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Frankreich-Kult der Presse



Verbeugung riß und über ein zufälliges Schweifwedeln außer Rand und Band geriet, nun mit scheinbar besorgter Miene, aber, wie mir schien, schlecht verhehlter Boshaftigkeit ihren Bedenken gegen den Deutschen Kaiser Ausdruck verlieh. Es läge ihr ferne, sich etwa in die Verhältnisse des Deutschen Reiches einmischen zu wollen - nein, Gott bewahre -, aber indem man in so freundschaftlicher Weise die Finger auf diese Wunden lege, erfülle man ebensosehr die Pflicht, die der Geist des gegenseitigen Bündnisses auferlege, wie man umgekehrt auch der journalistischen Wahrheit genüge usw. Und nun bohrte dann dieser Finger in der Wunde nach Herzenslust herum.

Mir schoß in solchen Fällen das Blut in den Kopf.

Das war es, was mich die große Presse schon nach und nach vorsichtiger betrachten ließ.

Daß eine der antisemitischen Zeitungen, das "Deutsche Volksblatt", anläßlich einer solchen Angelegenheit sich anständiger verhielt, mußte ich einmal anerkennen.

Was mir weiter auf die Nerven ging, war der doch widerliche Kult, den die große Presse schon damals mit Frankreich trieb. Man mußte sich geradezu schämen, Deutscher zu sein, wenn man diese süßlichen Lobeshymnen auf die "große Kulturnation" zu Gesicht bekam. Dieses erbärmliche Französeln ließ mich öfter als einmal eine dieser "Weltzeitungen" aus der Hand legen. Ich griff nun überhaupt manchmal nach dem "Volksblatt", das mir freilich viel kleiner, aber in diesen Dingen etwas reinlicher vorkam. Mit dem scharfen antisemitischen Tone war ich nicht einverstanden, allein ich las auch hin und wieder Begründungen, die mir einiges Nachdenken verursachten.

Jedenfalls lernte ich aus solchen Anlässen langsam den Mann und die Bewegung kennen, die damals Wiens Schicksal bestimmten: Dr. Karl Lueger und die christlich-soziale Partei.

Als ich nach Wien kam, stand ich beiden feindselig gegenüber. Der Mann und die Bewegung galten in meinen Augen als "reaktionär".

Wandlung zum Antisemiten

Das gewöhnliche Gerechtigkeitsgefühl aber mußte dieses Urteil in eben dem Maße abändern, in dem ich Gelegenheit erhielt, Mann und Werk kennenzulernen; und langsam wuchs die gerechte Beurteilung zur unverhohlenen Bewunderung. Heute sehe ich in dem Manne mehr noch als früher den gewaltigsten deutschen Bürgermeister aller Zeiten.

Wie viele meiner vorsätzlichen Anschauungen wurden aber durch eine solche Änderung meiner Stellungnahme zur christlich-sozialen Bewegung umgeworfen!

Wenn dadurch langsam auch meine Ansichten in bezug auf den Antisemitismus dem Wechsel der Zeit unterlagen, dann war dies wohl meine schwerste Wandlung überhaupt.

Sie hat mir die meisten inneren seelischen Kämpfe gekostet, und erst nach monatelangem Ringen zwischen Verstand und Gefühl begann der Sieg sich auf die Seite des Verstandes zu schlagen. Zwei Jahre später war das Gefühl dem Verstande gefolgt, um von nun an dessen treuester Wächter und Warner zu sein.

In der Zeit dieses bitteren Ringens zwischen seelischer Erziehung und kalter Vernunft hatte mir der Anschauungsunterricht der Wiener Straße unschätzbare Dienste geleistet. Es kam die Zeit, da ich nicht mehr wie in den ersten Tagen blind durch die mächtige Stadt wandelte, sondern mir offenem Auge außer den Bauten auch die Menschen besah.

Als ich einmal so durch die innere Stadt strich, stieß ich plötzlich auf eine Erscheinung in langem Kaftan mit schwarzen Locken.

Ist dies auch ein Jude? war mein erster Gedanke.

So sahen sie freilich in Linz nicht aus. Ich beobachtete den Mann verstohlen und vorsichtig, allein je länger ich in dieses fremde Gesicht starrte und forschend Zug um Zug prüfte, um so mehr wandelte sich in meinem Gehirn die erste Frage zu einer anderen Fassung:

Ist dies auch ein Deutscher?

Wie immer in solchen Fällen begann ich nun zu versuchen, mir die Zweifel durch Bücher zu beheben. Ich kaufte mir damals um wenige Heller die ersten antisemitischen

Wandlung zum Antisemiten

Broschüren meines Lebens. Sie gingen leider nur alle von dem Standpunkt aus, daß im Prinzip der Leser wohl schon die Judenfrage bis zu einem gewissen Grade mindestens kenne oder gar begreife. Endlich war die Tonart meistens so, daß mir wieder Zweifel kamen infolge der zum Teil so flachen und außerordentlich unwissenschaftlichen Beweisführung für die Behauptung.

Ich wurde dann wieder rückfällig auf Wochen, ja einmal auf Monate hinaus.

Die Sache schien mir so ungeheuerlich, die Bezichtigung so maßlos zu sein, daß ich gequält von der Furcht, Unrecht zu tun, wieder ängstlich und unsicher wurde.

Freilich daran, daß es sich hier nicht um Deutsche einer besonderen Konfession handelte, sondern um ein Volk für sich, konnte auch ich nicht mehr gut zweifeln; denn seit ich mich mit dieser Frage zu beschäftigen begonnen hatte, auf den Juden erst einmal aufmerksam wurde, erschien mir Wien in einem anderen Lichte als vorher. Wo immer ich ging, sah ich nun Juden, und je mehr ich sah, um so schärfer sonderten sie sich für das Auge von den anderen Menschen ab. Besonders die innere Stadt und die Bezirke nördlich des Donaukanals wimmelten von einem Volke, das schon äußerlich eine Ähnlichkeit mit dem deutschen nicht mehr besaß.

Aber wenn ich daran noch gezweifelt hätte, so wurde das Schwanken endgültig behoben durch die Stellungnahme eines Teiles der Juden selber.

Eine große Bewegung unter ihnen, die in Wien nicht wenig umfangreich war, trat auf das schärfste für die Bestätigung des völkischen Charakters der Judenschaft ein: der Zionismus.

Wohl hatte es den Anschein, als ob nur ein Teil der Juden diese Stellungnahme billigen würde, die große Mehrheit aber eine solche Festlegung verurteile, ja innerlich ablehne. Bei näherem Hinsehen zerflatterte aber dieser Anschein in einen üblen Dunst von aus reinen Zweckmäßigkeitsgründen vorgebrachten Ausreden, um nicht zu sagen Lügen. Denn das sogenannte Judentum liberaler

Wandlung zum Antisemiten

Denkart lehnte ja die Zionisten nicht als Nichtjuden ab, sondern nur als Juden von einem unpraktischen, ja vielleicht sogar gefährlichen öffentlichen Bekenntnis zu ihrem Judentum.

An ihrer inneren Zusammengehörigkeit änderte sich gar nichts.

Dieser scheinbare Kampf zwischen zionistischen und liberalen Juden ekelte mich in kurzer Zeit schon an; war er doch durch und durch unwahr, mithin verlogen und dann aber wenig passend zu der immer behaupteten sittlichen Höhe und Reinheit dieses Volkes.

Überhaupt war die sittliche und sonstige Reinlichkeit dieses Volkes ein Punkt für sich. Daß es sich hier um keine Wasserliebhaber handelte, konnte man ihnen ja schon am Äußeren ansehen, leider sehr oft sogar bei geschlossenem Auge. Mir wurde bei dem Geruche dieser Kaftanträger später manchmal über. Dazu kam noch die unsaubere Kleidung und die wenig heldische Erscheinung.

Dies alles konnte schon nicht sehr anziehend wirken; abgestoßen mußte man aber werden, wenn man über die körperliche Unsauberkeit hinaus plötzlich die moralischen Schmutzflecken des auserwählten Volkes entdeckte.

Nichts hatte mich in kurzer Zeit so nachdenklich gestimmt als die langsam aufsteigende Einsicht in die Art der Betätigung der Juden auf gewissen Gebieten.

Gab es denn da einen Unrat, eine Schamlosigkeit in irgendeiner Form, vor allem des kulturellen Lebens, an der nicht wenigstens ein Jude beteiligt gewesen wäre?

Sowie man nur vorsichtig in eine solche Geschwulst hineinschnitt, fand man, wie die Made im faulenden Leibe, oft ganz geblendet vom plötzlichen Lichte, ein Jüdlein.

Es war eine schwere Belastung, die das Judentum in meinen Augen erhielt, als ich seine Tätigkeit in der Presse, in Kunst, Literatur und Theater kennenlernte. Da konnten nun alle salbungsvollen Beteuerungen wenig oder nichts mehr nützen. Es genügte schon, eine der Anschlagsäulen zu betrachten, die Namen der geistigen Erzeuger dieser gräßlichen Machwerke für Kino und Theater, die da angepriesen

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wurden, zu studieren, um auf längere Zeit hart zu werden. Das war Pestilenz, geistige Pestilenz, schlimmer als der schwarze Tod von einst, mit der man da das Volk infizierte. Und in welcher Menge dabei dieses Gift erzeugt und verbreitet wurde! Natürlich, je niedriger das geistige und sittliche Niveau eines solchen Kunstfabrikanten ist, um so unbegrenzter aber seine Fruchtbarkeit, bis so ein Bursche schon mehr wie eine Schleudermaschine seinen Unrat der anderen Menschheit ins Antlitz spritzt. Dabei bedenke man noch die Unbegrenztheit ihrer Zahl; man bedenke daß auf einen Goethe die Natur immer noch leicht zehntausend solcher Schmierer der Mitwelt in den Pelz setzt, die nun als Bazillenträger schlimmster Art die Seelen vergiften.

Es war entsetzlich, aber nicht zu übersehen, daß gerade der Jude in überreichlicher Anzahl von der Natur zu dieser schmachvollen Bestimmung auserlesen schien.

Sollte seine Auserwähltheit darin zu suchen sein?

Ich begann damals sorgfältig die Namen all der Erzeuger dieser unsauberen Produkte des öffentlichen Kunstlebens zu prüfen. Das Ergebnis war ein immer böseres für meine bisherige Haltung der Juden gegenüber. Mochte sich da das Gefühl auch noch tausendmal sträuben, der Verstand mußte seine Schlüsse ziehen.

Die Tatsache, daß neun Zehntel alles literarischen Schmutzes, künstlerischen Kitsches und theatralischen Blödsinns auf das Schuldkonto eines Volkes zu schreiben sind, das kaum ein Hundertstel aller Einwohner im Lande beträgt, ließ sich einfach nicht wegleugnen; es war eben so.

Auch meine liebe "Weltpresse" begann ich nun von solchen Gesichtspunkten aus zu prüfen.

Je gründlicher ich aber hier die Sonde anlegte, um so mehr schrumpfte der Gegenstand meiner einstigen Bewunderung zusammen. Der Stil war immer unerträglicher, den Inhalt mußte ich als innerlich seicht und flach ablehnen, die Objektivität der Darstellung schien mir nun mehr Lüge zu sein als ehrliche Wahrheit; die Verfasser aber waren - Juden.

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Tausend Dinge, die ich früher kaum gesehen, fielen mir nun als bemerkenswert auf, andere wieder, die mir schon einst zu denken gaben, lernte ich begreifen und verstehen.

Die liberale Gesinnung dieser Presse sah ich nun in einem anderen Lichte, ihr vornehmer Ton im Beantworten von Angriffen sowie das Totschweigen derselben enthüllte sich mir jetzt als ebenso kluger wie niederträchtiger Trick; ihre verklärt geschriebenen Theaterkritiken galten immer dem jüdischen Verfasser, und nie traf ihre Ablehnung jemand anderen als den Deutschen. Das leise Sticheln gegen Wilhelm II. ließ in der Beharrlichkeit die Methode erkennen, genau so wie das Empfehlen französischer Kultur und Zivilisation. Der kitschige Inhalt der Novelle wurde nun zur Unanständigkeit, und aus der Sprache vernahm ich Laute eines fremden Volkes; der Sinn des Ganzen aber war dem Deutschtum so ersichtlich abträglich, daß dies nur gewollt sein konnte.

Wer aber besaß daran ein Interesse?

War dies alles nur Zufall?

So wurde ich langsam unsicher.

Beschleunigt wurde die Entwicklung aber durch Einblicke, die ich in eine Reihe anderer Vorgänge erhielt. Es war dies die allgemeine Auffassung von Sitte und Moral, wie man sie von einem großen Teil des Judentums ganz offen zur Schau getragen und betätigt sehen konnte.

Hier bot wieder die Straße einen manchmal wahrhaft bösen Anschauungsunterricht.

Das Verhältnis des Judentums zur Prostitution und mehr noch zum Mädchenhandel selber konnte man in Wien studieren wie wohl in keiner sonstigen westeuropäischen Stadt, südfranzösische Hafenorte vielleicht ausgenommen. Wenn man abends so durch die Straßen und Gassen der Leopoldstadt lief, wurde man auf Schritt und Tritt, ob man wollte oder nicht, Zeuge von Vorgängen, die dem Großteil des deutschen Volkes verborgen geblieben waren, bis der Krieg den Kämpfern an der Ostfront Gelegenheit gab, Ähnliches ansehen zu können, besser gesagt, ansehen zu müssen.

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Als ich zum ersten Male den Juden in solcher Weise als den ebenso eisig kalten wie schamlos geschäftstüchtigen Dirigenten dieses empörenden Lasterbetriebes des Auswurfes der Großstadt erkannte, lief mir ein leichtes Frösteln über den Rücken.

Dann aber flammte es auf.

Nun wich ich der Erörterung der Judenfrage mich nicht mehr aus, nein, nun wollte ich sie. Wie ich aber so in allen Richtungen des kulturellen und künstlerischen Lebens und seinen verschiedenen Äußerungen nach dem Juden suchen lernte, stieß ich plötzlich an einer Stelle auf ihn, an der ich ihn am wenigsten vermutet hätte.

Indem ich den Juden als Führer der Sozialdemokratie erkannte, begann es mir wie Schuppen von den Augen zu fallen. Ein langer innerer Seelenkampf fand damit seinen Abschluß.

Schon im tagtäglichen Verkehr mit meinen Arbeitsgenossen fiel mir die erstaunliche Wandlungsfähigkeit auf, mit der sie zu einer gleichen Frage verschiedene Stellungen einnahmen, manchmal in einem Zeitraume von wenigen Tagen oft auch nur wenigen Stunden. Ich konnte schwer verstehen, wie Menschen, die, allein gesprochen, immer noch vernünftige Anschauungen besaßen, diese plötzlich verloren, sowie sie in den Bannkreis der Masse gelangten. Es war oft zum Verzweifeln. Wenn ich nach stundenlangem Zureden schon überzeugt war, dieses Mal endlich das Eis gebrochen oder einen Unsinn aufgeklärt zu haben und mich schon des Erfolges herzlich freute, dann mußte ich zu meinem Jammer am nächsten Tage wieder von vorne beginnen; es war alles umsonst gewesen. Wie ein ewiges Pendel schien der Wahnsinn ihrer Anschauungen immer von neuem zurückzuschlagen.

Alles vermochte ich dabei noch zu begreifen: daß sie mit ihrem Lose unzufrieden waren, das Schicksal verdammten, welches sie oft so herbe schlug; die Unternehmer haßten, die ihnen als herzlose Zwangsvollstrecker dieses Schicksals erschienen; auf die Behörden schimpften, die in ihren Augen kein Gefühl für die Lage besaßen; daß sie gegen Lebensmittelpreise

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demonstrierten und für ihre Forderungen auf die Straße zogen, alles dies konnte man mit Rücksicht auf Vernunft mindestens noch verstehen. Was aber unverständlich bleiben mußte, war der grenzenlose Haß, mit dem sie ihr eigenes Volkstum belegten, die Größe desselben schmähten, seine Geschichte verunreinigten und große Männer in die Gosse zogen.

Dieser Kampf gegen die eigene Art, das eigene Nest, die eigene Heimat war ebenso sinnlos wie unbegreiflich. Das war unnatürlich.

Man konnte sie von diesem Laster vorübergehend heilen, jedoch nur auf Tage, höchstens Wochen. Traf man aber später den vermeintlich Bekehrten, dann war er wieder der alte geworden. Die Unnatur hatte ihn wieder in ihrem Besitze.

*

Daß die sozialdemokratische Presse überwiegend von Juden geleitet war, lernte ich allmählich kennen; allein, ich schrieb diesem Umstande keine besondere Bedeutung zu, lagen doch die Verhältnisse bei den anderen Zeitungen genau so. Nur eines war vielleicht auffallend; es gab nicht ein Blatt, bei dem sich Juden befanden, das als wirklich national angesprochen hätte werden können, so wie dies in der Linie meiner Erziehung und Auffassung gelegen war.

Da ich mich nun überwand und diese Art von marxistischen Presseerzeugnissen zu lesen versuchte, die Abneigung aber in eben diesem Maße ins Unendliche wuchs, suchte ich nun auch die Fabrikanten dieser zusammengefaßten Schurkereien näher kennenzulernen.

Es waren, vom Herausgeber angefangen, lauter Juden.

Ich nahm die mir irgendwie erreichbaren sozialdemokratischen Broschüren und suchte die Namen ihrer Verfasser: Juden. Ich merkte mir die Namen fast aller Führer; es waren zum weitaus größten Teil ebenfalls Angehörige des "auserwählten Volkes", mochte es sich dabei um die Vertreter im Reichsrat handeln oder um die Sekretäre der

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Gewerkschaften, die Vorsitzenden der Organisationen oder die Agitatoren der Straße. Es ergab sich immer das gleiche unheimliche Bild. Die Namen der Austerlitz, David, Adler, Ellenbogen usw. werden mir ewig in Erinnerung bleiben. Das eine war mir nun klar geworden: die Partei, mit deren kleinen Vertretern ich seit Monaten den heftigsten Kampf auszufechten hatte, lag in ihrer Führung fast ausschließlich in den Händen eines fremden Volkes; denn daß der Jude kein Deutscher war, wußte ich zu meiner inneren glücklichen Zufriedenheit schon endgültig.

Nun aber erst lernte ich den Verführer unseres Volkes ganz kennen.

Schon ein Jahr meines Wiener Aufenthaltes hatte genügt, um mir die Überzeugung beizubringen, daß kein Arbeiter so verbohrt sein konnte, als daß er nicht besserem Wissen und besserer Erklärung erlegen wäre. Ich war langsam Kenner ihrer eigenen Lehre geworden und verwendete sie als Waffe im Kampfe für meine innere Überzeugung.

Fast immer legte sich nun der Erfolg auf meine Seite.

Die große Masse war zu retten, wenn auch nur nach schwersten Opfern an Zeit und Geduld.

Niemals aber war ein Jude von seiner Anschauung zu befreien.

Ich war damals noch kindlich genug, ihnen den Wahnsinn ihrer Lehre klarmachen zu wollen, redete mir in meinem kleinen Kreise die Zunge wund und die Kehle heiser und vermeinte, es müßte mir gelingen, sie von der Verderblichkeit ihres marxistischen Irrsinns zu überzeugen; allein dann erreichte ich erst recht nur das Gegenteil. Es schien, als ob die steigende Einsicht von der vernichtenden Wirkung sozialdemokratischer Theorien und ihrer Erfüllung nur zur Verstärkung ihrer Entschlossenheit dienen würde.

Je mehr ich dann so mit ihnen stritt, um so mehr lernte ich ihre Dialektik kennen. Erst rechneten sie mit der Dummheit ihres Gegners, um dann, wenn sich ein Ausweg nicht mehr fand, sich selber einfach dumm zu stellen. Nützte alles nicht, so verstanden sie nicht recht oder sprangen, gestellt,

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augenblicklich auf ein anderes Gebiet über, brachten nun Selbstverständlichkeiten, deren Annahme sie aber sofort wieder auf wesentlich andere Stoffe bezogen, um nun, wieder angefaßt, auszuweichen und nichts Genaues zu wissen. Wo immer man so einen Apostel angriff, umschloß die Hand qualligen Schleim; das quoll einem geteilt durch die Finger, um sich im nächsten Moment schon wieder zusammenzuschließen. Schlug man aber einen wirklich so vernichtend, daß er, von der Umgebung beobachtet, nicht mehr anders als zustimmen konnte, und glaubte man, so wenigstens einen Schritt vorwärtsgekommen zu sein, so war das Erstaunen am nächsten Tag groß. Der Jude wußte nun von gestern nicht mehr das geringste, erzählte seinen alten Unfug wieder weiter, als ob überhaupt nichts vorgefallen wäre, und tat, empört zur Rede gestellt, erstaunt, konnte sich an rein gar nichts erinnern, außer an die doch schon am Vortage bewiesene Richtigkeit seiner Behauptungen.

Ich stand manches Mal starr da.

Man wußte nicht, was man mehr bestaunen sollte: ihre Zungenfertigkeit oder ihre Kunst der Lüge.

Ich begann sie allmählich zu hassen.

Dies alles hatte nun das eine Gute, daß in eben dem Umfange, in dem mir die eigentlichen Träger oder wenigstens die Verbreiter der Sozialdemokratie ins Auge fielen, die Liebe zu meinem Volke wachsen mußte. Wer konnte auch bei der teuflischen Gewandtheit dieser Verführer das unselige Opfer verfluchen? Wie schwer war es doch mir selber, der dialektischen Verlogenheit dieser Rasse Herr zu werden! Wie vergeblich aber war ein solcher Erfolg bei Menschen, die die Wahrheit im Munde verdrehen, das soeben gesprochene Wort glatt verleugnen, um es schon in der nächsten Minute für sich selbst in Anspruch zu nehmen.

Nein. Je mehr ich den Juden kennenlernte, um so mehr mußte ich dem Arbeiter verzeihen.

Die schwerste Schuld lag nun in meinen Augen nicht mehr bei ihm, sondern bei all denen, die es nicht der Mühe wert fanden, sich seiner zu erbarmen, in eiserner Gerechtigkeit dem Sohne des Volkes zu geben, was ihm gebührt,


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