Архитектура Аудит Военная наука Иностранные языки Медицина Металлургия Метрология Образование Политология Производство Психология Стандартизация Технологии |
Lotte denkt nach. «Vielleicht waren sie gar nicht auf dem Gericht? So wie Steffies Eltern das wollen?»
12 «Warum ist Vater in Wien und Mutti in Mü nchen? » fragt Luise. «Warum haben sie uns halbiert? » 13 «Warum», fä hrt Lotte grü belnd fort, «haben sie uns nie erzä hlt, dass wir gar nicht einzeln, sondern eigentlich Zwillinge sind? Und warum hat Vater dir nichts davon erzä hlt, dass Mutti lebt? » 14 «Und Mutti hat dir verschwiegen, dass Vati lebt! » 15 Luise stemmt die Arme in die Seiten. «Schö ne Eltern haben wir, was? Na warte, wenn wir den beiden einmal die Meinung geigen! Die werden staunen! » 16 «Das dü rfen wir doch gar nicht», meint Lotte schü chtern. «Wir sind ja nur Kinder! » 17 «Nur? » fragt Luise und wirft den Kopf zurü ck. Viertes Kapitel
Gefü llte Eierkuchen, wie entsetzlich! – Die geheimnisvollen Oktavhefte – Schulwege und Gutenachtkü sse – Es ist eine Verschwö rung im Gange – Das Gartenfest als Generalprobe – Abschied von Seebü hl am Bü hlsee 1 Die Ferien gehen dem Ende zu (приближаются к концу: das Ende). In den Schrä nken sind die Stapel frischer Wä sche zusammengeschmolzen (слиплись; schmelzen – таять; плавить). Die Betrü bnis (огорчение, печаль; trü be – мутный; груст н ый; пасмурный), das Kinderheim bald verlassen zu mü ssen, und die Freude aufs Zuhause wachsen gleichmä ß ig (растут в равной мере; gleich – равный + das Maß – мера). 2 Frau Muthesius plant ein kleines Abschiedsfest (прощальный праздник: der Abschied – прощание + das Fest – праздник). Der Vater eines der Mä dchen, dem ein Kaufhaus gehö rt (принадлежит), hat eine groß e Kiste Lampions (ящик с фонариками), Girlanden und viele andere Dinge geschickt. Nun sind die Helferinnen und die Kinder eifrig dabei (усердно занимаются тем), die Veranda und den Garten gehö rig auszuputzen (как следует, как положено вычистить). Sie schleppen (таскают) Kü chenleitern (кухонные приставные лестницы; die Leiter) von Baum zu Baum, hä ngen bunte Laternen (разноцветные фонарики: die Laterne) ins Laub (в листву), schlingen (обвивают, обвязывают) Girlanden von Zweig zu Zweig (с ветки на ветку: der Zweig) und bereiten auf einem langen Tisch eine Tombola vor (лотерею /в виде вращающегося барабана/). Andere schreiben auf kleine Zettel (на маленьких клочках бумаги, записках: der Zettel) Losnummern (номера лотерейных билетов; das Los – жребий, лотерейный билет). Der erste Hauptgewinn (главный выигрыш): ein Paar Rollschuhe (ролики) mit Kugellager (с подшипниками: das Kugellager – шарикоподшипник; die Kugel – шарик)! 3 «Wo sind eigentlich die Locken und die Zö pfe? » fragt Frä ulein Ulrike. (So nennt man Luise und Lotte neuerdings! ) 4 «Och die! » meint Monika abfä llig (презрительно). «Die werden wieder irgendwo im Gras sitzen (они, видимо, опять где-нибудь сидят в траве: das Gras) und sich an den Hä nden halten, damit der Wind sie nicht auseinanderweht (чтобы их ветер не развеял в разные стороны)! »
1 Die Ferien gehen dem Ende zu. In den Schrä nken sind die Stapel frischer Wä sche zusammengeschmolzen. Die Betrü bnis, das Kinderheim bald verlassen zu mü ssen, und die Freude aufs Zuhause wachsen gleichmä ß ig. 2 Frau Muthesius plant ein kleines Abschiedsfest. Der Vater eines der Mä dchen, dem ein Kaufhaus gehö rt, hat eine groß e Kiste Lampions, Girlanden und viele andere Dinge geschickt. Nun sind die Helferinnen und die Kinder eifrig dabei, die Veranda und den Garten gehö rig auszuputzen. Sie schleppen Kü chenleitern von Baum zu Baum, hä ngen bunte Laternen ins Laub, schlingen Girlanden von Zweig zu Zweig und bereiten auf einem langen Tisch eine Tombola vor. Andere schreiben auf kleine Zettel Losnummern. Der erste Hauptgewinn: ein Paar Rollschuhe mit Kugellager! 3 «Wo sind eigentlich die Locken und die Zö pfe? » fragt Frä ulein Ulrike. (So nennt man Luise und Lotte neuerdings! ) 4 «Och die! » meint Monika abfä llig. «Die werden wieder irgendwo im Gras sitzen und sich an den Hä nden halten, damit der Wind sie nicht auseinanderweht! » 1 Die Zwillinge sitzen nicht irgendwo im Gras, sondern im Garten der Fö rsterei. Sie halten sich auch nicht an den Hä nden – dazu haben sie nicht die mindeste Zeit (ни малейшего времени) –, sondern sie haben Oktavheftchen (тетрадки; das Heft; das Oktavheft – тетрадь форматом в восьмую долю листа) vor sich liegen, halten Bleistifte (карандаши: der Bleistift; das Blei – свинец) in der Hand, und im Augenblick diktiert Lotte gerade der emsig kritzelnden (старательно царапающей; kritzeln – писать неразборчиво, каракулями) Luise: «Am liebsten mag Mutti Nudelsuppe (больше всего мама любит суп-лапшу; die Nudel) mit Rindfleisch (с говядиной; das Rind). Das Rindfleisch holst du beim Metzger (у мясника) Huber. Ein halbes Pfund Querrippe (полфунта края /мясной туши/; quer – поперечный + die Rippe – ребро), schö n durchwachsen (как следует «проросший» = чтобы сало чередовалось с мясом).» 2 Luise hebt den Kopf (поднимает голову). «Metzger Huber, Max-Emanuel-Straß e, Ecke Prinz-Eugen-Straß e», schnurrt sie herunter (проговаривает, твердит про себя: «в себя»; schnurren – жужжать, мурлыкать; herunter – вниз). 3 Lotte nickt befriedigt (удовлетворенно, довольно; befriedigen – удовлетворять; der Friede – мир, покой). «Das Kochbuch steht im Kü chenschrank, im untersten Fach (в самом нижнем яшике: das Fach) ganz links. Und in dem Buch liegen alle Rezepte, die ich kann (умею).» 4 Luise notiert: «Kochbuch... Kü chenschrank... unteres Fach... ganz links...» Dann stü tzt sie die Arme auf (упирает руки /на локти/) und meint: «Vor dem Kochen hab ich eine Heidenangst (перед готовкой у меня дикий страх; der Heide – язычник)! Aber wenn’s in den ersten Tagen schiefgeht (если не будет получаться; schief – кривой, косой), kann ich vielleicht sagen, ich hä tt’s in den Ferien verlernt (что я разучилась за каникулы), wie? » 5 Lotte nickt zö gernd. «Auß erdem kannst du mir ja gleich schreiben, wenn etwas nicht klappt (не получается; klappen – хлопать). Ich gehe jeden Tag aufs Postamt (на почтамт; die Post – почта + das Amt – учреждение) und frage, ob etwas angekommen ist! » 6 «Ich auch», meint Luise. «Schreib nur recht oft (почаще: «весьма часто»)! Und iss tü chtig (ешь как следует; tü chtig – порядочный, изрядный) im ‘Imperial’! Vati freut sich immer so, wenn mir’s schmeckt! » 7 «Zu dumm (какая досада: «слишком глупо»), dass ausgerechnet (как раз, именно) gefü llter Eierkuchen (яичный пирог с начинкой; fü llen – наполнять) dein Lieblingsgericht ist (любимое блюдо)! » murrt (ворчит) Lottchen. «Na, das kann eben nichts helfen (ну, что тут поделаешь: «тут как раз ничто не может помочь»)! Aber Kalbsschnitzel (телячий шницель; das Kalb + das Schnitzel) und Gulasch wä ren mir lieber! » 8 «Wenn du gleich den ersten Tag drei Eierkuchen isst, oder vier oder fü nf, kannst du hinterher (затем, потом) sagen, du hast dich fü rs ganze weitere Leben daran ü berfressen (переела = пресытилась; fressen – жрать)! » 9 «Das geht (ладно, хорошо)! » antwortet die Schwester, obwohl sich ihr bereits bei dem bloß en Gedanken (уже при одной только мысли) an fü nf Eierkuchen der Magen umdreht (желудок переворачивается; drehen – крутить). Sie macht sich nun einmal nichts daraus (она ведь совершенно их не любит: «ничего из этого не делает»)! 10 Dann beugen sich (склоняются) beide wieder ü ber ihre Heftchen und hö ren einander wechselseitig die Namen der Mitschü lerinnen, die Sitzordnung (порядок посадки) in der Klasse, die Gewohnheiten (привычки) der Lehrerin und den genauen Schulweg ab. 11 «Mit dem Schulweg hast du’s leichter als ich», meint Luise. «Du sagst Trude ganz einfach, sie soll dich am ersten Tag abholen (чтобы она за тобой зашла)! Das macht sie manchmal. Na, und da lä ufst du dann ganz gemü tlich (уютно, «душевно» = без проблем и забот) neben ihr her und merkst dir die Straß enecken (будешь примечать = запоминать углы улиц = повороты; die Ecke) und den ü brigen Palawatsch (и прочую ерунду)! » 12 Lotte nickt. Plö tzlich erschrickt sie. «Das hab ich dir noch gar nicht gesagt, – vergiss ja nicht, Mutti, wenn sie dich zu Bett bringt, einen Gutenachtkuss zu geben (поцелуй на ночь; Gute Nacht – спокойной ночи)! » 13 Luise blickt vor sich hin (смотрит перед собой = потупив взор). «Das brauch ich mir nicht aufzuschreiben (это необязательно записывать). Das vergesse ich bestimmt nicht! »
1 Die Zwillinge sitzen nicht irgendwo im Gras, sondern im Garten der Fö rsterei. Sie halten sich auch nicht an den Hä nden – dazu haben sie nicht die mindeste Zeit –, sondern sie haben Oktavheftchen vor sich liegen, halten Bleistifte in der Hand, und im Augenblick diktiert Lotte gerade der emsig kritzelnden Luise: «Am liebsten mag Mutti Nudelsuppe mit Rindfleisch. Das Rindfleisch holst du beim Metzger Huber. Ein halbes Pfund Querrippe, schö n durchwachsen.» 2 Luise hebt den Kopf. «Metzger Huber, Max-Emanuel-Straß e, Ecke Prinz-Eugen-Straß e», schnurrt sie herunter. 3 Lotte nickt befriedigt. «Das Kochbuch steht im Kü chenschrank, im untersten Fach ganz links. Und in dem Buch liegen alle Rezepte, die ich kann.» 4 Luise notiert: «Kochbuch... Kü chenschrank... unteres Fach... ganz links...» Dann stü tzt sie die Arme auf und meint: «Vor dem Kochen hab ich eine Heidenangst! Aber wenn’s in den ersten Tagen schiefgeht, kann ich vielleicht sagen, ich hä tt’s in den Ferien verlernt, wie? » 5 Lotte nickt zö gernd. «Auß erdem kannst du mir ja gleich schreiben, wenn etwas nicht klappt. Ich gehe jeden Tag aufs Postamt und frage, ob etwas angekommen ist! » 6 «Ich auch», meint Luise. «Schreib nur recht oft! Und iss tü chtig im ‘Imperial’! Vati freut sich immer so, wenn mir’s schmeckt! » 7 «Zu dumm, dass ausgerechnet gefü llter Eierkuchen dein Lieblingsgericht ist! » murrt Lottchen. «Na, das kann eben nichts helfen! Aber Kalbsschnitzel und Gulasch wä ren mir lieber! » 8 «Wenn du gleich den ersten Tag drei Eierkuchen isst, oder vier oder fü nf, kannst du hinterher sagen, du hast dich fü rs ganze weitere Leben daran ü berfressen! » 9 «Das geht! » antwortet die Schwester, obwohl sich ihr bereits bei dem bloß en Gedanken an fü nf Eierkuchen der Magen umdreht. Sie macht sich nun einmal nichts daraus! 10 Dann beugen sich beide wieder ü ber ihre Heftchen und hö ren einander wechselseitig die Namen der Mitschü lerinnen, die Sitzordnung in der Klasse, die Gewohnheiten der Lehrerin und den genauen Schulweg ab. 11 «Mit dem Schulweg hast du’s leichter als ich», meint Luise. «Du sagst Trude ganz einfach, sie soll dich am ersten Tag abholen! Das macht sie manchmal. Na, und da lä ufst du dann ganz gemü tlich neben ihr her und merkst dir die Straß enecken und den ü brigen Palawatsch! » 12 Lotte nickt. Plö tzlich erschrickt sie. «Das hab ich dir noch gar nicht gesagt, – vergiss ja nicht, Mutti, wenn sie dich zu Bett bringt, einen Gutenachtkuss zu geben! » 13 Luise blickt vor sich hin. «Das brauch ich mir nicht aufzuschreiben. Das vergesse ich bestimmt nicht! » 1 Merkt ihr, was sich anspinnt (что затевается; spinnen – прясть / пряжу /; плести / паутину /)? Die Zwillinge wollen den Eltern noch immer nicht erzä hlen, dass sie Bescheid wissen. Sie wollen Vater und Mutter nicht vor Entscheidungen stellen (не ставить перед решениями = не заставлять тут же принять решение; entscheiden – решать). Sie ahnen, dass sie kein Recht dazu haben (чувствуют, что не имеют на это права; ahnen – предчувствовать, подсознательно ощущать). Und sie fü rchten (опасаются), die Entschlü sse (решения: der Entschluss; sich entschließ en – решаться / на что - либо /) der Eltern kö nnten das junge Geschwisterglü ck sofort und endgü ltig (тут же и окончательно) wieder zerstö ren (разрушить). Aber das andere brä chten sie erst recht nicht ü bers Herz (уж точно не смогли бы вынести: «не перенесли бы через сердце»): als wä re nichts geschehen (как будто бы ничего не произошло), zurü ckzufahren, woher sie gekommen sind! Weiterzuleben in der ihnen von den Eltern ungefragt zugewiesenen Hä lfte (продолжать жить в в указанной им родителями половине без их согласия; zuweisen – указывать)! Nein! Kurz und gut (короче говоря), es ist eine Verschwö rung im Gange (созрел заговор; der Gang – ход; im Gange sein – / как раз / происходить; schwö ren – клясться)! Der von Sehnsucht und Abenteuerlust geweckte (разбуженный тоской и желанием приключений: das Abenteuer + die Lust), phantastische Plan sieht so aus: Die beiden wollen die Kleider, Frisuren (прически: die Frisú r) und Existenzen (существования: die Existé nz) tauschen (поменять, обменяться)! Luise will, mit braven (с аккуратными: «примерными») Zö pfen (und auch sonst ums Bravsein bemü ht (и в остальном стараясь, заботясь о послушности, примерности = стараясь быть паинькой; die Mü he – старание, труд), als sei sie Lotte (как будто она /есть/ Лотта), zur Mutter, von der sie nichts als eine Fotografie kennt, «heimkehren (вернуться домой)»! Und Lotte wird, mit offenem Haar und so lustig und lebhaft (такой веселой и живой, оживленной), wie sie’s vermag (как только сможет: vermö gen), zum Vater nach Wien fahren! 2 Die Vorbereitungen auf die zukü nftigen Abenteuer waren grü ndlich (подготовка к будущему приключению была основательной; die Zukunft – будущее). Die Oktavhefte sind randvoll von Notizen (до краев наполнены записями; der Rand – край; die Notí z – запись). Man wird einander postlagernd (до востребования; lagern – складировать; das Lager – склад) schreiben, wenn Not am Mann ist (в случае крайней необходимости; die Not – нужда, потребность) oder wenn wichtige unvorhergesehene Ereignisse (непредвиденные обстоятельства: «события»; vorhersehen – предвидеть; vorher – заранее; das Ereignis; sich ereignen – случаться) eintreten sollten (случатся; eintreten – входить / в помещение /; случаться, происходить). 3 Vielleicht wird es ihrer gemeinsamen Aufmerksamkeit (их взаимной, обоюдной внимательности) am Ende sogar gelingen zu enträ tseln (удастся отгадать; das Rä tsel – загадка), warum die Eltern getrennt leben (живут раздельно; trennen – разделять, отделять)? Und vielleicht werden sie dann eines schö nen, eines wunderschö nen Tages miteinander und mit beiden Eltern – doch soweit wagen sie kaum zu denken (но об этом: «так далеко» они уж и не осмеливаются думать), geschweige denn (не говоря уж о том, чтобы), darü ber zu sprechen.
1 Merkt ihr, was sich anspinnt? Die Zwillinge wollen den Eltern noch immer nicht erzä hlen, dass sie Bescheid wissen. Sie wollen Vater und Mutter nicht vor Entscheidungen stellen. Sie ahnen, dass sie kein Recht dazu haben. Und sie fü rchten, die Entschlü sse der Eltern kö nnten das junge Geschwisterglü ck sofort und endgü ltig wieder zerstö ren. Aber das andere brä chten sie erst recht nicht ü bers Herz: als wä re nichts geschehen, zurü ckzufahren, woher sie gekommen sind! Weiterzuleben in der ihnen von den Eltern ungefragt zugewiesenen Hä lfte! Nein! Kurz und gut, es ist eine Verschwö rung im Gange! Der von Sehnsucht und Abenteuerlust geweckte, phantastische Plan sieht so aus: Die beiden wollen die Kleider, Frisuren und Existenzen tauschen! Luise will, mit braven Zö pfen (und auch sonst ums Bravsein bemü ht), als sei sie Lotte, zur Mutter, von der sie nichts als eine Fotografie kennt, «heimkehren»! Und Lotte wird, mit offenem Haar und so lustig und lebhaft, wie sie’s vermag, zum Vater nach Wien fahren! 2 Die Vorbereitungen auf die zukü nftigen Abenteuer waren grü ndlich. Die Oktavhefte sind randvoll von Notizen. Man wird einander postlagernd schreiben, wenn Not am Mann ist oder wenn wichtige unvorhergesehene Ereignisse eintreten sollten. 3 Vielleicht wird es ihrer gemeinsamen Aufmerksamkeit am Ende sogar gelingen zu enträ tseln, warum die Eltern getrennt leben? Und vielleicht werden sie dann eines schö nen, eines wunderschö nen Tages miteinander und mit beiden Eltern – doch soweit wagen sie kaum zu denken, geschweige denn, darü ber zu sprechen. 1 Das Gartenfest am Vorabend der Abreise (накануне отъезда) ist als Generalprobe (как генеральная репетиция) vorgesehen (предусмотрен, намечен, задуман). Lotte kommt als lockige, quirlige (бойкая; quirlen – взбивать, смешивать) Luise. Luise erscheint als brave, bezopfte Lotte. Und beide spielen ihre Rollen ausgezeichnet (отлично). Niemand merkt etwas (никто ничего не замечает)! Nicht einmal Trude, Luises Schulkameradin aus Wien! Es macht beiden einen Mordsspaß (жуткое удовольствие: der Mord – убийство + der Spaß – удовольствие), einander laut beim eigenen verschenkten Vornamen zu rufen (громко звать друг друга собственными «подаренными» именами; der Vorname). Lotte schlä gt vor Ü bermut Purzelbä ume (от веселья кувыркается; der Ü bermut – шаловливость, развязная веселость; purzeln – покатиться кубарем; der Purzelbaum – кувырок; einen Purzelbaum schlagen – кувырк а ться). Und Luise tut so sanft und still (ведет себя так кротко и тихо), als kö nne sie kein Hä rchen trü ben (как будто не может «замутить волоска») und kein Wä sserchen krü mmen (и «согнуть воду» – два фразеологических выражения в шутку перепутаны, чтобы подчеркнуть притворство Луизы). 2 Die Lampions schimmern (слабо светятся, мерцают) in den Sommerbä umen. Die Guirlanden schaukeln (раскачиваются) im Abendwind. Das Fest und die Ferien gehen zu Ende. An der Tombola werden die Gewinne verteilt (раздаются выигрыши: der Gewinn; gewinnen – выигрывать). Steffie, das arme Hascherl (бедняжка; das Hascherl – бедняжка / о девочке - ребенке /), gewinnt den ersten Preis, die Rollschuhe mit Kugellager. (Besser ein schwacher Trost als gar keiner (лучше слабое утешение, чем вовсе ничего; trö sten – утешать)! ) 3 Die Schwestern schlafen schließ lich, ihren Rollen getreu (верные своим ролям), in den vertauschten Betten und trä umen vor Aufregung wilde Dinge (и от волнения им снятся дикие вещи = чего им только не снится). Lotte beispielsweise wird in Wien am Bahnsteig von einer ü berlebensgroß en Fotografie ihres Vaters abgeholt («встречается», «встречаема» = ее встречает фотография ее отца, размером больше, чем он сам), und daneben steht ein weiß bemü tzter (в белой /поварской шапке/; die Mü tze) Hotelkoch mit einem Schubkarren (с тележкой: der Schubkarren; schieben – толкать; der Schub – толчок; der Karren = die Karre – тачка, тележка) voll gefü llter dampfender (дымящихся, от которых идет пар; der Dampf – пар) Eierkuchen – brrr!
1 Das Gartenfest am Vorabend der Abreise ist als Generalprobe vorgesehen. Lotte kommt als lockige, quirlige Luise. Luise erscheint als brave, bezopfte Lotte. Und beide spielen ihre Rollen ausgezeichnet. Niemand merkt etwas! Nicht einmal Trude, Luises Schulkameradin aus Wien! Es macht beiden einen Mordsspaß, einander laut beim eigenen verschenkten Vornamen zu rufen. Lotte schlä gt vor Ü bermut Purzelbä ume. Und Luise tut so sanft und still, als kö nne sie kein Hä rchen trü ben und kein Wä sserchen krü mmen. 2 Die Lampions schimmern in den Sommerbä umen. Die Guirlanden schaukeln im Abendwind. Das Fest und die Ferien gehen zu Ende. An der Tombola werden die Gewinne verteilt. Steffie, das arme Hascherl, gewinnt den ersten Preis, die Rollschuhe mit Kugellager. (Besser ein schwacher Trost als gar keiner! ) 3 Die Schwestern schlafen schließ lich, ihren Rollen getreu, in den vertauschten Betten und trä umen vor Aufregung wilde Dinge. Lotte beispielsweise wird in Wien am Bahnsteig von einer ü berlebensgroß en Fotografie ihres Vaters abgeholt, und daneben steht ein weiß bemü tzter Hotelkoch mit einem Schubkarren voll gefü llter dampfender Eierkuchen – brrr! 1 A m nä chsten Morgen, in aller Herrgottsfrü he (чуть свет, спозаранку), fahren in der Bahnstation Egern, bei Seebü hl am Bü hlsee, zwei aus entgegengesetzten Richtungen (из противоположных направлений) kommende Zü ge ein. Dutzende (дюжины: das Dutzend) kleiner Mä dchen klettern schnatternd in die Abteile (залезают, карабкаются, «гогоча» = шумя в купе: das Abteil). Lotte beugt sich weit aus dem Fenster. Aus einem Fenster des anderen Zuges winkt Luise. Sie lä cheln einander Mut zu (они улыбаются друг другу подбадривающе: der Mut – мужество, смелость). Die Herzen klopfen (стучат). Das Lampenfieber (волнение перед выступлением; das Fieber – лихорадка) wä chst. Wenn jetzt nicht die Lokomotiven zischten und spuckten (если бы не зашипели и не стали плеваться) – die kleinen Mä dchen wü rden vielleicht (бы пожалуй) im letzten Moment doch noch (все же) – 2 Aber nein, der Fahrplan hat das Wort (слово /теперь/ за расписанием). Der Stationsvorsteher hebt sein Zepter (станционный смотритель поднимает свой скипетр; der Vorsteher – руководитель, начальник). Die Zü ge setzen sich gleichzeitig in Bewegung (одновременно приходят в движение). Kinderhä nde winken.
Lotte fä hrt als Luise nach Wien. Und Luise als Lotte nach Mü nchen.
1 Am nä chsten Morgen, in aller Herrgottsfrü he, fahren in der Bahnstation Egern, bei Seebü hl am Bü hlsee, zwei aus entgegengesetzten Richtungen kommende Zü ge ein. Dutzende kleiner Mä dchen klettern schnatternd in die Abteile. Lotte beugt sich weit aus dem Fenster. Aus einem Fenster des anderen Zuges winkt Luise. Sie lä cheln einander Mut zu. Die Herzen klopfen. Das Lampenfieber wä chst. Wenn jetzt nicht die Lokomotiven zischten und spuckten – die kleinen Mä dchen wü rden vielleicht im letzten Moment doch noch – 2 Aber nein, der Fahrplan hat das Wort. Der Stationsvorsteher hebt sein Zepter. Die Zü ge setzen sich gleichzeitig in Bewegung. Kinderhä nde winken. Lotte fä hrt als Luise nach Wien. Und Luise als Lotte nach Mü nchen. Fü nftes Kapitel
Ein Kind auf einem Koffer – Die einsamen Onkels im «Imperial» – Von Peperl und dem untrü glichen Instinkt der Tiere – «Luise» fragt, ob sie in der Oper winken darf – Rechenfehler im Haushaltsbuch – Shirley Temple durfte sich ihre eigenen Filme nicht ansehen – Herrn Kapellmeister Palfys kompliziertes Innenleben 1 Mü nchen. Hauptbahnhof, Bahnsteig 16 (перрон: der Bahnsteig). Die Lokomotive steht still und ringt nach Luft (задыхается, борется с одышкой: «стремится получить воздух»; ringen – бороться). In dem Strom der Reisenden (в потоке путешествующих = приехавших: der Strom) haben sich Inseln des Wiedersehens gebildet (образовались островки встреч: die Insel). Kleine Mä dchen umhalsen (обнимают; der Hals – шея) ihre strahlenden Eltern. Man vergisst vor lauter selig gerü hrtem Schwadronieren («от сплошной блаженно тронутой = чувствительной, сердечной болтовни»; schwadronieren – оживленно болтать; бахвалиться; die Schwadron – эскадрон; schwadronieren / первоначально / – размахивать во все стороны саблей), dass man ja erst (ведь еще только) auf dem Bahnhof und noch gar nicht daheim ist (а еще вовсе не дома)! 2 Allmä hlich (постепенно) wird der Bahnsteig aber doch leer. 3 Und zum Schluss (под конец; der Schluss) steht nur noch ein einziges Kind da, ein Kind mit Zö pfen und Zopfschleifen (с бантами; die Schleife – бант). Bis gestern trug es Locken. Bis gestern hieß es Luise Palfy. 4 Das kleine Mä dchen hockt sich schließ lich auf den Koffer und beiß t die Zä hne zusammen (стискивает зубы; beiß en – кусать; der Zahn). Im Bahnhof einer fremden Stadt auf seine Mutter zu warten, die man nur als Fotografie kennt und die nicht kommt, – das ist kein Kinderspiel (это не детская игра = не игрушки, не шуточки)!
1 Mü nchen. Hauptbahnhof, Bahnsteig 16. Die Lokomotive steht still und ringt nach Luft. In dem Strom der Reisenden haben sich Inseln des Wiedersehens gebildet. Kleine Mä dchen umhalsen ihre strahlenden Eltern. Man vergisst vor lauter selig gerü hrtem Schwadronieren, dass man ja erst auf dem Bahnhof und noch gar nicht daheim ist! 2 Allmä hlich wird der Bahnsteig aber doch leer. 3 Und zum Schluss steht nur noch ein einziges Kind da, ein Kind mit Zö pfen und Zopfschleifen. Bis gestern trug es Locken. Bis gestern hieß es Luise Palfy. 4 Das kleine Mä dchen hockt sich schließ lich auf den Koffer und beiß t die Zä hne zusammen. Im Bahnhof einer fremden Stadt auf seine Mutter zu warten, die man nur als Fotografie kennt und die nicht kommt, – das ist kein Kinderspiel! 1 Frau Luiselotte Palfy, geborene (урожденная) Kö rner, die sich seit sechseinhalb Jahren, seit ihrer Scheidung /со времени развода, с тех пор, как развелась/), wieder Luiselotte Kö rner nennt, ist im Verlag (в издательстве: der Verlag) der «Mü nchner Illustrierte», wo sie als Bildredakteurin angestellt ist (работает художественным редактором; anstellen – нанимать на работу), durch neu eingetroffenes Material fü r die aktuellen Seiten aufgehalten worden (была задержана из-за новопоступившего материала для «актуальных страниц» = новостей: aufhalten – задержать). 2 Endlich hat sie ein Taxi ergattert (поймала: «раздобыла»). Endlich hat sie eine Bahnsteigkarte erkä mpft (приобрела с трудом: «завоевала билет на перрон»). Endlich hat sie im Dauerlauf (трусцой: «продолжительным бегом»: die Dauer – продолжительность + der Lauf – бег) Bahnsteig 16 erreicht (достигла = добралась). 3 Der Bahnsteig ist leer. 4 Nein! Ganz, ganz hinten (вдалеке: «совсем позади») sitzt ein Kind auf einem Koffer! Die junge Frau rast wie die Feuerwehr (мчится, как пожарная машина: das Feuer – огонь + die Wehr – оборона, защита) den Bahnsteig entlang! 5 Einem kleinen Mä dchen, das auf einem Koffer hockt, zittern die Knie (дрожат колени: das Knie). Ein ungeahntes Gefü hl (неожиданное, непредвиденное чувство) ergreift (охватывает) das Kinderherz. Diese junge, glü ckstrahlende, diese wirkliche, wirbelnde (подвижная, оживленная; wirbeln – кружиться / например, о снежинках /; бурлить), lebendige Frau ist ja die Mutter! «Mutti! » 6 Luise stü rzt der Frau entgegen (бросается навстречу) und springt ihr, die Arme hochwerfend, an den Hals. 7 «Mein Hausmü tterchen», flü stert die junge Frau unter Trä nen. «Endlich, endlich hab ich dich wieder! » 8 Der kleine Kindermund kü sst leidenschaftlich (страстно; die Leidenschaft – страсть; leiden – страдать) ihr weiches Gesicht (мягкое лицо), ihre zä rtlichen Augen, ihre Lippen, ihr Haar, ihr schickes Hü tchen (элегантную шляпку). Ja, das Hü tchen auch!
1 Frau Luiselotte Palfy, geborene Kö rner, die sich seit sechseinhalb Jahren (seit ihrer Scheidung) wieder Luiselotte Kö rner nennt, ist im Verlag der «Mü nchner Illustrierte», wo sie als Bildredakteurin angestellt ist, durch neu eingetroffenes Material fü r die aktuellen Seiten aufgehalten worden. 2 Endlich hat sie ein Taxi ergattert. Endlich hat sie eine Bahnsteigkarte erkä mpft. Endlich hat sie im Dauerlauf Bahnsteig 16 erreicht. Der Bahnsteig ist leer. 4 Nein! Ganz, ganz hinten sitzt ein Kind auf einem Koffer! Die junge Frau rast wie die Feuerwehr den Bahnsteig entlang! 5 Einem kleinen Mä dchen, das auf einem Koffer hockt, zittern die Knie. Ein ungeahntes Gefü hl ergreift das Kinderherz. Diese junge, glü ckstrahlende, diese wirkliche, wirbelnde, lebendige Frau ist ja die Mutter! «Mutti! » 6 Luise stü rzt der Frau entgegen und springt ihr, die Arme hochwerfend, an den Hals. 7 «Mein Hausmü tterchen», flü stert die junge Frau unter Trä nen. «Endlich, endlich hab ich dich wieder! » 8 Der kleine Kindermund kü sst leidenschaftlich ihr weiches Gesicht, ihre zä rtlichen Augen, ihre Lippen, ihr Haar, ihr schickes Hü tchen. Ja, das Hü tchen auch! 1 Sowohl im Restaurant als auch (как... так и...) in der Kü che des Hotels «Imperial» in Wien herrscht wohlwollende Aufregung (царит: «господствует» доброжелательное волнение, оживление). Der Liebling der Stammgä ste (любимица завсегдатаев; der Stamm – ствол; племя) und der Angestellten (служащих, работников), die Tochter des Opernkapellmeisters Palfy, ist wieder da! 2 Lotte, pardon, Luise sitzt, wie es alle gewohnt sind (как все к этому привыкли), auf dem angestammten Stuhl (на «унаследованном» ею стуле = на привычном месте) mit den zwei hohen Kissen (подушками: das Kissen) und isst mit Todesverachtung (презирая смерть: «с презрением смерти» = отважно; der Tod – смерть; verachten – презирать; achten – уважать, принимать во внимание) gefü llte Eierkuchen. 3 Die Stammgä ste kommen, einer nach dem anderen, zum Tisch, streichen dem kleinen Mä dchen ü ber die Locken, klopfen ihm zä rtlich die Schultern (похлопывают по плечам), fragen, wie es ihm im Ferienheim gefallen hat, meinen (высказывают мнение), in Wien beim Papa sei’s aber doch wohl am schö nsten, legen allerlei Geschenke (всяческие подарки: das Geschenk) auf den Tisch: Zuckerln (леденцы: das Zuckerl), Schokolade, Pralinen (шоколадные конфеты: die Pralí ne), Buntstifte (цветные карандаши, фламастеры), ja, einer holt sogar ein kleines altmodisches Nä hzeug (швейные принадлежности; nä hen – шить) aus der Tasche und sagt verlegen (смущенно), es sei noch von seiner Groß mutter selig (от его покойной бабушки /остались/; selig – блаженный), – dann nicken sie dem Kapellmeister zu und wandern (бредут) an ihre Tische zurü ck. Heute wird ihnen das Essen endlich wieder richtig schmecken, den einsamen Onkels (этим одиноким дядюшкам)! 4 Am besten schmeckt’s freilich (правда) dem Herrn Kapellmeister selber. Ihm, der sich immer aufs Einsamseinmü ssen aller «wahren Kunstnaturen» so viel zugute getan (который всегда полагал /и придерживался этого, и гордился этим/, что все «подлинные художественные натуры» должны быть одиноки; sich auf eine Sache zugute tun/halten – гордиться чем - либо, воображать себе что - либо / о себе, о своем /) und der seine verflossene Ehe (свой прошлый: «утекший» брак; fließ en – течь) stets (постоянно, всегда) fü r einen Fehltritt ins Bü rgerliche gehalten hat (считал ошибочным «шагом в мещанство»: «в гражданское, обывательское»), ihm ist heute hö chst (крайне, в высшей степени) «unkü nstlerisch» warm und familiä r ums Herz. Und als die Tochter schü chtern (смущенно) lä chelnd seine Hand ergreift, als habe sie Angst (словно боится), der Vater kö nne ihr sonst womö glich davonlaufen (что отец иначе может, пожалуй, убежать от нее), da hat er wahrhaftig (действительно, по-настоящему), obgleich er Beinfleisch (хотя он вареную ногу /говядину/) und keineswegs Knö del verspeist (а вовсе не фрикадельки, клецки: der Knö del / южно - нем./), einen Kloß im Hals (ком в горле; der Kloß – клецка, фрикаделька; ком / в горле /)! 5 Ach, und da kommt der Kellner (официант) Franz schon wieder mit einem neuen Eierkuchen angewedelt (услужливо подходит; wedeln – вилять хвостом)! 6 Lotte schü ttelt die Locken. «Ich kann nimmer (я больше не могу; nimmer – никогда), Herr Franz! » 7 «Aber Luiserl (Луизочка)! » meint der Kellner vorwurfsvoll (с упреком; der Vorwurf – упрек; jemandem etwas vorwerfen – упрекать кого - либо в чем - либо). «Es ist doch erst der Fü nfte! » 8 Nachdem der Herr Franz leicht bekü mmert (озабоченно; der Kummer – горе; огорчение, заботы) mitsamt (вместе с) dem fü nften Eierkuchen in die Kü che zurü ckgesegelt ist (уплыл, прошествовал; das Segel – парус; segeln – идти под парусом), nimmt sich Lotte ein Herz (набирается смелости) und sagt: «Weiß t du was, Vati, – ab morgen (с завтрашнего дня) ess ich immer das, was du isst! » 9 «Nanu! » ruft der Herr Kapellmeister. «Und wenn ich nun Geselchtes (копченое /южно-нем./ = Gerä uchertes) ess? » Das kannst du doch nicht ausstehen (ты же этого терпеть: «выносить» не можешь)! Da wird dir doch ü bel («тут» = тогда, в таком случае тебе ведь станет дурно)! 10 «Wenn du Geselchtes isst», meint sie zerknirscht (подавленно, сокрушенно), «kann ich ja wieder Eierkuchen essen.» (Es ist halt (значит, вот так вот /ничего не поделаешь/) doch nicht ganz so einfach, seine eigene Schwester zu sein (быть своей собственной сестрой)! ) Und nun (а что ж теперь)? 11 Und nun erscheint (появляется) der Hofrat Strobl mit Peperl. Peperl ist ein Hund. «Schau, Peperl», sagt der Herr Hofrat (придворный советник /почетный титул, дававшийся государственным служащим за заслуги/) lä chelnd, «wer wieder da ist! Geh hin und sag dem Luiserl Grü ß Gott (здравствуй: «да приветствует Бог» /южно-нем./)! » 12 Peperl wedelt mit dem Schwanz und trabt (бежит рысцой) eifrig (усердно = поспешно) an Palfys Tisch, um dem Luiserl, seiner alten Freundin, Grü ß Gott zu sagen. 13 Ja, Kuchen, nein, Hundekuchen (собачье печенье /корм/)! Als Peperl am Tisch angekommen ist, beschnuppert er (обнюхивает) das kleine Mä dchen und zieht sich, ohne Grü ß Gott, eiligst zum Herrn Hofrat zurü ck (убегает обратно). «So ein blö des Viech (вот глупая скотина)! » bemerkt dieser ungnä dig («немилостиво» = недовольно; die Gnade – милость). «Erkennt seine beste Freundin nicht wieder (не узнает)! Bloß weil sie ein paar Wochen am Land war (за городом)! Und da reden die Leut immer, ganz g’schwolln (= geschwollen – напыщенно; schwellen – отекать, пухнуть, вздуваться), vom unrü glichen Instinkt der Tiere (о «безупречном» инстинкте животных; rü gen – порицать, отчитывать; der Instinkt)! » Lottchen aber denkt bei sich (про себя): ‘Ein Glü ck, dass die Hofrä te nicht so gescheit (умны) wie der Peperl sind! ’
1 Sowohl im Restaurant als auch in der Kü che des Hotels «Imperial» in Wien herrscht wohlwollende Aufregung. Der Liebling der Stammgä ste und der Angestellten, die Tochter des Opernkapellmeisters Palfy, ist wieder da! 2 Lotte, pardon, Luise sitzt, wie es alle gewohnt sind, auf dem angestammten Stuhl mit den zwei hohen Kissen und isst mit Todesverachtung gefü llte Eierkuchen. 3 Die Stammgä ste kommen, einer nach dem anderen, zum Tisch, streichen dem kleinen Mä dchen ü ber die Locken, klopfen ihm zä rtlich die Schultern, fragen, wie es ihm im Ferienheim gefallen hat, meinen, in Wien beim Papa sei’s aber doch wohl am schö nsten, legen allerlei Geschenke auf den Tisch: Zuckerln, Schokolade, Pralinen, Buntstifte, ja, einer holt sogar ein kleines altmodisches Nä hzeug aus der Tasche und sagt verlegen, es sei noch von seiner Groß mutter selig, – dann nicken sie dem Kapellmeister zu und wandern an ihre Tische zurü ck. Heute wird ihnen das Essen endlich wieder richtig schmecken, den einsamen Onkels! 4 Am besten schmeckt’s freilich dem Herrn Kapellmeister selber. Ihm, der sich immer aufs Einsamseinmü ssen aller «wahren Kunstnaturen» soviel zugute getan und der seine verflossene Ehe stets fü r einen Fehltritt ins Bü rgerliche gehalten hat, ihm ist heute hö chst «unkü nstlerisch» warm und familiä r ums Herz. Und als die Tochter schü chtern lä chelnd seine Hand ergreift, als habe sie Angst, der Vater kö nne ihr sonst womö glich davonlaufen, da hat er wahrhaftig, obgleich er Beinfleisch und keineswegs Knö del verspeist, einen Kloß im Hals! 5 Ach, und da kommt der Kellner Franz schon wieder mit einem neuen Eierkuchen angewedelt! 6 Lotte schü ttelt die Locken. «Ich kann nimmer, Herr Franz! » 7 «Aber Luiserl! » meint der Kellner vorwurfsvoll. «Es ist doch erst der Fü nfte! » 8 Nachdem der Herr Franz leicht bekü mmert mitsamt dem fü nften Eierkuchen in die Kü che zurü ckgesegelt ist, nimmt sich Lotte ein Herz und sagt: «Weiß t du was, Vati, – ab morgen ess ich immer das, was du isst! » 9 «Nanu! » ruft der Herr Kapellmeister. «Und wenn ich nun Geselchtes ess? » Das kannst du doch nicht ausstehen! Da wird dir doch ü bel! 10 «Wenn du Geselchtes isst», meint sie zerknirscht, «kann ich ja wieder Eierkuchen essen.» (Es ist halt doch nicht ganz so einfach, seine eigene Schwester zu sein! ) Und nun? 11 Und nun erscheint der Hofrat Strobl mit Peperl. Peperl ist ein Hund. «Schau, Peperl», sagt der Herr Hofrat lä chelnd, «wer wieder da ist! Geh hin und sag dem Luiserl Grü ß Gott! » 12 Peperl wedelt mit dem Schwanz und trabt eifrig an Palfys Tisch, um dem Luiserl, seiner alten Freundin, Grü ß Gott zu sagen. 13 Ja, Kuchen, nein, Hundekuchen! Als Peperl am Tisch angekommen ist, beschnuppert er das kleine Mä dchen und zieht sich, ohne Grü ß Gott, eiligst zum Herrn Hofrat zurü ck. «So ein blö des Viech! » bemerkt dieser ungnä dig. «Erkennt seine beste Freundin nicht wieder! Bloß weil sie ein paar Wochen am Land war! Und da reden die Leut immer, ganz g’schwolln, vom unrü glichen Instinkt der Tiere! » Lottchen aber denkt bei sich: ‘Ein Glü ck, dass die Hofrä te nicht so gescheit wie der Peperl sind! ’ 1 Der Herr Kapellmeister und seine Tochter sind, mit den Geschenken der Stammgä ste, dem Koffer, der Puppe und der Badetasche beladen (нагруженные), zu Haus in der Rotenturmstraß e eingetroffen (прибыли). Und Resi, Palfys Haushä lterin (экономка, домработница), hat sich vor Wiedersehensfreude gar nicht zu lassen gewusst (все не могла успокоиться от радости встречи, свидания). 2 Aber Lotte weiß von Luise, dass Resi eine falsche Blunzen (die Blunze(n) / южно - нем./ – кровяная колбаса /=die Blutwurst/; толстая, неловкая женщина = не и скренняя тетка) und ihr Getue (ее /неестественное, показное/ поведение, действия) Theater ist. Vater merkt natü rlich nichts. Mä nner merken nie etwas! 3 Er fischt ein Billett aus der Brieftasche (выуживает билет из бумажника), gibt es der Tochter und sagt: «Heute Abend dirigier ich Humperdincks ‘Hä nsel und Gretel’! Resi bringt dich ins Theater und holt dich nach Schluss wieder ab.» 4 «Oh! » Lotte strahlt. «Kann ich dich von meinem Platz aus sehen? » 5 «Freilich (конечно).» 6 «Und guckst du manchmal zu mir hin (поглядишь иногда в мою сторону)? » 7 «Na selbstverstä ndlich (само собой разумеется)! » 8 «Und darf ich ein bisschen winken, wenn du guckst? » 9 «Ich werd sogar zurü ckwinken, Luiserl! » 10 Dann klingelt das Telefon. Am anderen Ende redet eine weibliche Stimme (женский голос). Der Vater antwortet ziemlich einsilbig (довольно односложно; die Silbe – слог). Aber wie er den Hö rer aufgelegt hat (когда положил трубку), hat er es dann doch ziemlich eilig (почему-то вдруг заспешил). Er muss noch ein paar Stunden allein sein, ja, und komponieren (сочинять музыку). Denn schließ lich (в конце концов) ist er nicht nur Kapellmeister, sondern auch Komponist. Und komponieren kann er nun einmal (ведь) nicht zu Hause. Nein, dafü r hat er sein Atelier in der Ringstraß e. Also... 11 «Morgen Mittag auf Wiedersehen im Imperial! » 12 «Und ich darf dir in der Oper zuwinken, Vati? » 13 «Natü rlich, Kind. Warum denn nicht (почему бы нет)? » 14 Kuss auf die ernste Kinderstirn (детский лоб)! Hut auf den kantigen Kü nstlerkopf (на своевольную, упрямую: «угловатую» голову художника, артиста; die Kante – край, угол)! Die Tü r schlä gt zu (захлопывается). 15 Das kleine Mä dchen geht langsam zum Fenster und denkt bekü mmert ü ber das Leben nach (размышляет: ü ber etwas nachdenken). Die Mutter darf nicht zu Hause arbeiten. Der Vater kann nicht zu Hause arbeiten. 16 Man hat’s schwer mit den Eltern (трудно приходится с /этими/ родителями)! 17 Aber da sie, nicht zuletzt (не в последнюю очередь) dank der mü tterlichen Erziehung (благодаря материнскому воспитанию; erziehen – воспитывать), ein resolutes und praktisches Persö nchen ist (решительная и практичная маленькая личность), steckt sie sehr bald das Nachdenken auf (отбрасывает размышления, перестает заниматься раздумьями), bewaffnet sich (вооружается; die Waffe – оружие) mit ihrem Oktavheft und beginnt an Hand (при помощи) von Luises Angaben (показаний, данных; die Angabe; angeben – указывать / сведения /) systematisch, Zimmer fü r Zimmer (комнату за комнатой), die schö ne Altwiener Wohnung fü r sich zu entdecken (открывать). 18 Nachdem sie die Forschungsreise hinter sich hat (после того, как она завершила: «имеет за собой, позади себя» «исследовательское путешествие»), setzt sie sich aus alter Gewohnheit (по старой привычке) an den Kü chentisch und rechnet in dem herumliegenden Haushaltsbuch der Reihe nach die Ausgabenspalten durch (просчитывает в валяющейся рядом книге домашних расходов по порядку колонки расходов: die Ausgabe + die Spalte – столбец, колонка; ausgeben – тратить; spalten – расщеплять). 19 Dabei fä llt ihr zweierlei auf (при этом ей бросаются в глаза две вещи: auffallen). Erstens hat sich Resi, die Haushä lterin, auf fast jeder Seite verrechnet (просчиталась, ошиблась). Und zweitens hat sie das jedesmal zu ihren Gunsten getan (в свою пользу; die Gunst – благосклонность, одолжение; покровительство)! 20 «Ja, was soll das heiß en (так, что это значит)? » Resi steht in der Kü chentü r. «Ich hab in deinem Buch nachgerechnet (пересчитала: «посчитала вслед» = проверила расчеты)», sagt Lotte leise, aber bestimmt (тихо, но уверенно = уверенным голосом). 21 «Was sind denn das fü r neue Moden (что за новая мода = это еще что такое)? » fragt Resi bö se. «Rechne du in der Schule, wo’s hingehö rt (где это требуется: «куда это относится»)! » 22 «Ich werd jetzt immer bei dir nachrechnen», erklä rt das Kind sanft (мягко, тихо) und hupft (спрыгивает) vom Kü chenstuhl. «Wir lernen in der Schule, aber nicht fü r die Schule, hat die Lehrerin gesagt.» Damit stolziert sie (гордо выходит, шествует) aus der Tü r. 23 Resi starrt (смотрит, неподвижно уставившись) verblü fft (сбитая с толку) hinterdrein (вслед за ней).
1 Der Herr Kapellmeister und seine Tochter sind, mit den Geschenken der Stammgä ste, dem Koffer, der Puppe und der Badetasche beladen, zu Haus in der Rotenturmstraß e eingetroffen. Und Resi, Palfys Haushä lterin, hat sich vor Wiedersehensfreude gar nicht zu lassen gewusst. 2 Aber Lotte weiß von Luise, dass Resi eine falsche Blunzen und ihr Getue Theater ist. Vater merkt natü rlich nichts. Mä nner merken nie etwas! 3 Er fischt ein Billett aus der Brieftasche, gibt es der Tochter und sagt: «Heute Abend dirigier ich Humperdincks ‘Hä nsel und Gretel’! Resi bringt dich ins Theater und holt dich nach Schluss wieder ab.» 4 «Oh! » Lotte strahlt. «Kann ich dich von meinem Platz aus sehen? » Freilich.» |
Последнее изменение этой страницы: 2019-03-30; Просмотров: 239; Нарушение авторского права страницы