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Sie reisen nach Kopenhagen?» ⇐ ПредыдущаяСтр 3 из 3
4 «Ja, ich bin auf der Reise in ein dä nisches Seebad.» 5 «Seebad? – Ja, Sie mü ssen mal Ihre Papiere vorweisen», sagte der Polizist, indem er das letzte Wort mit besonderer Genugtuung aussprach. 6 «Papiere...» Er hatte keine Papiere. Er zog seine Brieftasche hervor und blickte hinein; aber es befand sich auß er einigen Geldscheinen nichts darin als die Korrektur einer Novelle, die er an seinem Reiseziel zu erledigen gedachte. Er verkehrte nicht gern mit Beamten und hatte sich noch niemals einen Pass ausstellen lassen... 7 «Es tut mir Leid», sagte er, «aber ich fü hre keine Papiere bei mir.» 8 «So? » sagte der Polizist... «Gar keine? – Wie ist Ihr Name? » 9 Tonio Krö ger antwortete ihm. 10 «Ist das auch wahr?! » fragte der Polizist, reckte sich auf und ö ffnete plö tzlich seine Nasenlö cher, so weit er konnte... 11 «Vollkommen wahr», antwortete Tonio Krö ger. Was sind Sie denn? » 13 Tonio Krö ger schluckte hinunter und nannte mit fester Stimme sein Gewerbe. – Herr Seehaase hob den Kopf und sah neugierig in sein Gesicht empor. 14 «Hm! » sagte der Polizist. «Und Sie geben an, nicht identisch zu sein mit einem Individium namens –» Er sagte «Individium» und buchstabierte dann aus dem buntbeschriebenen Papier einen ganz verzwickten und romantischen Namen zusammen, der aus den Lauten verschiedener Rassen abenteuerlich gemischt erschien und den Tonio Krö ger im nä chsten Augenblick wieder vergessen hatte. «– Welcher», fuhr er fort, «von unbekannten Eltern und unbestimmter Zustä ndigkeit wegen verschiedener Betrü gereien und anderer Vergehen von der Mü nchener Polizei verfolgt wird und sich wahrscheinlich auf der Flucht nach Dä nemark befindet? » 15 «Ich gebe das nicht nur an», sagte Tonio Krö ger und machte eine nervö se Bewegung mit den Schultern. – Dies rief einen gewissen Eindruck hervor. 16 «Wie? Ach so, na gewiss! » sagte der Polizist. «Aber dass Sie auch gar nichts vorweisen kö nnen! » Auch Herr Seehaase legte sich beschwichtigend ins Mittel. 18 «Das Ganze ist eine Formalitä t», sagte er, «nichts weiter! Sie mü ssen bedenken, dass der Beamte nur seine Schuldigkeit tut. Wenn Sie sich irgendwie legitimieren kö nnten... Ein Papier...» 19 Alle schwiegen. Sollte er der Sache ein Ende machen, indem er sich zu erkennen gab, indem er Herrn Seehaase erö ffnete, dass er kein Hochstapler von unbestimmter Zustä ndigkeit sei, von Geburt kein Zigeuner im grü nen Wagen, sondern der Sohn Konsul Krö gers, aus der Familie der Krö ger? Nein, er hatte keine Lust dazu. Und waren diese Mä nner der bü rgerlichen Ordnung nicht im Grunde ein wenig im Recht? Gewissermaß en war er ganz einverstanden mit ihnen... Er zuckte die Achseln und blieb stumm.
1 «Was haben Sie denn da? » fragte der Polizist. «Da, in dem Portefö hch (= das Portefeuille – портфель, папка; бумажник /устар./)? » 2 «Hier? Nichts. Es ist eine Korrektur», antwortete Tonio Krö ger. 3 «Korrektur? Wieso? Lassen Sie mal sehen.» 4 Und Tonio Krö ger ü berreichte (передал, вручил) ihm seine Arbeit. Der Polizist breitete sie auf der Pultplatte aus und begann darin zu lesen. Auch Herr Seehaase trat nä her herzu und beteiligte sich an der Lektü re. Tonio Krö ger blickte ihnen ü ber die Schultern und beobachtete, bei welcher Stelle sie seien. Es war ein guter Moment, eine Pointe und Wirkung, die er vortrefflich herausgearbeitet hatte (превосходно разработал). Er war zufrieden mit sich. 5 «Sehen Sie! » sagte er. «Da steht mein Name. Ich habe dies geschrieben, und nun wird es verö ffentlicht, verstehen Sie.» 6 «Nun, das genü gt! » sagte Herr Seehaase mit Entschluss, raffte die Blä tter zusammen (zusammenraffen – поспешно собирать, сгребать; raffen – собирать, подбирать /складками – ткань и т.п/: das lange Kleid raffen), faltete sie und gab sie ihm zurü ck. «Das muss genü gen, Petersen! » wiederholte er kurz, indem er verstohlen die Augen schloss und abwinkend den Kopf schü ttelte. «Wir dü rfen den Herrn nicht lä nger aufhalten (задерживать). Der Wagen wartet. Ich bitte sehr, die kleine Stö rung zu entschuldigen, mein Herr. Der Beamte hat ja nur seine Pflicht getan, aber ich sagte ihm sofort, dass er auf falscher Fä hrte sei (пустился по ложному следу)...» 7 So? dachte Tonio Krö ger. 8 Der Polizist schien nicht ganz einverstanden; er wandte noch etwas ein (einwenden – возражать, противоречить) von «Individuum» und «vorweisen». Aber Herr Seehaase fü hrte seinen Gast unter wiederholten Ausdrü cken des Bedauerns durch das Vestibü l zurü ck, geleitete ihn zwischen den beiden Lö wen hindurch zum Wagen und schloss selbst unter Achtungsbezeugungen (выражая почтение; die Achtung – почтение; внимание; die Bezeugung – свидетельство; уверение; bezeugen – /за/свидетельствовать, утверждать, удостоверять; der Zeuge – свидетель) den Schlag (дверцу экипажа) hinter ihm. Und dann rollte die lä cherlich hohe und breite Droschke stolpernd (подскакивая: «спотыкаясь»), klirrend (звеня) und lä rmend die steilen Gassen hinab zum Hafen... 9 Dies war Tonio Krö gers seltsamer Aufenthalt (пребывание) in seiner Vaterstadt.
1 «Was haben Sie denn da? » fragte der Polizist. «Da, in dem Portefö hch? » 2 «Hier? Nichts. Es ist eine Korrektur», antwortete Tonio Krö ger. Korrektur? Wieso? Lassen Sie mal sehen.» 4 Und Tonio Krö ger ü berreichte ihm seine Arbeit. Der Polizist breitete sie auf der Pultplatte aus und begann darin zu lesen. Auch Herr Seehaase trat nä her herzu und beteiligte sich an der Lektü re. Tonio Krö ger blickte ihnen ü ber die Schultern und beobachtete, bei welcher Stelle sie seien. Es war ein guter Moment, eine Pointe und Wirkung, die er vortrefflich herausgearbeitet hatte. Er war zufrieden mit sich. 5 «Sehen Sie! » sagte er. «Da steht mein Name. Ich habe dies geschrieben, und nun wird es verö ffentlicht, verstehen Sie.» 6 «Nun, das genü gt! » sagte Herr Seehaase mit Entschluss, raffte die Blä tter zusammen, faltete sie und gab sie ihm zurü ck. «Das muss genü gen, Petersen! » wiederholte er kurz, indem er verstohlen die Augen schloss und abwinkend den Kopf schü ttelte. «Wir dü rfen den Herrn nicht lä nger aufhalten. Der Wagen wartet. Ich bitte sehr, die kleine Stö rung zu entschuldigen, mein Herr. Der Beamte hat ja nur seine Pflicht getan, aber ich sagte ihm sofort, dass er auf falscher Fä hrte sei...» 7 So? dachte Tonio Krö ger. 8 Der Polizist schien nicht ganz einverstanden; er wandte noch etwas ein von «Individuum» und «vorweisen». Aber Herr Seehaase fü hrte seinen Gast unter wiederholten Ausdrü cken des Bedauerns durch das Vestibü l zurü ck, geleitete ihn zwischen den beiden Lö wen hindurch zum Wagen und schloss selbst unter Achtungsbezeugungen den Schlag hinter ihm. Und dann rollte die lä cherlich hohe und breite Droschke stolpernd, klirrend und lä rmend die steilen Gassen hinab zum Hafen... 9 Dies war Tonio Krö gers seltsamer Aufenthalt in seiner Vaterstadt.
VII
1 Die Nacht fiel ein, und mit einem schwimmenden Silberglanz stieg schon der Mond empor, als Tonio Krö gers Schiff die offene See gewann. Er stand am Bugspriet, in seinen Mantel gehü llt vor dem Winde, der mehr und mehr erstarkte, und blickte hinab in das dunkle Wandern und Treiben (оживление; дрейф; treiben – гнать) der starken, glatten Wellenleiber dort unten, die umeinander schwankten (качаться, шататься), sich klatschend begegneten (хлопая, сталкивались), in unerwarteten Richtungen auseinanderschossen und plö tzlich schaumig (пенно; der Schaum – пена) aufleuchteten (вспыхивали)... 2 Eine schaukelnde und still entzü ckte (восхищенное) Stimmung erfü llte ihn. Er war ein wenig niedergeschlagen (подавлен) gewesen, dass man ihn daheim als Hochstapler hatte verhaften (арестовать) wollen, ja, – obgleich er es gewissermaß en in der Ordnung gefunden hatte. Aber dann, nachdem er sich eingeschifft (сел на корабль, взошел на борт), hatte er, wie als Knabe zuweilen mit seinem Vater, dem Verladen (погрузка; verladen – грузить, производить погрузку) der Waren zugesehen, mit denen man, unter Rufen, die ein Gemisch aus Dä nisch und Plattdeutsch (нижненемецкое наречие) waren, den tiefen Bauch des Dampfers (пароход) fü llte, hatte gesehen, wie man auß er den Ballen (der Ballen – тюк) und Kisten auch einen Eisbä ren und einen Kö nigstiger in dick vergitterten Kä figen hinabließ, die wohl von Hamburg kamen und fü r eine dä nische Menagerie (зверинец) bestimmt waren; und dies hatte ihn zerstreut (развлекло: «рассеяло»; streuen – сыпать, посыпать). Wä hrend dann das Schiff zwischen den flachen Ufern den Fluss entlangglitt (скользил вдоль; gleiten), hatte er Polizist Petersens Verhö r (das Verhö r – допрос) ganz und gar vergessen; und alles, was vorher gewesen war, seine sü ß en, traurigen und reuigen Trä ume der Nacht, der Spaziergang, den er gemacht, der Anblick des Walnussbaumes, war wieder in seiner Seele stark geworden. Und nun, da das Meer sich ö ffnete, sah er von fern den Strand, an dem er als Knabe die sommerlichen Trä ume des Meeres hatte belauschen (подслушивать) dü rfen, sah die Glut des Leuchtturms (пламя, накал маяка) und die Lichter des Kurhauses (курзала; die Kur – лечение), darin er mit seinen Eltern gewohnt... Die Ostsee! Er lehnte den Kopf gegen den starken Salzwind, der reif und ohne Hindernis daherkam, die Ohren umhü llte und einen gelinden Schwindel (и легкое головокружение; gelí nde – мягкий, слабый, легкий), eine gedä mpfte Betä ubung (приглушенный обморок, одурманенность; betä uben – оглушать; анестезировать; одурманивать) hervorrief (вызывал), in der die Erinnerung an alles Bö se, an Qual und Irrsal (das Irrsal – блуждание, странствие; заблуждение, ошибка /поэт./; irren – блуждать), an Wollen und Mü hen trä ge (лениво, расслабленно) und selig (блаженно) unterging (untergé hen – заходить /о светилах/; тонуть; погибать). Und in dem Sausen (в шуме ветра; sausen – просвистеть, прошуметь /о ветре/), Klatschen, Schä umen und Ä chzen (ä chzen – охать, стонать; скрипеть /о половицах/) rings um ihn her glaubte er das Rauschen und Knarren des alten Walnussbaumes, das Kreischen einer Gartenpforte zu hö ren... Es dunkelte mehr und mehr.
1 Die Nacht fiel ein, und mit einem schwimmenden Silberglanz stieg schon der Mond empor, als Tonio Krö gers Schiff die offene See gewann. Er stand am Bugspriet, in seinen Mantel gehü llt vor dem Winde, der mehr und mehr erstarkte, und blickte hinab in das dunkle Wandern und Treiben der starken, glatten Wellenleiber dort unten, die umeinander schwankten, sich klatschend begegneten, in unerwarteten Richtungen auseinanderschossen und plö tzlich schaumig aufleuchteten... 2 Eine schaukelnde und still entzü ckte Stimmung erfü llte ihn. Er war ein wenig niedergeschlagen gewesen, dass man ihn daheim als Hochstapler hatte verhaften wollen, ja, – obgleich er es gewissermaß en in der Ordnung gefunden hatte. Aber dann, nachdem er sich eingeschifft, hatte er, wie als Knabe zuweilen mit seinem Vater, dem Verladen der Waren zugesehen, mit denen man, unter Rufen, die ein Gemisch aus Dä nisch und Plattdeutsch waren, den tiefen Bauch des Dampfers fü llte, hatte gesehen, wie man auß er den Ballen und Kisten auch einen Eisbä ren und einen Kö nigstiger in dick vergitterten Kä figen hinabließ, die wohl von Hamburg kamen und fü r eine dä nische Menagerie bestimmt waren; und dies hatte ihn zerstreut. Wä hrend dann das Schiff zwischen den flachen Ufern den Fluss entlangglitt, hatte er Polizist Petersens Verhö r ganz und gar vergessen; und alles, was vorher gewesen war, seine sü ß en, traurigen und reuigen Trä ume der Nacht, der Spaziergang, den er gemacht, der Anblick des Walnussbaumes, war wieder in seiner Seele stark geworden. Und nun, da das Meer sich ö ffnete, sah er von fern den Strand, an dem er als Knabe die sommerlichen Trä ume des Meeres hatte belauschen dü rfen, sah die Glut des Leuchtturms und die Lichter des Kurhauses, darin er mit seinen Eltern gewohnt... Die Ostsee! Er lehnte den Kopf gegen den starken Salzwind, der reif und ohne Hindernis daherkam, die Ohren umhü llte und einen gelinden Schwindel, eine gedä mpfte Betä ubung hervorrief, in der die Erinnerung an alles Bö se, an Qual und Irrsal, an Wollen und Mü hen trä ge und selig unterging. Und in dem Sausen, Klatschen, Schä umen und Ä chzen rings um ihn her glaubte er das Rauschen und Knarren des alten Walnussbaumes, das Kreischen einer Gartenpforte zu hö ren... Es dunkelte mehr und mehr.
1 «Die Sderne (= die Sterne), Gott, sehen Sie doch bloß die Sderne an», sagte plö tzlich mit schwerfä llig singender Betonung eine Stimme, die aus dem Innern einer Tonne (бочка) zu kommen schien. Er kannte sie schon. Sie gehö rte einem rotblonden und schlicht (скромно) gekleideten Mann mit gerö teten Augenlidern (das Augenlid – веко) und einem feuchtkalten Aussehen, als habe er soeben gebadet. Beim Abendessen in der Kajü te war er Tonio Krö gers Nachbar gewesen und hatte mit zagen (zag = zaghaft – робкий, боязливый, нерешительный) und bescheidenen Bewegungen erstaunliche Mengen von Hummer-Omelette (der Hummer – омар) zu sich genommen. Nun lehnte er neben ihm an der Brü stung (прислонившись к фальшборту, облокотясь на перила; die Brü stung – парапет, балюстрада) und blickte zum Himmel empor, indem er sein Kinn mit Daumen (der Daumen – большой палец) und Zeigefinger erfasst hielt. Ohne Zweifel befand er sich in einer jener auß erordentlichen und festlich-beschaulichen Stimmungen (в необыкновенном и празднично-созерцательном настроении), in denen die Schranken (перегородки; die Schranke – барьер, преграда; шлагбаум) zwischen den Menschen dahinsinken (рушатся, падают), in denen das Herz auch Fremden sich ö ffnet und der Mund Dinge spricht, vor denen er sich sonst schamhaft (стыдливо) verschließ en wü rde... 2 «Sehen Sie, Herr, doch bloß die Sderne an. Da sdehen (= stehen) sie und glitzern, es ist, weiß Gott, der ganze Himmel voll. Und nun bitt' ich Sie, wenn man hinaufsieht und bedenkt, dass viele davon doch hundertmal grö ß er sein sollen als die Erde, wie wird einem da zu Sinn (каково становится на душе)? Wir Menschen haben den Telegraphen erfunden und das Telephon und so viele Errungenschaften (достижения; erringen – добиваться, достигать; ringen – бороться; стараться /высок./; mit dem Tode ringen – бороться со смертью) der Neuzeit, ja, das haben wir. Aber wenn wir da hinaufsehen, so mü ssen wir doch erkennen und versdehen, dass wir im Grunde Gewü rm (черви; отродье, гады /собират./; der Wurm – червь) sind, elendes (жалкие) Gewü rm und nichts weiter, – hab' ich Recht oder Unrecht, Herr? Ja, wir sind Gewü rm! » antwortete er sich selbst und nickte demü tig und zerknirscht (сокрушенно) zum Firmament (das Firmamé nt – небосвод /высок./) empor. 3 Au... nein, der hat keine Literatur im Leibe (в крови: «в теле»)! dachte Tonio Krö ger. Und alsbald fiel ihm etwas ein (и тотчас ему пришло кое-что на ум, вспомнилось), was er kü rzlich (недавно) gelesen hatte, der Aufsatz (сочинение) eines berü hmten franzö sischen Schriftstellers ü ber kosmologische und psychologische Weltanschauung (о мировоззрении); es war ein recht feines Geschwä tz (поистине изысканная болтовня; schwatzen – болтать) gewesen.
1 «Die Sderne, Gott, sehen Sie doch bloß die Sderne an», sagte plö tzlich mit schwerfä llig singender Betonung eine Stimme, die aus dem Innern einer Tonne zu kommen schien. Er kannte sie schon. Sie gehö rte einem rotblonden und schlicht gekleideten Mann mit gerö teten Augenlidern und einem feuchtkalten Aussehen, als habe er soeben gebadet. Beim Abendessen in der Kajü te war er Tonio Krö gers Nachbar gewesen und hatte mit zagen und bescheidenen Bewegungen erstaunliche Mengen von Hummer-Omelette zu sich genommen. Nun lehnte er neben ihm an der Brü stung und blickte zum Himmel empor, indem er sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger erfasst hielt. Ohne Zweifel befand er sich in einer jener auß erordentlichen und festlich-beschaulichen Stimmungen, in denen die Schranken zwischen den Menschen dahinsinken, in denen das Herz auch Fremden sich ö ffnet und der Mund Dinge spricht, vor denen er sich sonst schamhaft verschließ en wü rde... 2 «Sehen Sie, Herr, doch bloß die Sderne an. Da sdehen sie und glitzern, es ist, weiß Gott, der ganze Himmel voll. Und nun bitt' ich Sie, wenn man hinaufsieht und bedenkt, dass viele davon doch hundertmal grö ß er sein sollen als die Erde, wie wird einem da zu Sinn? Wir Menschen haben den Telegraphen erfunden und das Telephon und so viele Errungenschaften der Neuzeit, ja, das haben wir. Aber wenn wir da hinaufsehen, so mü ssen wir doch erkennen und versdehen, dass wir im Grunde Gewü rm sind, elendes Gewü rm und nichts weiter, – hab' ich Recht oder Unrecht, Herr? Ja, wir sind Gewü rm! » antwortete er sich selbst und nickte demü tig und zerknirscht zum Firmament empor. 3 Au... nein, der hat keine Literatur im Leibe! dachte Tonio Krö ger. Und alsbald fiel ihm etwas ein, was er kü rzlich gelesen hatte, der Aufsatz eines berü hmten franzö sischen Schriftstellers ü ber kosmologische und psychologische Weltanschauung; es war ein recht feines Geschwä tz gewesen.
1 Er gab dem jungen Mann etwas wie eine Antwort auf seine tief erlebte Bemerkung, und dann fuhren sie fort, miteinander zu sprechen, indem sie, ü ber die Brü stung gelehnt, in den unruhig erhellten, bewegten Abend hinausblickten. Es erwies sich (оказалось: sich erweisen), dass der Reisegefä hrte (попутчик) ein junger Kaufmann aus Hamburg war, der seinen Urlaub zu dieser Vergnü gungsfahrt benutzte (использовал для увеселительной поездки, употребил на увеселительную поездку; vergnü gen – увеселять, развлекать)... 2 «Sollst», sagte er, «ein bisschen mit dem Steamer (на пароходе) nach Kopenhagen fahren, denk' ich, und da sdeh (= steh) ich nun, und es ist ja soweit ganz schö n. Aber das mit den Hummer-Omeletten, das war nicht richtig, Herr, das sollen Sie sehn, denn die Nacht wird sdü rmisch (= stü rmisch), das hat der Kapitä n selbst gesagt, und mit so einem unbekö mmlichen Essen im Magen (с тяжело усваиваемой пищей в желудке; bekö mmlich – полезный, здоровый, хорошо усваиваемый) ist das kein Sbaß (= Spaß )...» 3 Tonio Krö ger lauschte all dieser zutunlichen Torheit (выслушивал всю эту доверчивую глупость; zutunlich – ласковый, доверчивый) mit einem heimlichen und freundschaftlichen Gefü hl. 4 «Ja», sagte er, «man isst ü berhaupt zu schwer hier oben. Das macht faul und wehmü tig (грустным, меланхоличным).» 5 «Wehmü tig? » wiederholte der junge Mann und betrachtete ihn verdutzt (недоуменно; verdutzt – озадаченный, смущенный)... «Sie sind wohl fremd hier, Herr? » fragte er plö tzlich... 6 «Ach ja, ich komme weither (издалека)! » antwortete Tonio Krö ger mit einer vagen und abwehrenden Armbewegung (с неопределенным и отмахивающимся движением руки; vage – неопределенный, смутный, расплывчатый; abwehren – отражать; отбивать; отклонять). 7 «Aber Sie haben Recht», sagte der junge Mann; «Sie haben, weiß Gott (ей-богу), Recht in dem, was Sie von wehmü tig sagen! Ich bin fast immer wehmü tig, aber besonders an solchen Abenden wie heute, wenn die Sderne am Himmel sdehn.» Und er stü tzte wieder sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. 8 Sicherlich schreibt er Verse, dachte Tonio Krö ger, tief ehrlich empfundene Kaufmannsverse...
1 Er gab dem jungen Mann etwas wie eine Antwort auf seine tief erlebte Bemerkung, und dann fuhren sie fort, miteinander zu sprechen, indem sie, ü ber die Brü stung gelehnt, in den unruhig erhellten, bewegten Abend hinausblickten. Es erwies sich, dass der Reisegefä hrte ein junger Kaufmann aus Hamburg war, der seinen Urlaub zu dieser Vergnü gungsfahrt benutzte... 2 «Sollst», sagte er, «ein bisschen mit dem Steamer nach Kopenhagen fahren, denk' ich, und da sdeh ich nun, und es ist ja soweit ganz schö n. Aber das mit den Hummer-Omeletten, das war nicht richtig, Herr, das sollen Sie sehn, denn die Nacht wird sdü rmisch, das hat der Kapitä n selbst gesagt, und mit so einem unbekö mmlichen Essen im Magen ist das kein Sbaß...» 3 Tonio Krö ger lauschte all dieser zutunlichen Torheit mit einem heimlichen und freundschaftlichen Gefü hl. 4 «Ja», sagte er, «man isst ü berhaupt zu schwer hier oben. Das macht faul und wehmü tig.» 5 «Wehmü tig? » wiederholte der junge Mann und betrachtete ihn verdutzt... «Sie sind wohl fremd hier, Herr? » fragte er plö tzlich... 6 «Ach ja, ich komme weither! » antwortete Tonio Krö ger mit einer vagen und abwehrenden Armbewegung. 7 «Aber Sie haben Recht», sagte der junge Mann; «Sie haben, weiß Gott, Recht in dem, was Sie von wehmü tig sagen! Ich bin fast immer wehmü tig, aber besonders an solchen Abenden wie heute, wenn die Sderne am Himmel sdehn.» Und er stü tzte wieder sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. 8 Sicherlich schreibt er Verse, dachte Tonio Krö ger, tief ehrlich empfundene Kaufmannsverse...
1 Der Abend rü ckte vor (надвигался, наступал; vorrü cken – подвинуть, выдвинуть вперед), und der Wind war nun so heftig geworden, dass er das Sprechen behinderte (затруднял: «препятствовал»). So beschlossen sie, ein wenig zu schlafen, und wü nschten einander gute Nacht. 2 Tonio Krö ger streckte sich in seiner Koje (койка) auf der schmalen Bettstatt (кровать, койка) aus, aber er fand keine Ruhe. Der strenge Wind und sein herbes Arom hatten ihn seltsam erregt (взбудоражили; erregen – возбудить, взволновать), und sein Herz war unruhig wie in ä ngstlicher Erwartung von etwas Sü ß em. Auch verursachte (verursachen – причинять, вызывать; die Ursache – причина) die Erschü tterung, welche entstand, wenn das Schiff einen steilen Wogenberg hinabglitt und die Schraube (винт) wie im Krampf (der Krampf - судорога) auß erhalb des Wassers arbeitete, ihm arge Ü belkeit (мучительную тошноту; arg – дурной, злой, плохой; /слово, выражающее усиление качества/; ü bel – плохой, скверный; jemandem ist ü bel – кому-то дурно, тошнит). Er kleidete sich wieder vollends (полностью) an und stieg ins Freie hinauf. 3 Wolken jagten am Monde vorbei (тучи, облака проносились стремглав мимо месяца; jagen – охотиться; гнать). Das Meer tanzte. Nicht runde und gleichmä ß ige (равномерные) Wellen kamen in Ordnung daher, sondern weithin, in bleichem und flackerndem Licht (в бледном мерцающем свете), war die See zerrissen, zerpeitscht (исхлестано; die Peitsche – хлыст, кнут), zerwü hlt (изрыто; wü hlen – копать/ся/, рыть; in den Kissen wü hlen – метаться в постели /о больном/), leckte (лизать) und sprang in spitzen, flammenartigen Riesenzungen (огромными языками: der Riese – великан + die Zunge – язык) empor, warf neben schaumerfü llten Klü ften zackige und unwahrscheinliche Gebilde auf (вздымало, набрасывало возле наполненных пеной зияющих пропастей зубчатые фантастические фигуры; das Gebilde – произведение,; изображение, образ; структура, строение; образование, формация; bilden – составлять, образовывать, формировать; die Zacke – зубец) und schien mit der Kraft ungeheurer Arme in tollem Spiel den Gischt (der Gischt – пена /волн/) in alle Lü fte zu schleudern (schleudern – /с силой/ бросать, швырять, метать). Das Schiff hatte schwere Fahrt; stampfend (stampfen – толочь, мять; топать /ногами/, утаптывать; глухо стучать /о моторе/; испытывать килевую качку, зарываться носом в волны /о судне/), schlenkernd (schlenkern /mit den Armen, mit den Beinen/ – размахивать /руками/, болтать /ногами/) und ä chzend arbeitete es sich durch den Tumult (der Tumú lt – суматоха, сумятица, столпотворение), und manchmal hö rte man den Eisbä ren und den Tiger, die unter dem Seegang litten, in seinem Innern brü llen (реветь, рычать). Ein Mann im Wachstuchmantel (в клеенчатом плаще; das Wachstuch – клеёнка), die Kapuze (капюшон) ü berm Kopf und eine Laterne um den Leib geschnallt (schnallen – пристегивать; die Schnalle – пряжка, застежка), ging breitbeinig und mü hsam (с трудом) balancierend auf dem Verdecke (das Verdeck – /верхняя/ палуба) hin und her. Aber dort hinten stand, tief ü ber Bord gebeugt, der junge Mann aus Hamburg und ließ es sich schlecht ergehen (ему было плохо, его рвало). «Gott», sagte er mit hohler (hohl – пустой, полый; eine hohle Stimme – глухой голос) und wankender (wanken – качаться, шататься, колебаться; wankend – колеблющийся, нерешительный) Stimme, als er Tonio Krö ger gewahrte (gewahren – видеть, замечать, обнаруживать /высок./), «sehen Sie doch bloß den Aufruhr der Elemente (волнение, восстание стихий; der Aufruhr – волнение, возбуждение; восстание, мятеж), Herr! » Aber dann wurde er unterbrochen und wandte sich eilig ab.
1 Der Abend rü ckte vor, und der Wind war nun so heftig geworden, dass er das Sprechen behinderte. So beschlossen sie, ein wenig zu schlafen, und wü nschten einander gute Nacht. 2 Tonio Krö ger streckte sich in seiner Koje auf der schmalen Bettstatt aus, aber er fand keine Ruhe. Der strenge Wind und sein herbes Arom hatten ihn seltsam erregt, und sein Herz war unruhig wie in ä ngstlicher Erwartung von etwas Sü ß em. Auch verursachte die Erschü tterung, welche entstand, wenn das Schiff einen steilen Wogenberg hinabglitt und die Schraube wie im Krampf auß erhalb des Wassers arbeitete, ihm arge Ü belkeit. Er kleidete sich wieder vollends an und stieg ins Freie hinauf. 3 Wolken jagten am Monde vorbei. Das Meer tanzte. Nicht runde und gleichmä ß ige Wellen kamen in Ordnung daher, sondern weithin, in bleichem und flackerndem Licht, war die See zerrissen, zerpeitscht, zerwü hlt, leckte und sprang in spitzen, flammenartigen Riesenzungen empor, warf neben schaumerfü llten Klü ften zackige und unwahrscheinliche Gebilde auf und schien mit der Kraft ungeheurer Arme in tollem Spiel den Gischt in alle Lü fte zu schleudern. Das Schiff hatte schwere Fahrt; stampfend, schlenkernd und ä chzend arbeitete es sich durch den Tumult, und manchmal hö rte man den Eisbä ren und den Tiger, die unter dem Seegang litten, in seinem Innern brü llen. Ein Mann im Wachstuchmantel, die Kapuze ü berm Kopf und eine Laterne um den Leib geschnallt, ging breitbeinig und mü hsam balancierend auf dem Verdecke hin und her. Aber dort hinten stand, tief ü ber Bord gebeugt, der junge Mann aus Hamburg und ließ es sich schlecht ergehen. «Gott», sagte er mit hohler und wankender Stimme, als er Tonio Krö ger gewahrte, «sehen Sie doch bloß den Aufruhr der Elemente, Herr! » Aber dann wurde er unterbrochen und wandte sich eilig ab.
1 Tonio Krö ger hielt sich an irgendeinem gestrafften (straffen – натягивать) Tau (das Tau – канат, трос) und blickte hinaus in all den unbä ndigen Ü bermut (der Ü bermut – задор, озорство; /устар./ высокомерие, заносчивость). In ihm schwang sich ein Jauchzen auf (jauchzen – ликовать, издавать радостные крики; aufschwingen – взвиваться, возноситься), und ihm war, als sei es mä chtig genug, um Sturm und Flut zu ü bertö nen (и ему казалось, будто оно /ликование/ достаточно мощное, чтобы заглушить бурю и волны; die Flut – прилив; потоп, наводнение; die Fluten – волны). Ein Sang an das Meer (песнь к морю), begeistert von Liebe, tö nte (звучала) in ihm. Du meiner Jugend wilder Freund, so sind wir einmal noch vereint... Aber dann war das Gedicht zu Ende. Es ward nicht fertig, nicht rund geformt und nicht in Gelassenheit zu etwas Ganzem geschmiedet. Sein Herz lebte... 2 Lange stand er so; dann streckte er sich auf einer Bank am Kajü tenhä uschen aus und blickte zum Himmel hinauf, an dem die Sterne flackerten. Er schlummerte (задремал, вздремнул) sogar ein wenig. Und wenn der kalte Schaum in sein Gesicht spritzte, so war es ihm im Halbschlaf wie eine Liebkosung (ласка). 3 Senkrechte Kreidefelsen (вертикальные меловые утесы), gespenstisch (призрачные) im Mondschein, kamen in Sicht (возникли, стали видны, попали в поле зрения; die Sicht – вид, видимость) und nä herten sich; das war Mö en, die Insel. Und wieder trat Schlummer (der Schlummer – дремота) dazwischen, unterbrochen von salzigen Sprü hschauern (прерываемыя каскадами соленых брызг; sprü hen – брызгать; der Schauer – ливень), die scharf ins Gesicht bissen und die Zü ge erstarren ließ en (и от которых лицо: «черты» деревенели; erstarren – коченеть, застывать; starr – неподвижный, застывший)... Als er vö llig wach wurde, war es schon Tag, ein hellgrauer, frischer Tag, und die grü ne See ging ruhiger. Beim Frü hstü ck sah er den jungen Kaufmann wieder, der heftig errö tete, wahrscheinlich vor Scham (die Scham – стыд), im Dunkeln so poetische und blamable (blamá bel – постыдный, заслуживающий порицания) Dinge geä uß ert zu haben (что высказал, выразил), mit allen fü nf Fingern seinen kleinen rö tlichen Schnurrbart emporstrich und ihm einen soldatisch scharfen Morgengruß zurief, um ihn dann ä ngstlich zu meiden (избегать).
1 Tonio Krö ger hielt sich an irgendeinem gestrafften Tau und blickte hinaus in all den unbä ndigen Ü bermut. In ihm schwang sich ein Jauchzen auf, und ihm war, als sei es mä chtig genug, um Sturm und Flut zu ü bertö nen. Ein Sang an das Meer, begeistert von Liebe, tö nte in ihm. Du meiner Jugend wilder Freund, so sind wir einmal noch vereint... Aber dann war das Gedicht zu Ende. Es ward nicht fertig, nicht rund geformt und nicht in Gelassenheit zu etwas Ganzem geschmiedet. Sein Herz lebte... 2 Lange stand er so; dann streckte er sich auf einer Bank am Kajü tenhä uschen aus und blickte zum Himmel hinauf, an dem die Sterne flackerten. Er schlummerte sogar ein wenig. Und wenn der kalte Schaum in sein Gesicht spritzte, so war es ihm im Halbschlaf wie eine Liebkosung. 3 Senkrechte Kreidefelsen, gespenstisch im Mondschein, kamen in Sicht und nä herten sich; das war Mö en, die Insel. Und wieder trat Schlummer dazwischen, unterbrochen von salzigen Sprü hschauern, die scharf ins Gesicht bissen und die Zü ge erstarren ließ en... Als er vö llig wach wurde, war es schon Tag, ein hellgrauer, frischer Tag, und die grü ne See ging ruhiger. Beim Frü hstü ck sah er den jungen Kaufmann wieder, der heftig errö tete, wahrscheinlich vor Scham, im Dunkeln so poetische und blamable Dinge geä uß ert zu haben, mit allen fü nf Fingern seinen kleinen rö tlichen Schnurrbart emporstrich und ihm einen soldatisch scharfen Morgengruß zurief, um ihn dann ä ngstlich zu meiden.
1 Und Tonio Krö ger landete in Dä nemark. Er hielt Ankunft (прибыл; die Ankunft – прибытие) in Kopenhagen, gab Trinkgeld an jeden, der sich die Miene gab (кто имел такое выражение лица), als hä tte er Anspruch darauf (будто ему это полагается; der Anspruch – притязание, претензия), durchwanderte von seinem Hotelzimmer aus drei Tage lang die Stadt, indem er sein Reisebü chlein aufgeschlagen vor sich her trug, und benahm sich ganz wie ein besserer Fremder (и вел себя в точности как примерный иностранец), der seine Kenntnisse zu bereichern (обогатить) wü nscht. Er betrachtete des Kö nigs Neumarkt und das ‘Pferd’ ('Конь' – один из древнейших памятников Копенгагена, статуя, изображающая датского короля Христиана Пятого верхом на коне) in seiner Mitte, blickte achtungsvoll (почтительно) an den Sä ulen der Frauenkirche empor (Фрауенкирхе – архитектурный памятник датской готики в Копенгагене. Была разрушена англичанами в 1807 г. И отстроена вновь в 20-х гг. известным датским архитектором К.Ф. Гансеном. Украшена статуями и фризами работы Торвальдсена), stand lange vor Thorwaldsens edlen und lieblichen Bildwerken (das Bildwerk – скульптура /речь идет о копенгагенском музее датского скульптора Бертеля Торвальдсена (1768 – 1844), крупнейшего представителя классицизма в западноевропейской скульптуре 19-го века/), stieg auf den Runden Turm, besichtigte Schlö sser und verbrachte zwei bunte Abende im Tivoli (увеселительный парк в Копенгагене, устроенный в 1843 г. (свое название он заимствовал у живописного итальянского городка в окрестностях Рима). Aber es war nicht so recht eigentlich all dies, was er sah.
2 An den Hä usern, die oft ganz das Aussehen der alten Hä user seiner Vaterstadt mit geschwungenen, durchbrochenen Giebeln hatten, sah er Namen, die ihm aus alten Tagen bekannt waren, die ihm etwas Zartes und Kö stliches (kö stlich – изысканный; восхитительный) zu bezeichnen schienen und bei alldem etwas wie Vorwurf (упрек; jemandem etwas vorwerfen – упрекать кого-либо в чем-либо), Klage (жалобу) und Sehnsucht nach Verlorenem in sich schlossen (заключали в себе). Und allerwegen (повсюду, повсеместно /устар./), indes er in verlangsamten, nachdenklichen Zü gen (в то время как он замедленными, задумчивыми вдохами; indes – тем временем, между тем) die feuchte Seeluft atmete, sah er Augen, die so blau, Haare, die so blond, Gesichter, die von eben der Art waren, wie er sie in den seltsam wehen (weh – болезненный /об ощущении/) und reuigen Trä umen der Nacht geschaut, die er in seiner Vaterstadt verbracht hatte. Es konnte geschehen, dass auf offener Straß e ein Blick, ein klingendes Wort, ein Auflachen ihn ins Innerste traf (поразит в глубину души)...
1 Und Tonio Krö ger landete in Dä nemark. Er hielt Ankunft in Kopenhagen, gab Trinkgeld an jeden, der sich die Miene gab, als hä tte er Anspruch darauf, durchwanderte von seinem Hotelzimmer aus drei Tage lang die Stadt, indem er sein Reisebü chlein aufgeschlagen vor sich her trug, und benahm sich ganz wie ein besserer Fremder, der seine Kenntnisse zu bereichern wü nscht. Er betrachtete des Kö nigs Neumarkt und das ‘Pferd’ in seiner Mitte, blickte achtungsvoll an den Sä ulen der Frauenkirche empor, stand lange vor Thorwaldsens edlen und lieblichen Bildwerken, stieg auf den Runden Turm, besichtigte Schlö sser und verbrachte zwei bunte Abende im Tivoli. Aber es war nicht so recht eigentlich all dies, was er sah. 2 An den Hä usern, die oft ganz das Aussehen der alten Hä user seiner Vaterstadt mit geschwungenen, durchbrochenen Giebeln hatten, sah er Namen, die ihm aus alten Tagen bekannt waren, die ihm etwas Zartes und Kö stliches zu bezeichnen schienen und bei alldem etwas wie Vorwurf, Klage und Sehnsucht nach Verlorenem in sich schlossen. Und allerwegen, indes er in verlangsamten, nachdenklichen Zü gen die feuchte Seeluft atmete, sah er Augen, die so blau, Haare, die so blond, Gesichter, die von eben der Art waren, wie er sie in den seltsam wehen und reuigen Trä umen der Nacht geschaut, die er in seiner Vaterstadt verbracht hatte. Es konnte geschehen, dass auf offener Straß e ein Blick, ein klingendes Wort, ein Auflachen ihn ins Innerste traf...
1 Es litt ihn nicht lange in der munteren Stadt. Eine Unruhe, sü ß und tö richt (безрассудное, глупое; der Tor – глупец), Erinnerung halb und halb Erwartung, bewegte ihn (побудило его), zusammen mit dem Verlangen (das Verlangen – желание, потребность), irgendwo still am Strande liegen zu dü rfen und nicht den angelegentlich (настоятельно /книжн./) sich umtuenden Touristen (sich nach etwas umtun – осматриваться в поисках чего-то) spielen zu mü ssen. So schiffte er sich aufs Neue ein (einschiffen – сесть на корабль; das Schiff – корабль) und fuhr an einem trü ben Tage (die See ging schwarz) nordwä rts die Kü ste (побережье) von Seeland entlang gen Helsingö r (Seeland – самый большой датский остров, на котором и расположен Копенгаген; Helsingö r – приморский торговый город на берегу пролива Зунда. Известен так называемой Зундской пошлиной, взимавшейся с 1425 по 1857 г. со всех проходивших мимо судов). Von dort setzte er seine Reise unverzü glich (немедленно, безотлогательно) zu Wagen auf dem Chausseewege fort, noch drei Viertelstunden lang, immer ein wenig oberhalb des Meeres (над морем; oberhalb – поверх, выше, над), bis er an seinem letzten und eigentlichen Ziele hielt, dem kleinen weiß en Badehotel mit grü nen Fensterlä den (der Fensterladen – ставень), das inmitten einer Siedelung (селенье) niedriger Hä uschen stand und mit seinem holzgedeckten Turm auf den Sund (Зунд –пролив между Данией и Швецией) und die schwedische Kü ste hinausblickte. Hier stieg er ab, nahm Besitz von dem hellen Zimmer (занял светлый номер; der Besitz – владение; besitzen – владеть), das man ihm bereitgehalten, fü llte Bord (das Bord – полка /книжная, посудная/) und Spind (das Spind – /узкий/ одностворчатый шкаф) mit dem, was er mit sich fü hrte, und schickte sich an (sich anschicken – собираться, намереваться), hier eine Weile zu leben.
1 Es litt ihn nicht lange in der munteren Stadt. Eine Unruhe, sü ß und tö richt, Erinnerung halb und halb Erwartung, bewegte ihn, zusammen mit dem Verlangen, irgendwo still am Strande liegen zu dü rfen und nicht den angelegentlich sich umtuenden Touristen spielen zu mü ssen. So schiffte er sich aufs Neue ein und fuhr an einem trü ben Tage (die See ging schwarz) nordwä rts die Kü ste von Seeland entlang gen Helsingö r. Von dort setzte er seine Reise unverzü glich zu Wagen auf dem Chausseewege fort, noch drei Viertelstunden lang, immer ein wenig oberhalb des Meeres, bis er an seinem letzten und eigentlichen Ziele hielt, dem kleinen weiß en Badehotel mit grü nen Fensterlä den, das inmitten einer Siedelung niedriger Hä uschen stand und mit seinem holzgedeckten Turm auf den Sund und die schwedische Kü ste hinausblickte. Hier stieg er ab, nahm Besitz von dem hellen Zimmer, das man ihm bereitgehalten, fü llte Bord und Spind mit dem, was er mit sich fü hrte, und schickte sich an, hier eine Weile zu leben.
VIII
1 Schon rü ckte der September vor: es waren nicht mehr viele Gä ste in Aalsgaard. Bei den Mahlzeiten in dem groß en, balkengedeckten Esssaal (в большой, покрытой балками столовой; der Balken – балка, бревно, брус) zu ebener Erde, dessen hohe Fenster auf die Glasveranda und die See hinausfü hrten, fü hrte die Wirtin den Vorsitz (председательствовала), ein bejahrtes Mä dchen (старая дева; bejahrt – в годах) mit weiß em Haar, farblosen Augen, zartrosigen Wangen und einer haltlosen Zwitscherstimme, das immer seine roten Hä nde auf dem Tafeltuche ein wenig vorteilhaft (поизящнее; der Vorteil – преимущество; vorteilhaft – выгодно; как можно лучше) zu gruppieren trachtete (nach etwas trachten – стремиться к чему-либо; сильно желать /высок./). Ein kurzhalsiger alter Herr mit eisgrauem Schifferbart und dunkelblä ulichem Gesicht war da, ein Fischhä ndler aus der Hauptstadt, der des Deutschen mä chtig war (владел немецким). Er schien gä nzlich verstopft (закупоренный; verstopfen – затыкать, закупоривать) und zum Schlagfluss geneigt (склонный к апоплексии; der Schlagfluss = der Schlaganfall – апоплексический удар), denn er atmete kurz und stoß weise (прерывисто, толчками; stoß en – толкать; der Stoß – толчок) und hob von Zeit zu Zeit den beringten Zeigefinger (украшенный перстнем указательный палец; der Ring – кольцо) zu einem seiner Nasenlö cher empor, um es zuzudrü cken und dem anderen durch starkes Blasen ein wenig Luft zu verschaffen. Nichtsdestoweniger (тем не менее, несмотря на это /книжн./) sprach er bestä ndig der Aquavitflasche zu (der Aquaví t – водка, преимущественно тминная («вода жизни» – лат.); dem Essen tü chtig zusprechen – налегать на еду, есть с аппетитом; dem Alkohol allzusehr zusprechen – злоупотреблять алкоголем), die sowohl beim Frü hstü ck als beim Mittag- und Abendessen vor ihm stand. Dann waren nur noch drei groß e amerikanische Jü nglinge mit ihrem Gouverneur oder Hauslehrer zugegen (zugegen sein – присутствовать /книжн./), der schweigend an seiner Brille rü ckte und tagü ber (= tagsü ber – в течение дня) mit ihnen Fuß ball spielte. Sie trugen ihr rotgelbes Haar in der Mitte gescheitelt (причесанные на прямой пробор; das Haar scheiteln – делать пробор; der Scheitel – темя, макушка; пробор) und hatten lange, unbewegte Gesichter. «Please, give me the wurstthings there (дайте мне, пожалуйста, эти колбаски /смесь английского и немецкого/)! » sagte der eine. «Thats not wurst, thats schinken (это не колбаса, это ветчина)! » sagte der andere, und dies war alles, was sowohl sie als der Hauslehrer zur Unterhaltung beitrugen (чем они способствовали общению, что привнесли в общение); denn sonst saß en sie still und tranken heiß es Wasser. 2 Tonio Krö ger hä tte sich keine andere Art von Tischgesellschaft gewü nscht. Er genoss seinen Frieden, horchte auf die dä nischen Kehllaute (гортанные звуки; die Kehle – гортань, глотка), die hellen und trü ben Vokale (к гласным переднего и заднего ряда; der Voká l), in denen der Fischhä ndler und die Wirtin zuweilen konversierten (беседовали), wechselte hie und da mit dem ersteren eine schlichte Bemerkung ü ber den Barometerstand und erhob sich dann, um durch die Veranda wieder an den Strand hinunterzugehen, wo er schon lange Morgenstunden verbracht hatte.
1 Schon rü ckte der September vor: es waren nicht mehr viele Gä ste in Aalsgaard. Bei den Mahlzeiten in dem groß en, balkengedeckten Esssaal zu ebener Erde, dessen hohe Fenster auf die Glasveranda und die See hinausfü hrten, fü hrte die Wirtin den Vorsitz, ein bejahrtes Mä dchen mit weiß em Haar, farblosen Augen, zartrosigen Wangen und einer haltlosen Zwitscherstimme, das immer seine roten Hä nde auf dem Tafeltuche ein wenig vorteilhaft zu gruppieren trachtete. Ein kurzhalsiger alter Herr mit eisgrauem Schifferbart und dunkelblä ulichem Gesicht war da, ein Fischhä ndler aus der Hauptstadt, der des Deutschen mä chtig war. Er schien gä nzlich verstopft und zum Schlagfluss geneigt, denn er atmete kurz und stoß weise und hob von Zeit zu Zeit den beringten Zeigefinger zu einem seiner Nasenlö cher empor, um es zuzudrü cken und dem anderen durch starkes Blasen ein wenig Luft zu verschaffen. Nichtsdestoweniger sprach er bestä ndig der Aquavitflasche zu, die sowohl beim Frü hstü ck als beim Mittag- und Abendessen vor ihm stand. Dann waren nur noch drei groß e amerikanische Jü nglinge mit ihrem Gouverneur oder Hauslehrer zugegen, der schweigend an seiner Brille rü ckte und tagü ber mit ihnen Fuß ball spielte. Sie trugen ihr rotgelbes Haar in der Mitte gescheitelt und hatten lange, unbewegte Gesichter. «Please, give me the wurstthings there! » sagte der eine. «Thats not wurst, thats schinken! » sagte der andere, und dies war alles, was sowohl sie als der Hauslehrer zur Unterhaltung beitrugen; denn sonst saß en sie still und tranken heiß es Wasser. 2 Tonio Krö ger hä tte sich keine andere Art von Tischgesellschaft gewü nscht. Er genoss seinen Frieden, horchte auf die dä nischen Kehllaute, die hellen und trü ben Vokale, in denen der Fischhä ndler und die Wirtin zuweilen konversierten, wechselte hie und da mit dem ersteren eine schlichte Bemerkung ü ber den Barometerstand und erhob sich dann, um durch die Veranda wieder an den Strand hinunterzugehen, wo er schon lange Morgenstunden verbracht hatte.
1 Manchmal war es dort still und sommerlich. Die See ruhte trä ge und glatt, in blauen, flaschengrü nen und rö tlichen Streifen, von silbrig glitzernden Lichtreflexen ü berspielt, der Tang dö rrte zu Heu (водоросли высыхали, засыхали, становясь похожими на сено; das Heu) in der Sonne, und die Quallen (die Qualle – медуза) lagen da und verdunsteten (испарялись, таяли; der Dunst – испарение, чад; дымка, туман). Es roch ein wenig faulig (с гнилью, подгнивший) und ein wenig auch nach dem Teer (der Teer – смола, деготь) des Fischerbootes, an welches Tonio Krö ger, im Sande sitzend, den Rü cken lehnte, – so gewandt, dass er den offenen Horizont und nicht die schwedische Kü ste vor Augen hatte; aber des Meeres leiser Atem strich rein und frisch ü ber alles hin. 2 Und graue, stü rmische Tagen kamen. Die Wellen beugten die Kö pfe wie Stiere (der Stier – бык), die die Hö rner zum Stoß e einlegen, und rannten wü tend gegen den Strand, der hoch hinauf ü berspü lt und mit nassglä nzendem Seegras, Muscheln (die Muschel – ракушка) und angeschwemmtem Holzwerk (и принесенные, прибитые волнами щепки; schwemmen – сносить, смывать; наносить водой) bedeckt war. Zwischen den langgestreckten Wellenhü geln dehnten sich unter dem verhä ngten Himmel (под облачным, пасмурным небом; verhä ngen – завешивать) blassgrü n- schaumig die Tä ler; aber dort, wo hinter den Wolken die Sonne stand, lag auf den Wassern ein weiß licher Sammetglanz. 3 Tonio Krö ger stand in Wind und Brausen (brausen – бушевать, шуметь /о море, ветре/; кипеть, бурлить; das Brausen – шум /моря, ветра/; грохот /волн/) eingehü llt (einhü llen – закутывать), versunken in dies ewige, schwere, betä ubende Getö se (das Getö se – бушевание, шум, гул, грохот; tosen – бушевать, реветь, шуметь), das er so sehr liebte. Wandte er sich und ging fort, so schien es plö tzlich ganz ruhig und warm um ihn her. Aber im Rü cken wusste er sich das Meer; es rief, lockte (манило) und grü ß te. Und er lä chelte. 4 Er ging landeinwä rts (в глубь страны, суши), auf Wiesenwegen durch die Einsamkeit, und bald nahm Buchenwald ihn auf (буковый лес принимал его), der sich hü gelig weit in die Gegend erstreckte (тянулся). Er setzte sich ins Moos (мох), an einen Baum gelehnt, so, dass er zwischen den Stä mmen einen Streifen des Meeres gewahren (gewahren – видеть, замечать, обнаруживать) konnte. Zuweilen trug der Wind das Gerä usch der Brandung (шум прибоя) zu ihm, das klang, wie wenn in der Ferne Bretter aufeinander fallen. Krä hengeschrei (карканье ворон) ü ber den Wipfeln, heiser (хриплое), ö de und verloren... Er hielt ein Buch auf den Knien, aber er las nicht eine Zeile darin. Er genoss ein tiefes Vergessen, ein erlö stes Schweben (парение) ü ber Raum und Zeit, und nur zuweilen war es, als wü rde sein Herz von einem Weh durchzuckt, einem kurzen, stechenden Gefü hl von Sehnsucht oder Reue (сожаление, раскаяние), das nach Namen und Herkunft zu fragen er zu trä ge und versunken (погружен /в себя/) war.
1 Manchmal war es dort still und sommerlich. Die See ruhte trä ge und glatt, in blauen, flaschengrü nen und rö tlichen Streifen, von silbrig glitzernden Lichtreflexen ü berspielt, der Tang dö rrte zu Heu in der Sonne, und die Quallen lagen da und verdunsteten. Es roch ein wenig faulig und ein wenig auch nach dem Teer des Fischerbootes, an welches Tonio Krö ger, im Sande sitzend, den Rü cken lehnte, – so gewandt, dass er den offenen Horizont und nicht die schwedische Kü ste vor Augen hatte; aber des Meeres leiser Atem strich rein und frisch ü ber alles hin. 2 Und graue, stü rmische Tagen kamen. Die Wellen beugten die Kö pfe wie Stiere, die die Hö rner zum Stoß e einlegen, und rannten wü tend gegen den Strand, der hoch hinauf ü berspü lt und mit nassglä nzendem Seegras, Muscheln und angeschwemmtem Holzwerk bedeckt war. Zwischen den langgestreckten Wellenhü geln dehnten sich unter dem verhä ngten Himmel blassgrü n-schaumig die Tä ler; aber dort, wo hinter den Wolken die Sonne stand, lag auf den Wassern ein weiß licher Sammetglanz. 3 Tonio Krö ger stand in Wind und Brausen eingehü llt, versunken in dies ewige, schwere, betä ubende Getö se, das er so sehr liebte. Wandte er sich und ging fort, so schien es plö tzlich ganz ruhig und warm um ihn her. Aber im Rü cken wusste er sich das Meer; es rief, lockte und grü ß te. Und er lä chelte. 4 Er ging landeinwä rts, auf Wiesenwegen durch die Einsamkeit, und bald nahm Buchenwald ihn auf, der sich hü gelig weit in die Gegend erstreckte. Er setzte sich ins Moos, an einen Baum gelehnt, so, dass er zwischen den Stä mmen einen Streifen des Meeres gewahren konnte. Zuweilen trug der Wind das Gerä usch der Brandung zu ihm, das klang, wie wenn in der Ferne Bretter aufeinander fallen. Krä hengeschrei ü ber den Wipfeln, heiser, ö de und verloren... Er hielt ein Buch auf den Knien, aber er las nicht eine Zeile darin. Er genoss ein tiefes Vergessen, ein erlö stes Schweben ü ber Raum und Zeit, und nur zuweilen war es, als wü rde sein Herz von einem Weh durchzuckt, einem kurzen, stechenden Gefü hl von Sehnsucht oder Reue, das nach Namen und Herkunft zu fragen er zu trä ge und versunken war.
1 So verging mancher Tag; er hä tte nicht zu sagen vermocht (не смог бы, не был бы в состоянии сказать; vermö gen – быть в состоянии, мочь /высок./), wie viele, und trug kein Verlangen (желание, стремление) danach, es zu wissen. Dann aber kam einer, an welchem etwas geschah; es geschah, wä hrend die Sonne am Himmel stand und Menschen zugegen waren, und Tonio Krö ger war nicht einmal so auß erordentlich erstaunt darü ber. 2 Gleich dieses Tages Anfang gestaltete sich (складывался; gestalten – придавать вид, оформлять; sich gestalten – складываться, принимать вид; die Gestalt – вид, образ) festlich und entzü ckend (восхитительно). Tonio Krö ger erwachte sehr frü h und ganz plö tzlich, fuhr mit einem feinen und unbestimmten Erschrecken aus dem Schlafe empor (вскочил) und glaubte, in ein Wunder, einen feenhaften Beleuchtungszauber (сказочное волшебство освещения) hineinzublicken. Sein Zimmer, mit Glastü r und Balkon nach dem Sunde hinaus gelegen und durch einen dü nnen, weiß en Gazevorhang in Wohn- und Schlafraum geteilt, war zartfarbig tapeziert und mit leichten, hellen Mö beln versehen (снабжен), so dass es stets einen lichten und freundlichen Anblick bot. Nun aber sahen seine schlaftrunkenen Augen (заспанные, сонные глаза) es in einer unirdischen Verklä rung (в неземном преображении, просветлении) und Illumination (лучезарности) vor sich liegen, ü ber und ü ber getaucht (совершенно, полностью погруженная /комната/) in einen unsä glich holden (hold – милый, прелестный) und duftigen Rosenschein, der Wä nde und Mö bel vergoldete und den Gazevorhang in ein mildes, rotes Glü hen versetzte (versetzen – переставлять, перемещать; приводить /в какое-либо состояние/)... Tonio Krö ger begriff lange nicht, was sich ereignete. Als er aber vor der Glastü r stand und hinausblickte, sah er, dass es die Sonne war, die aufging.
1 So verging mancher Tag; er hä tte nicht zu sagen vermocht, wie viele, und trug kein Verlangen danach, es zu wissen. Dann aber kam einer, an welchem etwas geschah; es geschah, wä hrend die Sonne am Himmel stand und Menschen zugegen waren, und Tonio Krö ger war nicht einmal so auß erordentlich erstaunt darü ber. 2 Gleich dieses Tages Anfang gestaltete sich festlich und entzü ckend. Tonio Krö ger erwachte sehr frü h und ganz plö tzlich, fuhr mit einem feinen und unbestimmten Erschrecken aus dem Schlafe empor und glaubte, in ein Wunder, einen feenhaften Beleuchtungszauber hineinzublicken. Sein Zimmer, mit Glastü r und Balkon nach dem Sunde hinaus gelegen und durch einen dü nnen, weiß en Gazevorhang in Wohn- und Schlafraum geteilt, war zartfarbig tapeziert und mit leichten, hellen Mö beln versehen, so dass es stets einen lichten und freundlichen Anblick bot. Nun aber sahen seine schlaftrunkenen Augen es in einer unirdischen Verklä rung und Illumination vor sich liegen, ü ber und ü ber getaucht in einen unsä glich holden und duftigen Rosenschein, der Wä nde und Mö bel vergoldete und den Gazevorhang in ein mildes, rotes Glü hen versetzte... Tonio Krö ger begriff lange nicht, was sich ereignete. Als er aber vor der Glastü r stand und hinausblickte, sah er, dass es die Sonne war, die aufging.
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