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Falsche Kontinentalpolitik vor dem Kriege



in den Bereich des natürlich Möglichen gerückt erschien. Diese Politik wäre allerdings nur durchführbar gewesen im Bunde mit England, oder unter einer so abnormen Förderung der militärischen Machtmittel, daß auf vierzig oder fünfzig Jahre kulturelle Aufgaben vollständig in den Hintergrund gedrängt worden wären. Dies hätte sich sehr wohl verantworten lassen. Die kulturelle Bedeutung einer Nation ist fast immer gebunden an die politische Freiheit und Unabhängigkeit derselben, mithin ist diese die Voraussetzung für das Vorhandensein oder besser Entstehen der ersteren. Daher kann kein Opfer für die Sicherung der politischen Freiheit zu groß sein. Was den allgemeinen kulturellen Belangen durch eine übermäßige Förderung der militärischen Machtmittel des Staates entzogen wird, wird später auf das reichlichste wieder hereingebracht werden können. Ja, man darf sagen, daß nach einer solchen komprimierten Anstrengung nur in der Richtung der Erhaltung der staatlichen Unabhängigkeit eine gewisse Entspannung oder ein Ausgleich zu erfolgen pflegt durch ein geradezu überraschendes Aufblühen der bisher vernachlässigten kulturellen Kräfte eines Volkstums. Aus der Not der Perserkriege erwuchs die Blüte des perikleischen Zeitalters, und über den Sorgen der Punischen Kriege begann das römische Staatswesen sich dem Dienste einer höheren Kultur zu widmen.

Allerdings kann man eine solche restlose Unterordnung aller sonstigen Belange eines Volkstums unter die einzige Aufgabe der Vorbereitung eines kommenden Waffenganges zur späteren Sicherung des Staates nicht der Entschlußkraft einer Majorität von parlamentarischen Dummköpfen und Taugenichtsen anvertrauen. Den Waffengang unter Hintansetzung alles Sonstigen vorzubereiten vermochte der Vater eines Friedrich des Großen, aber die Väter unseres demokratischen Parlamentsunsinns jüdischer Prägung vermögen es nicht.

Schon aus diesem Grunde konnte also in der Vorkriegszeit die waffenmäßige Vorbereitung für eine Erwerbung von Grund und Boden in Europa nur eine mäßige sein, so

691 Heutige europäische Machtverhältnisse

daß der Unterstützung durch zweckmäßige Bundesgenossen nur schwer zu entraten war.

Da man aber überhaupt von einer planmäßigen Vorbereitung des Krieges nichts wissen wollte, verzichtete man auf Grunderwerb in Europa und opferte, indem man sich statt dessen der Kolonial- und Handelspolitik zuwandte, das sonst mögliche Bündnis mit England, ohne aber nun logischerweise sich auf Rußland zu stützen, und stolperte endlich, von allen, außer dem habsburgischen Erbübel verlassen, in den Weltkrieg hinein.

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Zur Charakteristik unserer heutigen Außenpolitik muß gesagt werden, daß eine irgendwie sichtbare oder gar verständliche Richtlinie überhaupt nicht vorliegt. Wenn man vor dem Kriege in verfehlter Weise den vierten Weg betrat, um ihn allerdings ebenfalls nur halb und halb zu gehen, dann ist seit der Revolution ein Weg auch dem schärfsten Auge nicht mehr erkennbar. Mehr noch als vor dem Kriege fehlt jede planmäßige Überlegung, es wäre denn die des Versuches, selbst die letzte Möglichkeit einer Wiedererhebung unseres Volkes zu zerschlagen.

Eine kühle Überprüfung der heutigen europäischen Machtverhältnisse führt zu folgendem Ergebnis:

Seit dreihundert Jahren wurde die Geschichte unseres Kontinents maßgebend bestimmt durch den Versuch Englands, über dem Umwege ausgeglichener, sich gegenseitig bindender Machtverhältnisse der europäischen Staaten sich die notwendige Rückendeckung für große, weltpolitische britische Ziele zu sichern.

Die traditionelle Tendenz der britischen Diplomatie, der in Deutschland nur die Überlieferung des preußischen Heeres gegenübergestellt zu werden vermag, lief seit dem Wirken der Königin Elisabeth planmäßig darauf hinaus, jedes Emporsteigen einer europäischen Großmacht über den Rahmen der allgemeinen Größenordnung hinaus mit allen Mitteln zu verhindern und, wenn nötig, durch militärische Eingriffe zu brechen. Die Machtmittel, die England in diesem

England und Deutschland

Falle anzuwenden pflegte, waren verschiedene, je nach der vorhandenen Lage oder der gestellten Aufgabe; die Entschlossenheit und Willenskraft zu ihrem Einsatz jedoch immer die gleiche. Ja, je schwieriger im Laufe der Zeit Englands Lage wurde, um so nötiger schien der britischen Reichsleitung die Aufrechterhaltung des Zustandes einer, infolge gegenseitig rivalisierender Größe, stattfindenden allgemeinen Lähmung der einzelstaatlichen Kräfte Europas. Die politische Loslösung des ehemaligen nordamerikanischen Kolonialgebietes führte in der Folgezeit erst recht zu den größten Anstrengungen der Erhaltung einer unbedingten europäischen Rückendeckung. So konzentrierte sich - nach der Vernichtung Spaniens und der Niederlande als große Seemächte - die Kraft des englischen Staates solange gegen das emporstrebende Frankreich, bis endlich mit dem Sturze Napoleons I. die Hegemoniegefahr dieser gefährlichsten Militärmacht für England als gebrochen angesehen werden konnte.

Die Umstellung der britischen Staatskunst gegen Deutschland wurde nur langsam vorgenommen, nicht nur, weil zunächst infolge des Mangels einer nationalen Einigung der deutschen Nation eine ersichtliche Gefahr für England nicht bestand, sondern auch weil die propagandistisch für einen bestimmten staatlichen Zweck aufgezogene öffentliche Meinung nur langsam neuen Zielen zu folgen vermag. Die nüchterne Erkenntnis des Staatsmannes erscheint hier in gefühlsmäßige Werte umgesetzt, die nicht nur tragfähiger sind in der jeweiligen Wirksamkeit, sondern auch stabiler in bezug auf ihre Dauer. Es mag mithin der Staatsmann nach dem Erreichen einer Absicht seine Gedankengänge ohne weiteres neuen Zielen zuwenden, die Masse jedoch wird nur in langsamer, propagandistischer Arbeit gefühlsmäßig zum Instrument der neuen Ansicht ihres Leiters umgeformt werden können.

Schon mit dem Jahre 1870/71 hatte England indes seine neue Stellung festgelegt, Schwankungen, die infolge der weltwirtschaftlichen Bedeutung Amerikas sowie der machtpolitischen Entwicklung Rußlands einige Male eintraten,

England und Deutschland

wurden leider von Deutschland nicht benützt, so daß immer mehr eine Festigung der ursprünglichen Tendenz der britischen Staatskunst erfolgen mußte.

England sah in Deutschland die Macht, deren handels- und damit weltpolitische Bedeutung, nicht zuletzt infolge seiner enormen Industrialisierung, in so bedrohlichem Umfange zunahm, daß man bereits ein Abwägen der Stärke der beiden Staaten auf gleichen Gebieten vornehmen konnte. Die "wirtschaftsfriedliche" Eroberung der Welt, die unseren Staatslenkern als der letzten Weisheit höchster Schluß erschien, wurde für den englischen Politiker der Grund zur Organisation des Widerstandes dagegen. Daß sich dieser Widerstand in die Form eines umfassend organisierten Angriffs kleidete, entsprach dann vollständig dem Wesen einer Staatskunst, deren Ziele eben nicht in der Erhaltung eines fragwürdigen Weltfriedens lagen, sondern in der Festigung der britischen Weltherrschaft. Daß sich dabei England aller Staaten als Bundesgenossen bediente, die militärisch überhaupt in Frage kommen konnten, entsprach ebensosehr seiner traditionellen Vorsicht in der Abschätzung der Kraft des Gegners als der Einsicht in die augenblickliche eigene Schwäche. Mit "Skrupellosigkeit" kann man dies deshalb nicht bezeichnen, weil eine solche umfassende Organisation eines Krieges nicht zu beurteilen ist nach heroischen Gesichtspunkten, sondern nach zweckmäßigen. Eine Diplomatie hat dafür zu sorgen, daß ein Volk nicht heroisch zugrunde geht, sondern praktisch erhalten wird. Jeder Weg, der hierzu führt, ist dann zweckmäßig, und sein Nichtbegehen muß als pflichtvergessenes Verbrechen bezeichnet werden.

Mit der Revolutionierung Deutschlands fand die britische Sorge einer drohenden germanischen Welthegemonie ihre für die englische Staatskunst erlösende Beendigung.

Ein Interesse an der vollständigen Auslöschung Deutschlands von der europäischen Landkarte liegt seitdem auch für England nicht mehr vor. Im Gegenteil, gerade der entsetzliche Niederbruch, der in den Novembertagen 1918

694 Verschiebung des "Gleichgewichts"

stattfand, stellte die britische Diplomatie vor eine neue, zunächst gar nicht für möglich gehaltene Lage:

Viereinhalb Jahre lang hatte das britische Weltreich gefochten, um das vermeintliche Übergewicht einer kontinentalen Macht zu brechen. Nun trat plötzlich ein Sturz ein, der diese Macht überhaupt von der Bildfläche zu entfernen schien. Es zeigte sich ein derartiger Mangel selbst an primitivstem Selbsterhaltungstrieb, daß das europäische Gleichgewicht durch eine Tat von kaum achtundvierzig Stunden aus den Angeln gehoben schien: Deutschland vernichtet, und Frankreich die erste kontinentalpolitische Macht Europas.

Die enorme Propaganda, die in diesem Kriege das britische Volk zum Durchhalten bei der Stange hielt, maßlos verhetzte, in allen Urinstinkten und Leidenschaften aufwühlte, mußte nun wie ein Bleigewicht auf den Entschlüssen der britischen Staatsmänner lasten. Mit der kolonial-, wirtschafts- und handelspolitischen Vernichtung Deutschlands war das britische Kriegsziel erreicht, was darüber hinausging, war eine Schmälerung englischer Interessen. Durch die Auslöschung eines deutschen Machtstaates im kontinentalen Europa konnten nur die Feinde Englands gewinnen. Dennoch war in den Novembertagen 1918 und bis zum Hochsommer 1919 hinein eine Umstellung der englischen Diplomatie, die ja in diesem langen Kriege mehr als je zuvor die gefühlsmäßigen Kräfte der breiten Masse gebraucht hatte, nicht mehr möglich. Sie war nicht möglich vom Gesichtspunkte der nun einmal gegebenen Einstellung des eigenen Volkes aus, und war nicht möglich angesichts der Lagerung der militärischen Machtverhältnisse. Frankreich hatte das Gesetz des Handelns an sich gerissen und konnte den anderen diktieren. Die einzige Macht jedoch, die in diesen Monaten des Feilschens und Handelns eine Änderung hätte herbeiführen vermocht, Deutschland selber, lag in den Zuckungen des inneren Bürgerkrieges und verkündete durch den Mund seiner sogenannten Staatsmänner immer wieder die Bereitwilligkeit zur Annahme eines jeden Diktates.


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