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Nur eine Doktrin: Volk und Vaterland



neue Einrichtung unsichtbar zu machen, hat man verzichtet - nur die Bretterwände vor den Köpfen aller sogenannten "Sachverständigen" blieben auch der Nachwelt erhalten.

Zweitens aber soll man sich folgendes merken: Jede und auch die beste Idee wird zur Gefahr, wenn sie sich einbildet, Selbstzweck zu sein, in Wirklichkeit jedoch nur ein Mittel zu einem solchen darstellt - für mich aber und alle wahrhaftigen Nationalsozialisten gibt es nur eine Doktrin: Volk und Vaterland.

Für was wir zu kämpfen haben, ist die Sicherung des Bestehens und der Vermehrung unserer Rasse und unseres Volkes, die Ernährung seiner Kinder und Reinhaltung des Blutes, die Freiheit und Unabhängigkeit des Vaterlandes, auf daß unser Volk zur Erfüllung der auch ihm vom Schöpfer des Universums zugewiesenen Mission heranzureifen vermag.

Jeder Gedanke und jede Idee, jede Lehre und alles Wissen haben diesem Zweck zu dienen. Von diesem Gesichtspunkte aus ist auch alles zu prüfen und nach seiner Zweckmäßigkeit zu verwenden oder abzulehnen. So kann keine Theorie zur tödlichen Doktrin erstarren, da alles ja nur dem Leben zu dienen hat.

So waren die Erkenntnisse Gottfried Feders die Veranlassung, mich in gründlicher Weise mit diesem mir bis dahin noch wenig vertrauten Gebiete überhaupt zu befassen.

Ich begann wieder zu lernen und kam nun erst recht zum Verständnis des Inhalts des Wollens der Lebensarbeit des Juden Karl Marx. Sein "Kapital" wurde mir jetzt erst recht verständlich, genau so wie der Kampf der Sozialdemokratie gegen die nationale Wirtschaft, der nur den Boden für die Herrschaft des wirklich internationalen Finanz- und Börsenkapitals vorzubereiten hat.

*

Allein noch in einer anderen Hinsicht waren diese Kurse für mich von größter Folgewirkung.

235 Der "Bildungsoffizier"

Ich meldete mich eines Tages zur Aussprache. Einer der Teilnehmer glaubte, für die Juden eine Lanze brechen zu müssen, und begann sie in längeren Ausführungen zu verteidigen. Dieses reizte mich zu einer Entgegnung. Die weitaus überwiegende Anzahl der anwesenden Kursteilnehmer stellte sich auf meinen Standpunkt. Das Ergebnis aber war, daß ich wenige Tage später dazu bestimmt wurde, zu einem damaligen Münchener Regiment als sogenannter "Bildungsoffizier" einzurücken.

Die Disziplin dieser Truppe war zu dieser Zeit noch ziemlich schwach. Sie litt unter den Nachwirkungen der Soldatenratsperiode. Nur ganz langsam und vorsichtig konnte man dazu übergehen, an Stelle des "freiwilligen" Gehorsams - wie man den Saustall unter Kurt Eisner so schön zu bezeichnen pflegte - wieder die militärische Disziplin und Unterordnung einzuführen. Ebenso sollte die Truppe selber national und vaterländisch fühlen und denken lernen. In diesen beiden Richtungen lagen die Gebiete meiner neuen Tätigkeit.

Ich begann mit aller Lust und Liebe. Bot sich mir doch jetzt mit einem Male die Gelegenheit, vor einer größeren Zuhörerschaft zu sprechen; und was ich früher immer, ohne es zu wissen, aus dem reinen Gefühl heraus einfach angenommen hatte, traf nun ein: ich konnte "reden". Auch die Stimme war schon soviel besser geworden, daß ich wenigstens in kleinen Mannschaftszimmern überall genügend verständlich blieb.

Keine Aufgabe konnte mich glücklicher machen als diese, denn nun vermochte ich noch vor meiner Entlassung in der Institution nützliche Dienste zu leisten, die mir unendlich am Herzen gelegen hatte: im Heere.

Ich durfte auch von Erfolg sprechen: Viele Hunderte, ja wohl Tausende von Kameraden habe ich im Verlaufe meine Vorträge wieder zu ihrem Volk und Vaterland zurückgeführt. Ich "nationalisierte" die Truppe und konnte auf diesem Wege mithelfen, die allgemeine Disziplin zu stärken.

Wieder lernte ich dabei eine Anzahl von gleichgesinnten Kameraden kennen, die später mit den Grundstock der neuen Bewegung zu bilden begannen.

Kapitel

Die "Deutsche Arbeiterpartei"

 

Eines Tages erhielt ich von der mir vorgesetzten Dienststelle den Befehl, nachzusehen, was es für eine Bewandtnis mit einem anscheinend politischen Verein habe, der unter dem Namen "Deutsche Arbeiterpartei" in den nächsten Tagen eine Versammlung abzuhalten beabsichtige, und in der ebenfalls Gottfried Feder sprechen sollte; ich müßte hingehen und mir den Verband einmal ansehen und dann Bericht erstatten.

Die Neugierde, die von seiten des Heeres damals den politischen Parteien entgegengebracht wurde, war mehr als verständlich. Die Revolution hatte dem Soldaten das Recht der politischen Betätigung gegeben, von dem nun auch gerade die Unerfahrensten den reichlichsten Gebrauch machten. Erst in dem Augenblick, da Zentrum und Sozialdemokratie zum eigenen Leidwesen erkennen mußten, daß die Sympathien der Soldaten sich von den revolutionären Parteien weg der nationalen Bewegung und Wiedererhebung zuzuwenden begannen, sah man sich veranlaßt, der Truppe das Wahlrecht wieder zu entziehen und die politische Betätigung zu untersagen.

Daß Zentrum und Marxismus zu dieser Maßnahme griffen, war einleuchtend, denn würde man diese Beschneidung der "staatsbürgerlichen Rechte" - wie man die politische Gleichberechtigung des Soldaten nach der Revolution nannte - nicht vorgenommen haben, hätte es schon wenige Jahre später keinen Novemberstaat, aber damit auch keine weitere nationale Entehrung und Schande mehr gegeben. Die Truppe war damals auf dem besten Wege, der Nation ihre Blutsauger und Handlanger der Entente im

237 Die "Deutsche Arbeiterpartei"

Innern vom Halse zu schaffen. Daß aber auch die sogenannten "nationalen" Parteien begeistert für die Korrektur der bisherigen Anschauungen der Novemberverbrecher stimmten und so mithalfen, das Instrument einer nationalen Erhebung unschädlich zu machen, zeigte wieder, wohin die immer nur doktrinären Vorstellungen dieser Harmlosesten der Harmlosen zu führen vermögen. Dieses wirklich an geistiger Altersschwäche krankende Bürgertum war allen Ernstes der Meinung, daß die Armee wieder das werde, was sie war, nämlich ein Hort deutscher Wehrhaftigkeit, während Zentrum und Marxismus ihr nur den gefährlichen nationalen Giftzahn auszubrechen gedachten, ohne den nun aber einmal eine Armee ewig Polizei bleibt, jedoch keine Truppe ist, die vor dem Feind zu kämpfen vermag; etwas, was sich in der Folgezeit wohl zur Genüge bewiesen hat.

Oder glaubten etwa unsere "nationalen Politiker", daß die Entwicklung der Armee anders als eine nationale hätte sein können? Das sähe diesen Herren verflucht ähnlich und kommt davon, wenn man im Kriege statt Soldat zu sein, Schwätzer, also Parlamentarier ist und keine Ahnung mehr hat, was in der Brust von Männern vorgehen mag, die die gewaltigste Vergangenheit erinnert, einst die ersten Soldaten der Welt gewesen zu sein.

So entschloß ich mich, in die schon erwähnte Versammlung dieser mir bis dahin ebenfalls noch ganz unbekannten Partei zu gehen.

Als ich abends in das für uns später historisch gewordene "Leiberzimmer" des ehemaligen Sterneckerbräues in München kam, traf ich dort etwa 20-25 Anwesende, hauptsächlich aus den unteren Schichten der Bevölkerung.

Der Vortrag Feders war mir schon von den Kursen her bekannt, so daß ich mich mehr der Betrachtung des Vereines selber widmen konnte.

Der Eindruck auf mich war weder gut noch schlecht; eine Neugründung, wie eben so viele andere auch. Es war gerade damals die Zeit, in der sich jeder berufen fühlte, eine neue Partei aufzumachen, der mit der bisherigen Entwicklung

238 Die "Deutsche Arbeiterpartei"

nicht zufrieden war und zu den gegebenen Parteien kein Vertrauen mehr besaß. So schossen denn überall diese Vereine nur so aus dem Boden, um nach einiger Zeit sang- und klanglos wieder zu verschwinden. Die Begründer besaßen zumeist keine Ahnung davon, was es heißt, aus einem Verein eine Partei oder gar eine Bewegung zu machen. So erstickten diese Gründungen fast immer von selbst in ihrer lächerlichen Spießerhaftigkeit.

Nicht anders beurteilte ich nach etwa zweistündigem Zuhören die "Deutsche Arbeiterpartei". Als Feder endlich schloß, war ich froh. Ich hatte genug gesehen und wollte schon gehen, als die nun verkündete freie Aussprache mich doch bewog, noch zu bleiben. Allein auch hier schien alles bedeutungslos zu verlaufen, bis plötzlich ein "Professor" zu Worte kam, der erst an der Richtigkeit der Federschen Gründe zweifelte, sich dann aber - nach einer sehr guten Erwiderung Feders - plötzlich auf den "Boden der Tatsachen" stellte, nicht aber ohne der jungen Partei auf das angelegentlichste zu empfehlen, als besonders wichtigen Programmpunkt den Kampf um die "Lostrennung" Bayerns von "Preußen" aufzunehmen. Der Mann behauptete mit frecher Stirne, daß in diesem Falle sich besonders Deutschösterreich sofort an Bayern anschließen würde, daß der Friede dann viel besser würde und ähnlichen Unsinn mehr. Da konnte ich denn nicht anders, als mich ebenfalls zum Wort zu melden und dem gelahrten Herrn meine Meinung über diesen Punkt zu sagen - mit dem Erfolge, daß der Herr Vorredner, noch ehe ich fertig war, wie ein begossener Pudel das Lokal verließ. Als ich sprach, hatte man mit erstaunten Gesichtern zugehört, und erst als ich mich anschickte, der Versammlung gute Nacht zu sagen und mich zu entfernen, kam mir noch ein Mann nachgesprungen, stellte sich vor (ich hatte den Namen gar nicht richtig verstanden) und drückte mir ein kleines Heftchen, ersichtlich eine politische Broschüre, in die Hand, mit der dringenden Bitte, diese doch ja zu lesen.

Das war mir sehr angenehm, denn nun durfte ich hoffen, vielleicht auf einfachere Weise den langweiligen Verein

239 Die "Deutsche Arbeiterpartei"

kennenzulernen, ohne noch weiterhin so interessante Versammlungen besuchen zu müssen. Im übrigen hatte dieser augenscheinliche Arbeiter auf mich einen guten Eindruck gemacht. Damit also ging ich.

Ich wohnte zu jener Zeit noch in der Kaserne des 2. Infanterieregiments, in einem kleinen Stübchen, das die Spuren der Revolution noch sehr deutlich an sich trug. Tagsüber war ich fort, meistens bei dem Schützenregiment 41 oder auch in Versammlungen, auf Vorträgen bei irgendeinem anderen Truppenteil usw. Nur nachts schlief ich in meiner Behausung. Da ich jeden Morgen früh schon vor 5 Uhr aufzuwachen pflegte, hatte ich mir die Spielerei angewöhnt, den Mäuslein, die in der kleinen Stube ihre Unterhaltung trieben, ein paar Stücklein harte Brotreste oder - rinden auf den Fußboden zu legen und nun zuzusehen, wie sich die possierlichen Tierchen um diese paar Leckerbissen herumjagten. Ich hatte in meinem Leben schon soviel Not gehabt, daß ich mir den Hunger und daher auch das Vergnügen der kleinen Wesen nur zu gut vorzustellen vermochte.

Auch am Morgen nach dieser Versammlung lag ich gegen 5 Uhr wach in der Klappe und sah dem Treiben und Gehusche zu. Da ich nicht mehr einschlafen konnte, erinnerte ich mich plötzlich des vergangenen Abends, und nun fiel mir das Heft ein, das mir der eine Arbeiter mitgegeben hatte. So begann ich zu lesen. Es war eine kleine Broschüre, in der der Verfasser, eben dieser Arbeiter, schilderte, wie er aus dem Wirrwarr marxistischer und gewerkschaftlicher Phrasen wieder zu nationalem Denken gelangte; daher auch der Titel "Mein politisches Erwachen". Da ich erst angefangen hatte, las ich das Schriftchen mit Interesse durch; spiegelte sich ja in ihm ein Vorgang ab, den ich ähnlich zwölf Jahre vorher am eigenen Leibe auch durchzumachen hatte. Unwillkürlich sah ich meine eigene Entwicklung wieder vor mir lebendig werden. Ich dachte im Laufe des Tages noch einige Male über diese Sache nach und wollte sie endlich schon wieder beiseite legen, als ich noch keine Woche später zu meinem Erstaunen eine Postkarte erhielt des Inhalts, daß ich in

240 Die "Ausschußsitzung"

die Deutsche Arbeiterpartei aufgenommen wäre: ich möchte mich dazu äußern und deshalb am nächsten Mittwoch zu einer Ausschußsitzung dieser Partei kommen.

Ich war über diese Art, Mitglieder zu "gewinnen", allerdings mehr als erstaunt und wußte nicht, ob ich mich darüber ärgern oder ob ich dazu lachen sollte. Ich dachte ja gar nicht daran, zu einer fertigen Partei zu gehen, sondern wollte meine eigene gründen. Dieses Ansinnen kam für mich wirklich nicht in Frage.

Schon wollte ich meine Antwort den Herren schriftlich zugehen lassen, als die Neugierde siegte, und ich mich entschloß, am festgelegten Tage zu erscheinen, um meine Gründe mündlich auseinanderzusetzen.

Der Mittwoch kam. Der Gasthof, in dem die bewußte Sitzung stattfinden sollte, war das "Alte Rosenbad" in der Herrnstraße; ein sehr ärmliches Lokal, in das sich nur alle heiligen Zeiten jemand zu verirren schien. Kein Wunder im Jahre 1919, da der Speisezettel auch der größeren Gaststätten nur sehr bescheiden und dürftig anzulocken vermochte. Diese Wirtschaft aber kannte ich bis dorthin überhaupt nicht.

Ich ging durch das schlecht beleuchtete Gastzimmer, in dem kein Mensch saß, suchte die Türe zum Nebenraum und hatte dann die "Tagung" vor mir. Im Zwielicht einer halb demolierten Gaslampe saßen an einem Tisch vier junge Menschen, darunter auch der Verfasser der kleinen Broschüre, der mich sofort auf das freudigste begrüßte und als neues Mitglied der Deutschen Arbeiterpartei willkommen hieß.

Ich war nun doch etwas verblüfft. Da mir mitgeteilt wurde, daß der eigentliche "Reichsvorsitzende" erst komme, so wollte ich auch mit meiner Erklärung noch warten. Endlich erschien dieser. Es war der Leitende der Versammlung im Sterneckerbräu anläßlich des Federschen Vortrags.

Ich war unterdessen wieder neugierig geworden und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Nun lernte ich wenigstens die Namen der einzelnen Herren kennen. Der Vorsitzende der "Reichsorganisation" war ein Herr Harrer, der von München Anton Drexler.

241 Die "Ausschußsitzung"

Es wurde nun das Protokoll der letzten Sitzung verlesen und dem Schriftführer das Vertrauen ausgesprochen. Dann kam der Kassenbericht an die Reihe - es befanden sich in dem Besitze des Vereins insgesamt 7 Mark und 50 Pfennig -, wofür der Kassier die Versicherung allseitigen Vertrauens erhielt. Dies wurde wieder zu Protokoll gebracht. Dann kamen vom 1. Vorsitzenden die Antworten auf einen Brief aus Kiel, einen aus Düsseldorf und einen aus Berlin zur Verlesung, alles war mit ihnen einverstanden. Nun wurde der Einlauf mitgeteilt: ein Brief aus Berlin, einer aus Düsseldorf und einer aus Kiel, deren Ankunft mit großer Befriedigung aufgenommen zu werden schien. Man erklärte diesen steigenden Briefverkehr als bestes und sichtbares Zeichen der umsichgreifenden Bedeutung der "Deutschen Arbeiterpartei", und dann - dann fand eine lange Beratung über die zu erteilenden neuen Antworten statt.

Fürchterlich, fürchterlich. Das war ja eine Vereinsmeierei allerärgster Art und Weise. In diesen Klub sollte ich eintreten?

Dann kamen die Neuaufnahmen zur Sprache, das heißt: es kam meine Einfangung zur Behandlung.

Ich begann nun zu fragen - jedoch außer einigen Leitsätzen war nichts vorhanden, kein Programm, kein Flugblatt, überhaupt nichts Gedrucktes, keine Mitgliedskarten, ja nicht einmal ein armseliger Stempel, nur ersichtlich guter Glaube und guter Wille.

Mir war das Lächeln wieder vergangen, denn was war dies anderes als das typische Zeichen der vollkommenen Ratlosigkeit und des gänzlichen Verzagtseins über alle die bisherigen Parteien, ihr Programme, ihre Absichten und ihre Tätigkeit? Was diese paar jungen Menschen da zusammentrieb zu einem äußerlich so lächerlichen Tun, war doch nur der Ausfluß ihrer inneren Stimme, die ihnen, wohl mehr gefühlsmäßig als bewußt, das ganze bisherige Parteiwesen als nicht mehr geeignet zu einer Erhebung der deutschen Nation sowie zur Heilung ihrer inneren Schäden erscheinen ließ. Ich las mir schnell die Leitsätze durch, die in Maschinenschrift vorlagen, und ersah auch aus ihnen mehr

242 Eine Entscheidung für immer

ein Suchen als ein Wissen. Vieles war da verschwommen oder unklar, manches fehlte, aber nichts war vorhanden, das nicht wieder als Zeichen einer ringenden Erkenntnis hätte gelten können.

Was diese Menschen empfanden, das kannte auch ich: es war die Sehnsucht nach einer neuen Bewegung, die mehr sein sollte als Partei im bisherigen Sinne des Wortes.

Als ich an diesem Abend wieder nach der Kaserne ging, hatte ich mir mein Urteil über diesen Verein schon gebildet.

Ich stand vor der wohl schwersten Frage meines Lebens: sollte ich hier beitreten, oder sollte ich ablehnen?

Die Vernunft konnte nur zur Ablehnung raten, das Gefühl aber ließ mich nicht zur Ruhe kommen, und je öfter ich mir die Unsinnigkeit dieses ganzen Klubs vor Augen zu halten versuchte, um so öfter sprach wieder das Gefühl dafür.

In den nächsten Tagen war ich ruhelos.

Ich begann hin und her zu überlegen. Mich politisch zu betätigen, war ich schon längst entschlossen; daß dies nur in einer neuen Bewegung zu geschehen vermochte, war mir ebenso klar, nur der Anstoß zur Tat hatte mir bis dahin immer noch gefehlt. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die heute etwas beginnen, um morgen wieder zu enden und wenn möglich zu einer neuen Sache überzugehen. Gerade diese Überzeugung aber war mit der Hauptgrund, warum ich mich so schwer zu einer solchen neuen Gründung zu entschließen vermochte, die entweder alles werden mußte oder sonst zweckmäßigerweise überhaupt unterblieb. Ich wußte, daß dies für mich eine Entscheidung für immer werden würde, bei der es ein "Zurück" niemals geben könnte. Für mich war es dann keine vorübergehende Spielerei, sondern blutiger Ernst. Ich habe schon damals immer eine instinktive Abneigung gegenüber Menschen besessen, die alles beginnen, ohne auch nur etwas durchzuführen. Diese Hansdampfe in allen Gassen waren mir verhaßt. Ich hielt die Tätigkeit dieser Leute für schlechter als Nichtstun.

Das Schicksal selbst schien mir jetzt einen Fingerzeig zu geben. Ich wäre nie zu einer der bestehenden großen Parteien gegangen und werde die Gründe dafür noch näher

Ein Namenloser

klarlegen. Diese lächerliche kleine Schöpfung mit ihren paar Mitgliedern schien mir den einen Vorzug zu besitzen, noch nicht zu einer "Organisation" erstarrt zu sein, sondern die Möglichkeit einer wirklichen persönlichen Tätigkeit dem einzelnen freizustellen. Hier konnte man noch arbeiten, und je kleiner die Bewegung war, um so eher war sie noch in die richtige Form zu bringen. Hier konnte noch der Inhalt, das Ziel und der Weg bestimmt werden, was bei den bestehenden großen Parteien von Anfang an schon wegfiel. Je länger ich nachzudenken versuchte, um so mehr wuchs in mir die Überzeugung, daß gerade aus einer solchen kleinen Bewegung heraus dereinst die Erhebung der Nation vorbereitet werden konnte - niemals aber mehr aus den viel zu sehr an alten Vorstellungen hängenden oder gar am Nutzen des neuen Regiments teilnehmenden politischen Parlamentsparteien. Denn was hier verkündet werden mußte, war eine neue Weltanschauung und nicht eine neue Wahlparole.

Allerdings ein unendlich schwerer Entschluß, diese Absicht in die Wirklichkeit umsetzen zu wollen.

Welche Vorbedingungen brachte ich denn selber zu dieser Aufgabe mit?

Daß ich mittellos und arm war, schien mir noch das am leichtesten zu Ertragende zu sein, aber schwerer war es, daß ich nun einmal zu den Namenlosen zählte, einer von den Millionen war, die der Zufall eben leben läßt oder aus dem Dasein wieder ruft, ohne daß auch nur die nächste Umwelt davon Kenntnis zu nehmen geruht. Dazu kam noch die Schwierigkeit, die sich aus meinem Mangel an Schulen ergeben mußte.

Die sogenannte "Intelligenz" sieht ja ohnehin immer mit einer wahrhaft unendlichen Herablassung auf jeden herunter, der nicht durch die obligaten Schulen durchgezogen wurde und sich so das nötige Wissen einpumpen ließ. Die Frage lautet ja doch nie: was kann der Mensch, sondern was hat er gelernt? Diesen "Gebildeten" gilt der größte Hohlkopf, wenn er nur in genügend Zeugnisse eingewickelt ist, mehr als der hellste Junge, dem diese kostbaren Tüten

Mitglied Nummer sieben

eben fehlen. Ich konnte mir also leicht vorstellen, wie mir diese "gebildete" Welt entgegentreten würde, und habe mich dabei auch nur insofern getäuscht, als ich diese Menschen damals doch noch für besser hielt, als sie leider in der nüchternen Wirklichkeit zum großen Teil sind. So wie sie sind, erstrahlen freilich die Ausnahmen, wie überall, immer heller. Ich aber lernte dadurch immer zwischen den ewigen Schülern und dem wirklichen Könnern zu unterscheiden.

Nach zweitägigem qualvollen Nachgrübeln und Überlegen kam ich endlich zur Überzeugung, den Schritt tun zu müssen.

Es war den entscheidendste Entschluß meines Lebens.

Ein Zurück konnte und durfte es nicht mehr geben.

So meldete ich mich als Mitglied der Deutschen Arbeiterpartei an und erhielt einen provisorischen Mitgliedsschein mit der Nummer: sieben.

Kapitel


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