. Weich und warm ist es, wie ein Schutzmantel. «Komm», sagt sie. «Komm jetzt.» Und ohne sich umzublicken, gehen sie miteinander weg.
das Spind – узкий одностворчатый шкаф der Schemel – табурет sich davonmachen – скрыться, убежать der Zornausbruch – приступ гнева die Verwü nschung – проклятье spinnen – выдумывать: «прясть», мыслить неадекватно реальности mit einem Augenzwinkern – подмигнув глазом inwendig – в душе zu Eis erstarren – превратиться в лед sich einbrocken – натворить дел, заварить кашу entgegenschwappen – выплеснуться aufjaulen – взвыть seimig – густой, тягучий besorgen – позаботиться о чем-л in seiner Einfalt – по простоте душевной Fluchtversuche
193Am anderen Morgen stellte es sich heraus, dass Merten verschwunden war. Sein Schlafplatz war aufgerä umt, die Decke lag sauber zusammengefaltet am Fuß ende, Arbeitskittel und Schü rze hingen im Spind, unterm Schemel standen die Holzschuhe. Niemand hatte gesehen, wie Merten gegangen war. Sie bemerkten sein Fehlen erst, als er nicht zu Tisch kam. Da wurden sie stutzig und suchten ihn in der ganzen Mü hle, aber sie konnten ihn nirgends finden. «Er hat sich davongemacht», sagte Lyschko, «wir mü ssen's dem Meister melden! » Hanzo vertrat ihm den Weg. «Das ist Sache des Altgesellen – falls dir das neu sein sollte.» Alle erwarteten, dass der Mü ller die Nachricht von Mertens Verschwinden mit einem Zornesausbruch quittieren wü rde, mit Flü chen, Geschrei und Verwü nschungen. Nichts dergleichen geschah. Er habe vielmehr, so berichtete Hanzo den Burschen beim Mittagessen, die Sache nicht weiter ernst genommen. «Der Merten spinnt eben» – das sei alles gewesen, was er dazu gesagt habe; und die Frage des Altgesellen, was nun zu tun sei, habe er mit den Worten beantwortet: «Lass mal – der kommt von alleine wieder! » Und dies, so berichtete Hanzo weiter, habe der Meister mit einem Augenzwinkern gesagt, das sei schlimmer gewesen als tausend Flü che. «Da ist es mir inwendig kalt geworden, dass ich gemeint hab, ich muss auf der Stelle zu Eis erstarren. Wenn das bloß gut geht mit Merten! » «Ach was! » meinte Lyschko. «Wer aus der Mü hle weglä uft, muss wissen, was er sich einbrockt. Auß erdem kann er schon was vertragen, der Merten mit seinem breiten Buckel.» «Findest du? » fragte Juro. «Und ob! » sagte Lyschko. Er schlug zur Bekrä ftigung mit der Faust auf den Tisch: da schwappte es ihm aus der Suppenschü ssel entgegen – platsch! ins Gesicht, dass er aufjaulte, denn die Suppe war seimig und kochend heiß. «Wer war das? » rief Lyschko, sich Augen und Wangen abwischend. «Wer von euch? » Einer der Burschen musste es wohl gewesen sein, der es Lyschko auf diese Weise besorgt hatte, das war klar. Bloß Juro in seiner Einfalt schien an nichts Bö ses zu denken, ihm tat es leid um die gute Suppe.
auf den Tisch hauen – ударить по столу bei Einbruch der Dunkelheit – при наступлении темноты schelten (schalt) – ругаться, браниться verspotten – насмехаться zur Umkehr bewegen – заставить вернуться das Maul nicht auftun – помалкивать (рта: «пасть» не открывать) zwingen – вынуждать einerlei sein – все равно sich etwas vormachen – обманываться mit keiner Miene zucken – не дрогнуть, не повести и бровью: по-нем.: «лицом» sich verstellen – притворяться tun, als ob – делать вид, как будто бы missglü cken – не удаваться elend zumute sein – ощущать тяжесть на душе (elend – жалкий) das Wetter schlä gt um (schlug um) – погода резко меняется
194 «Ein nä chstesmal», meinte er, «solltest du nicht auf den Tisch hauen, Lyschko – wenigstens nicht so stark! » Mit Merten kam es, wie Krabat befü rchtet hatte: am Abend, bei Einbruch der Dunkelheit war er wieder da. Stumm stand er auf der Schwelle, den Kopf gesenkt. Der Meister empfing ihn in Gegenwart der Gesellen. Er schalt ihn nicht, er verspottete ihn. Wie ihm der kleine Ausflug bekommen sei? Ob es ihm auf den Dö rfern denn nicht gefallen habe, weil er so frü h schon zurü ckkehre – oder was sonst ihn zur Umkehr bewogen habe? «Magst du es mir nicht sagen, Merten? Ich merke seit Wochen, dass du das Maul nicht auftust. Aber ich zwinge dich nicht zu sprechen – es ist mir auch einerlei, ob du wieder weglä ufst. Versuch es doch ruhig! Versuch es, sooft du magst! Nur solltest du dir nichts vormachen, Merten. Was keiner bisher geschafft hat, das schaffst du auch nicht.» Merten zuckte mit keiner Miene. «Verstell dich nur», sagte der Meister. «Tu nur, als ob es dich kalt ließ e, dass dir die Flucht missglü ckt ist! Wir alle, ich und die elf da», er deutete auf die Mü llerburschen und Lobosch, «wir wissen es besser. Verschwinde jetzt! » Merten verkroch sich auf seine Pritsche. Den Burschen mit Ausnahme Lyschkos war elend zumute an diesem Abend. «Wir sollten ihm auszureden versuchen, dass er ein zweitesmal weglä uft», schlug Hanzo vor. «Dann versuch es doch! » meinte Staschko. «Ich kann mir nicht denken, dass es viel nü tzen wird.» «Nein», sagte Krabat. «Er lä sst sich da nicht hineinreden, fü rchte ich.» In der Nacht schlug das Wetter um. Als sie am Morgen vors Haus traten, war es windstill und bitterkalt drauß en. Eis auf den Fensterscheiben, Eis an den Rä ndern des Brunnentroges. Die Pfü tzen ringsum waren zugefroren, die Maulwurfshü gel zu festen Klumpen geworden, der Boden war knochenhart.
die Saat – посев auswintern – перезимовать sich einfinden – появиться, объявиться gierig – жадно ü ber die Grü tze herfallen – наброситься на кашу abermals – опять, снова sich davonstehlen – незаметно удалиться, скрыться heranwinken – подойти прихрамывая zum Fü rchten – страшно in Empfang nehmen – принять reiben – тереть schleunigst – как можно скорее sich den Spott sparen – воздержался от насмешки jmdm auskommen – уйти от кого-л. in Decken packen – укутывать в одеяло
195 «Schlecht fü r die Saat», meinte Petar. «Kein Schnee – und der Frost jetzt: da wird eine Menge auswintern auf den Feldern.» Krabat war froh, als Merten sich mit den andern zum Frü hstü ck einfand und gierig ü ber die Grü tze herfiel: er hatte wohl einiges nachzuholen von gestern. Dann gingen sie an die Arbeit, und keinem fiel auf, dass Merten sich abermals aus der Mü hle davonstahl, diesmal bei hellem Tageslicht. Erst mittags, als sie zu Tisch kamen, merkten sie, dass er wieder verschwunden war. Zwei Tage und Nä chte blieb Merten weg, das war lä nger, als je ein Ausreiß er es geschafft hatte, und sie hofften ihn schon ü ber alle Berge – da kam er am Morgen des dritten Tages ü ber die Wiesen herangewankt, auf die Mü hle zu: blaugefroren und mü de, mit einem Gesicht, das zum Fü rchten war. Krabat und Staschko nahmen ihn an der Tü r in Empfang, sie fü hrten ihn in die Stube. Petar zog ihm den einen Schuh aus, Kito den anderen. Hanzo ließ sich von Juro in einer Schü ssel eiskaltes Wasser bringen, dann steckte er Mertens erstarrte Fü ß e hinein und begann sie zu reiben. «Wir mü ssen ihn schleunigst zu Bett bringen», sagte er. «Hoffentlich hat er sich nicht den Hund geholt! » Wä hrend die Burschen um Merten bemü ht waren, ging die Tü r auf. Der Meister betrat die Stube, er sah ihnen eine Zeitlang zu. Diesmal sparte er sich den Spott. Er wartete, bis sie Merten hinaufbringen wollten, da sagte er: «Auf ein Wort noch, bevor ihr ihn wegschafft...», und nä her an Merten herantretend, meinte er: «Zweimal, finde ich, sollte genug sein, Merten. Es gibt keinen Weg fü r dich, der hier wegfü hrt – mir kommst du nicht aus! » Merten wä hlte noch diesen Morgen den dritten und, wie er meinte, den endgü ltig letzten Weg. Davon ahnten die Burschen nichts. Sie hatten ihn in den Schlafraum gebracht, ihm was Heiß es zu trinken eingeflö ß t, ihn zu Bett gelegt und in Decken gepackt. Hanzo war oben geblieben und hatte so lang auf der Nachbarpritsche gesessen und ihn beobachtet, bis er davon ü berzeugt war, Merten sei eingeschlafen und brauche ihn nicht mehr: da war er dann auch hinuntergegangen, um mit den anderen in der Mü hle zu arbeiten.
die Mü hlsteine nachschä rfen – подтачивать мельничные камни ü berholen – зд. ремонтировать dran sein – быть на очереди die Zargen lö sen – распустить, освободить ободы das Mahlwerk anhalten – остановить механизм мельницы sich erhä ngen – повеситься aufklappen – откидываться, раскрыться von einem Bannkreis umgeben sein – быть окруженным заколдованным кругом keinen Zollbreit weiterkommen – не приблизиться ни на пядь mit Daumen und Zeigefinger – большим и указательным пальцем sich bü cken – нагнуться, наклониться ein dumpfer Aufschlag – глухой звук schlaff wie ein Sack voll Lumpen – безжизненный, как мешок тряпья rö cheln – хрипеть der Stü mper – халтурщик
196 Krabat und Staschko waren seit einigen Tagen damit beschä ftigt, die Mü hlsteine nachzuschä rfen. Vier Mahlgä nge hatten sie ü berholt, der fü nfte war heute dran. Sie wollten gerade die Zargen lö sen, um an die Steine heranzukommen – da wurde die Tü r zur Mahlstube aufgerissen, und Lobosch stü rzte herein: schneeweiß im Gesicht, die Augen von Angst geweitet. Er fuchtelte mit den Armen, er schrie – und er schien, wie es aussah, immer das gleiche zu schreien. Die Mü hlknappen konnten ihn erst verstehen, als Hanzo das Mahlwerk anhielt: da wurde es still in der Mü hle, nur Lobosch war jetzt zu hö ren. «Er hat sich erhä ngt! » rief er. «Merten hat sich erhä ngt! In der Scheune! Kommt schnell, kommt schnell! » Er fü hrte sie an den Ort, wo er Merten gefunden hatte: von einem Balken im hintersten Winkel der Scheune hing er herab, einen Kä lberstrick um den Hals. «Wir mü ssen ihn abschneiden! » Staschko merkte als erster, dass Merten noch lebte. «Wir mü ssen ihn abschneiden! » Andrusch, Hanzo, Petar und Krabat: wer von den Burschen ein Messer hatte, klappte es auf. Doch keinem gelang es, an Merten heranzukommen. Er war wie von einem Bannkreis umgeben. Drei Schritte waren das ä uß erste, was sie schafften: dann kamen sie keinen Zollbreit weiter, als klebten sie mit den Sohlen an Fliegenleim. Krabat fasste die Spitze des Messers mit Daumen und Zeigefinger, er zielte, er warf es – und traf den Strick. Er traf ihn, aber das Messer fiel kraftlos zu Boden. Da lachte jemand. Der Meister war in die Scheune gekommen. Er blickte die Burschen an, als wä ren sie nichts als ein Haufen Dreck. Er bü ckte sich nach dem Messer. Ein Schnitt – und ein dumpfer Aufschlag. Schlaff wie ein Sack voll Lumpen fiel der Erhä ngte zu Boden. Da lag er nun, lag dem Meister zu Fü ß en und rö chelte. «Stü mper! » Der Meister sagte es voller Abscheu, dann ließ er das Messer fallen, und spuckte vor Merten aus. Sie fü hlten sich alle angespuckt, alle – und das, was der Meister sagte, sie spü rten es, galt ihnen insgesamt, ohne Ausnahme. «Wer auf der Mü hle stirbt, das bestimme ich! » rief er. «Ich allein! » Dann ging er hinaus, und nun war es an ihnen, sich Mertens anzunehmen. Hanzo lö ste die Schlinge von seinem Hals, Petar und Staschko trugen ihn in die Schlafkammer. Krabat hob Tondas Messer vom Boden auf, und bevor er es in die Tasche schob, rieb er die Schalen des Griffes mit einem Strohwisch ab. Verschwollen sein – быть опухшим keinen Bissen hinunterbringen – не проглотить ни кусочка die Burschen einteilen– назначить, распределить парней Nachtwache halten – дежурить ночью sich etwas antun – причинить себе что-л. sich einig sein – быть единодушными в чем-л. trachten – стремиться, добиваться sich einprä gen – крепко запомнить: «запечатлеть» gleichkommen – равняться ein erster Anhalt – первый предлог, основание den Harmlosen, Braven, Gehorsamen spielen – играть в безобидного, хорошего, послушного bedacht sein auf etw. – думать о чем-л. die Stunde der Abrechnung – час расплаты sich widmen – посвятить себя mit doppeltem Eifer – с двойным усердием
Schnee auf die Saaten
197 Merten war krank, er blieb es fü r lange Zeit. Anfangs hatte er hohes Fieber, sein Hals war verschwollen, er litt unter Atemnot. Wä hrend der ersten Tage brachte er keinen Bissen hinunter; spä ter gelang es ihm dann und wann, einen Lö ffel Suppe zu schlucken. Hanzo hatte die Burschen so eingeteilt, dass tagsü ber stä ndig jemand in Mertens Nä he war und ihn nicht aus den Augen ließ. Auch Nachtwache hielten sie eine Zeitlang bei ihm, weil sie fü rchteten, dass er im Fieber versuchen kö nnte, sich abermals etwas anzutun. Bei klarem Verstande, da waren sich alle einig, wü rde selbst Merten nicht mehr zum Strick greifen oder sich sonstwie ums Leben zu bringen trachten: der Mü ller hatte ja keinen Zweifel daran gelassen, dass dies kein Weg war, um aus dem Koselbruch wegzukommen. «Wer auf der Mü hle stirbt, das bestimme ich! » Die Worte des Meisters hatten sich Krabat tief eingeprä gt. Kamen sie nicht der Antwort auf jene Frage gleich, die er sich nach der letzten Silvesternacht immer wieder gestellt hatte: wen die Schuld traf an Tondas und Michals Tod? Noch war es, bei Licht besehen, nicht mehr als ein erster Anhalt, der sich ihm da geboten hatte: nicht mehr – aber auch nicht weniger. Jedenfalls wü rde er eines Tages, wenn alles geklä rt war, den Meister zur Rechenschaft ziehen mü ssen, das schien ihm so gut wie sicher. Bis dahin durfte er sich nichts anmerken lassen. Er musste den Harmlosen spielen, den Braven, Gehorsamen, der von nichts eine Ahnung hatte – und musste doch jetzt schon darauf bedacht sein, sich auf die Stunde der Abrechnung vorzubereiten, indem er sich den Geheimen Wissenschaften mit doppeltem Eifer widmete.
der Frost hielt an – мороз держался mit unvermindeter Strenge – с неослабевающей силой: «строгостью» auf die Lausekä lte schimpfen – ругать проклятый: «вшивый» холод der Greis – старик weiß bä rtig und verhutzelt – белобородый и дряхлый bä urisch gekleidet – одетый по-крестьянски in Hirtenmä ntel gehü llt – укутанный в пастушечьи одежды die Wintermü tzen tief in die Stirn gezogen – натянув зимние шапки на самый лоб sich verirren – заблудиться auf die Mü hle geradenwegs zuhalten – держать путь прямо на мельницу Einlass begehren – требовать: «желать» допуска, разрешения войти der Scholta = der Schulze – (сельский) староста jmdm Gruß entbieten – приветствовать кого-л. jmdm das Wort abschneiden – не дать сказать кому-л.: «обрезать слово» ohne Umschweif – прямо, без обиняков (говорить)
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